Uff – es scheint, die Geister scheiden sich. Eine Wasserscheide sozusagen.
)
Nee, mal im Ernst. Ich war sehr erstaunt, solch ausführliche Kommentare zu bekommen. Der Text – nun – in ihm steckt wieder mal ein Versuch, so etwas wie Lyrik zu schreiben. Aus meiner Einstellung: „Ich mag keine Lyrik“ ist nämlich zumindest schon ein „Ich versteh nüscht davon“ geworden. Vielleicht wird auch mal mehr daraus. Diesmal hat es sogar Spaß gemacht. Warum? Man ist verhältnismäßig schnell fertig. ;-)
Doch nun zu euch:
@ lap
Also – ich da mal in der Bekanntschaft nachgefragt – keiner kannte den Tobel. Ok – da muss halt etwas anderes her. Der 15-bändige Bertelsmann übersetzt es mit „enge Bachschlucht“. Außerdem ist das ein Begriff aus dem Wasserbau – da haben sich wohl Beruf und Freizeitdichterei vermengt. Gleiches gilt für „mäandrieren“ und „sedimentieren“. Ich schmeiß das raus.
Wer inmitten von Wasser lebt, kann offensichtlich sehr präzise Liebe mit den unterschiedlichsten Gewässerformen vergleichen
Ich habe es zumindest versucht.
Allerdings bringt der starre Aufbau auch eine starke Kühle mit sich. Der Text ist unpersönlich, fast wie eine philosophische These, ein Monolog, gehalten an der Mündung ins Meer
Du hast Recht. Das war zwar nicht geplant, aber es hat sich so ergeben. „Unpersönlich“ – das ist treffend. Oder doch nicht? Liebe ist nichts Beständiges (jetzt heulen alle Verliebten auf). Ein wenig kann man sie mit der Lebendigkeit des Wassers vergleichen. Der Bach, der Fluss, der Strom, selbst den See – alles schon erlebt. Vielleicht war der Altarm eine Vorahnung?
@ Venus
Die "starre" Form entgegnet dem überschwänglichen Gefühl. Und andersrum. Hier ist beides offensichtlich dargestellt. Wie im wahren Leben eben auch. Das eine geht nicht ohne das andere.
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Jetzt könnte ich sagen: „Schön, dass Du das erkannt hast. Das wäre aber gelogen. Denn ich erkenne es durch dich.
Das Austreten von „Schwefelwasserstoff“ ist bei der Beurteilung der Gewässergüte ein Alarmzeichen. Das Gewässer ist tot. Aber das Wort ist zu langsilbig. Das stimmt. Wie wäre es mit „Fäulnis“?
@ mirko
mein erster eindruck war: zu hochtrabend, hier will jemand zeigen, dass er mit sprache umgehen kann
den Ehrgeiz haben sicherlich alle Autoren )
und schießt dabei übers ziel hinaus...
Das stimmt mich nachdenklich.
ohne zweifel ist der text bis ins letzte durchdacht und durchgestylt, ...
Ich weiß nicht recht. So richtig zufrieden war ich noch nicht. Außerdem gelingt es mir nur selten, nur aus dem Bauch heraus etwas Brauchbares zu schreiben.
aber dadurch verliert er in meinen augen auch etwas an charme
Da gebe ich dir Recht.
dann der gebrauch der fremdwörter (mäandrierend, sedimentiert, tobel)... ich bin echt nicht unbelesen, aber auf ein fremdwörterlexikon möchte ich beim lesen von lyrik eigentlich verzichten
Stimmt – das fliegt raus bzw. wird ersetzt.
die substantivierungen geben dem text eine fast wissenschaftliche kühle, die mit dem inhalt so gar nicht übereinkommt
Hier haste mich voll erwischt. Ich hasse Substantivierungen – zumindest bei Prosa. Erst vor kurzem erklärte mir eine, die mehr als ich von Lyrik versteht, dass vor allem Substantive die notwendige Dichte erzeugen. Ich hatte da meine leisen Zweifel, befolgte aber den Rat, feuerte vor allem meine geliebten Adjektive raus und…wieder was gelernt.
ich tappe im dunkeln.. irgendetwas "hakt" an dem text und ich weiß nicht so richtig was es ist
.
Das Gefühl teile ich sogar. Frage: Liegt es an der Distanz, die zum Thema vorhanden ist bzw. erzeugt wird? Ich vermute es, denn wenn ich hier andere Lyriker lese, so spüre ich manchmal fast körperlich, wie der Autor aus sich heraus schreibt. Ist das aber eine Voraussetzung für Lyrik?
@ Daniel
Dein Kommentar geht natürlich trotz meiner eben noch geübten Selbstkritik runter wie Öl.
es könnte das alles auch die Geschichte einer Nacht, die Geschichte der Liebe überhaupt sein
Ja, es sollte wohl die Geschichte der Liebe im Laufe eines Lebens sein.
Der Bach – die erste große Liebe
Der kleine Fluss – die junge Liebe (Altersgrenzen können da sehr verschoben sein)
Der Strom – die reife Liebe
Der See – Liebe wird als alltäglich empfunden. Die bekannten Sehnsüchte nach Freiheit (und nach Bächlein) kommen hoch.
Der Altarm – die Liebe stirbt
Sorry an alle. Ich wollte gar nicht so viel schreiben. Soviel Worte um so ein kleines Gedicht. Aber bei m9r ist das wohl der Reiz des Neuen.
Gruß Ralph
Und nun noch die Korrektur:
Liebe!
Geboren im [red] Becken[/red]
sprudelnder Quelle.
Wildwasser
Unverbraucht,
von glitzernder Reinheit
Liebe! Ihr Atem - ist Frische.
Liebe!
Strömen der Lust
im klarem Fluss
[red] wirbelnder[/red] Gefühle.
Knabbernd am Deich,
des Alltäglichen.
Liebe! Ihr Atem - ist Libido
Liebe!
Kraftvoller Strom.
Breitbettige Geborgenheit
trotz rätselhafter Tiefen.
Nicht achtend
gefesselter Ufer,
die gepflastert bereits
mit dem Granit
des Belanglosen.
Liebe! Ihr Atem ist Glück.
Liebe!
Tagtrüber See
unter Bleiglockenhimmel.
Des Strömens beraubt,
umklammert von
tristen Gestaden.
Blickhemmendes Röhricht
gedüngt vom Erinnern
betäubt es das Hoffen.
Liebe! Ihr Atem ist Sehnsucht.
Liebe!
Dümpelnder Altarm,
der Versumpfung geweiht.
Erlebtes [red] versteinert[/red]
zu Nostalgie.
Blasiges Ersticken
im Schlamm der Erfahrung.
Liebe! Ihr Atem ist –[red] Fäulnis[/red]