Verstörendes im Möbelhaus

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Wegen der Lieferung bestellter Möbel spreche ich in einem Einrichtungshaus vor. So wie die sich das denken, passt es mir nicht. Ich kenne die Firma, war schon einmal Kunde und damals zufrieden. Das Kundendienstbüro ist groß wie ein Saal und hat eine Rezeption, die mich an einen Bearbeiter vermittelt. Ich muss ein wenig warten, dann kommt ein junger Mann, geleitet mich zu seinem Schreibtisch. Sagte ich geleiten? Der Gute tritt nass-forsch auf, seine Gefühls- und Ausdrucksskala scheint nur von genervt bis pampig zu reichen. Hinterher lese ich im Internet die bundesweiten Entrüstungsstürme von Kunden jenes Möbelhauses, sie kamen sich weniger als solche denn vielmehr - Filiale für Filiale - wie Befehlsempfänger auf einem Kasernenhof vor. Ich bin also nicht allein, wie schön. Und wir zwei haben uns später doch noch auf einen Kompromiss geeinigt.

Was ich nicht aus dem Kopf kriege, ist eine Bemerkung des jungen Angestellten. Um für mich etwas zu erreichen, habe ich ihm von 2012 erzählt, wie gut es damals lief, wie entspannt es zuging, wie flexibel seine Firma war. Nein, ich habe nur versucht, es darzulegen. Er unterbricht mich schon nach ein, zwei Sätzen barsch: „Lange vorbei, jetzt sind andere Zeiten!“ - Wie bitte? Ich lobe und das Lob wird für überholt erklärt. Sechs Jahre eine Ewigkeit. Und lächerlich, ein hoffnungsloser Fall, wenn einer sich daran gern erinnert.

Doch wenn er, brutal zwar, doch ehrlich, einfach nur die Wahrheit sagt? Habe ich es nicht schon seit einiger Zeit geahnt, dass wir inzwischen in neuen, viel härteren Zeiten leben? Statt Ende der Geschichte Ende der Gemütlichkeit … Ich verspüre dem jungen Mann gegenüber auf einmal beinahe Dankbarkeit - für seine Offenheit. Dann keimt noch ein wenig Schuldbewusstsein in mir auf: Sich um Lieferzeiten zu streiten, welche Lappalie, verglichen damit, dort im Saal arbeiten zu müssen, Tag für Tag, jahrelang.
 



 
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