verwittert

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Der Andere

Mitglied
welch ein wort "Edelstahlhaltepflöcke". allein dafür hat es sich gelohnt, in dein gredicht zu lesen, Label.

ich würde in strophe zwei noch stärker verdichten:

"einst habe ich rostfreie
Edelstahlhaltepflöcke
tief einbetoniert
um meine durchgehenden
scheuen Gäule zu halten

längst schon ist der Sattel abgestreift
Zügel und Zaumzeug brüchig
die Pflöcke mürbe

das braucht es auch nicht mehr
alte Gäule scheuen sich nicht"

was ich vielleicht in der sprachspielerei mit dem wort "scheuen", die ja sehr zentral gesetzt ist, noch stärker herausholen würde: das aktive des ersten scheuens; gibt es dies scheuen der pferde überhaupt auch als adjektiv btw?. also:
"um meine durchgehenden
scheuenden gäule zu halten".

gern gelesen
 

revilo

Mitglied
irgendwann habe ich rostfreie
Edelstahlhaltepflöcke
um meine durchgehenden
scheuen Gäule geschlagen

längst schon ist der Sattel abgestreift
das Reitzeug ist brüchig geworden
die Pflöcke mürbe

eigentlich braucht es das nicht mehr
alte Gäule scheuen sich nicht

Lg revilo
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Label,

ein trauriges Gedicht.

Zügel und Zaumzeug würde ich so belassen wegen der beiden "Z". das ist klanglich schön.

Ich würde alles so belassen bis auf die erste Zeile der letzten Strophe. Mein Vorschlag:

jetzt wird das nicht mehr benötigt.

"sich scheuen" ist grammatikalisch einwandfrei.

Solange wir auf der Erde sind müssen wir damit leben, dass die Zeit vergeht und das Alter unaufhaltsam näher rückt.

Mir gefällt das Bild, das Du für diese Aussage gewählt hast.

Liebe Grüße
Vera-Lena
 

Der Andere

Mitglied
natürlich ist "sich scheuen" grammatikalisch korrekt. das bestreitet ja auch keiner. ich sagte lediglich, dass das erste "scheuen" in strophe 1 als adjektiv verwendet wird. hier ist ja die ungewöhnliche bedeutung von "sich scheuen" gemeint: die oanikartige flucht eines pferdes. ob es hierzu ein adjektiv gebe - das war meine frage.

in jedem fall fände ich "scheuenden" sehr lohnend, weil 1.) das aktive der flucht betont würd (immerhin ein partizip, kein reines adjektiv) und 2.) klanglich das "scheueRnde" sehr nah liegt und semantisch sehr gut in die strophe passte.
so viel von mir.

viele grüße,
d.A.
 

molly

Mitglied
Liebe Label,

1: "Einst habe ich ...
2: Längst ...

dazu:

3. Jetzt ... oder eigentlich
ginge natürlich auch, aber darin schwingt Trauer,

mir gefällt Dein Text wie er ist.

""das braucht es auch nicht mehr
alte Gäule scheuen sich nicht""

Mit diesen Zeilen wird Vergänglichkeit angenommen.

Liebe Grüße

molly
 

HerbertH

Mitglied
Sehr anschaulich, Deine Bilder, liebe Label.

Ich bin kaum je geritten, und dennoch habe ich alles vor Augen.

Ausgezeichnet, dieses Gedicht :)

Liebe Grüße

Herbert
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich bin auch über das zweite Scheuen gestolpert.

Die refelxive Verwendung von scheuen ist meiner Meinung nach recht begrenzt

Ich scheue mich nicht …
Ich scheue mich davor …

irgendeine Beschreibung dessen, was ma da scheut, sollte da noch kommen oder man verwendet scheuen einfach normal ohne sich


alte Gäule scheuen nicht(s)
alte Gäule scheuen sich vor nichts (nur vor sich selbst)

Aber davon abgesehen, ein sehr berührendes Gedicht.
 

Der Andere

Mitglied
@lapismont:
das sehe ich anders. für mich besteht hier keine zwingende objektforderung. die offenheit des schlussverses lässt eine gute projektionsfläche zu, wie ich finde.
aber weil ich mir hier noch den mund zerscheuer, scheue ich jedes weitere wort und scheuche mich schleunigst...
 

revilo

Mitglied
Das Problem an solchen Gedichten ist generell die Gleichartigkeit der Metaphern...Sattel, Zügel, Zaumzeug, Gäule.....das kann man dann endlos weiterschreiben....
LG revilo
 



 
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