Versuch über schwarze Schafe

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sufnus

Mitglied
Versuch über schwarze Schafe

Es ist nicht gut allein zu sein!
Der Mensch: ein Herdentier,
doch schließt die Herde ungern ein
das schwarze Schaf in ihr
weißwolliges Revier.

Nenns Schafverstand, nenns hundsgemein,
so leicht gibts kein Quartier:
Es ist nicht gut, allein zu sein,
doch lieber zeigen wir
dem schwarzen Schaf die Tür.

Trägt da die böse Herde Schuld?
Ist so die Welt bestellt?
Wie immer auch die Antwort fällt,
wer sich ans Weltverbessern hält,
braucht eine Schafsgeduld.
 
Zuletzt bearbeitet:

Feivel Veys

Mitglied
Hey Sufnus,
Ich kann dir da wirklich nur zustimmen. Bevor ich mir mein Gefieder blau gefärbt habe, bin ich als weißer Rabe aufgewachsen. Seit ich aber inkognito auftrete, ist es viel leichter, sich unter den Schwarm zu mischen. Ironischerweise ist das kein schönes Gefühl. Der, sagen wir, euphemistische Grundton deines Gedichts gibt das hervorragend wieder, wenn auch aus einer anderen Perspektive heraus.

Ich muss deinem ersten Vers allerdings widersprechen. Allein zu sein ist kein Problem und meistens auch ziemlich angenehm. Schmerzhaft wird es erst, wenn man sich einsam fühlt - und dafür muss man nicht zwingend allein sein (siehe z.B. Poes Der Massenmensch).

Alle Schafe sind gleich;
aber weiße Schafe sind gleicher.
Feivel
 

sufnus

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Hey Feivel!
Dankeschön für Dein Gefallenfinden! :)
Und was die Einsamkeit betrifft, seh ich das eigentlich auch ungefähr so wie Du - die Erzählstimme in meinem Schafgedicht äußert aber tatsächlich eine etwas andere Ansicht; das könnte einer gewissen Herdennähe geschuldet sein, wobei man zumindest eine randständige Herdenexistenz vermuten darf, so dass die Gedichtstimme womöglich als Vermittler zwischen den prototypischen Weißwollschafen und den verstoßenen Schwarzmähtieren fungieren könnte (?).
LG!
S.
 

Marcson

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Hi Sufnus,
das mag ich. Weil es sich in einem dazwischen verortet, denke ich, und von dort aus Aussagen trifft, über die Menge und das Besondere, das dort nicht ganz hineinpasst.
Du schreibst selbst: Vermittler, und ja so lässt sich das lesen, vielleicht sogar mit konkretem Bezug auf etwas?
Wie auch immer: Ich habe das aus verschiedenen Gründen gerne gelesen. Handwerkliche Reife, nicht zu streng mit dem Reim, nichts wirkt als stünde es nur dafür dort. Ich glaube, dass ein "s" zu viel vorkommt - bei schwarze"s" in der vierten Zeile.
Tocotronic hat eine Liedzeile, die heißt: "es ist nicht schön, allein zu sein". Daran erinnerte mich dein Einstiegsvers, der sich in der Gedichtmitte wiederholt. Und wenn mich was an Tocotronic erinnert, dann mag ich das meistens eh.
Am liebsten mag ich, glaube ich, einfach als Wortfolge: das weißwollige Revier.

Lg Marc
 

Sidgrani

Mitglied
Hei sufnus,

doch schließt die Herde ungern ein
das schwarzes Schaf in ihr
weißwolliges Revier.
ist es wirklich die Herde oder sind es wir, die Überheblichen? Über Sinn und Zweck des schwarzen Schafes zu sinnieren, finde ich nicht so einfach.

so leicht gibts kein Quartier:

doch lieber zeigen wir
dem schwarzen Schaf die Tür.
Spätestens hier drängt sich mir der Vergleich von Maria und Josef mit dem Jesuskind auf, Absicht?

Zum Schluss noch ein Spruch, den du vielleicht schon kennst. "Wer der Herde folgt, sieht nur Ärsche".

Gruß Sid
 

sufnus

Mitglied
Hey Ihr Lieben!
Vielen Dank für die zugewandten Kommentare und mündliches wie astrales Gefallenfinden! :) Auch ein Dankeschön @Marcson für Erspähen des überzähligen Esses! Wird korrigiert! :) Die Tocotronicparallele ist natürlich sehr schick - ich bin bei denen allerdings tatsächlich, zu meiner Schande seis gestanden, so gar nicht textsicher - insofern ist es entweder eine vorbewusste Anspielung gewesen oder doch ein Zufallstreffer. :) Auch Dir. @Sidgrani, muss ich gestehen, dass die (im Nachgang für mich recht deutlich sichtbare) biblische Anspielung eher ein ungeplantes Event war. Aber passt natürlich sehr schön. :)
LG! :)
S.
 



 
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