Vierzeiler (gelöscht)

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Julia,

da schlägst Du einige Purzelbäume zwischen dem Ich und dem Du, aber das ist vielleicht auch die Grundaussage dieses kurzen Textes.
Am ehesten verstehe ich die Schlusszeile:

Das hört sich sehr nach Sterbenwollen aus Liebeskummer an.
Wenn das Herz ausgewandert ist, was soll dann aus dem Rest werden. Wer soll es beleben, durchbluten mit Wärme erfüllen?

Die dritte Zeile ist schon komplizierter, wenn man sie ganz genau verstehen will, was aber eigentlich nicht unbedingt nötig ist. Worum es geht empfindet man auch ohne den Intellekt auf superscharf einzustellen. Aber ich möchte immer so gerne verstehen.....
Da ist jemand, der das Lyri nicht versteht. Das erträgt das Lyri nicht. Dieses Nichtertragen erlebt es in der Weise, dass das DU versehrt wird, nicht mehr so bejaht werden kann, wie es anfangs der Fall war.
Und die dritte Zeile unterstreicht jetzt noch einmal diese Versehrheit, aus der heraus das Lyri auf das DU nicht mehr wie vormals zugehen kann?

Ach Du liebe Zeit, ich weiß nicht, ob ich mich jetzt überhaupt verständlich gemacht habe. Ich überlasse mich ganz Deine Menschenfreundlichkeit. Vielleicht sagst Du mir ein Wort zu meinen eventuell ganz abwegigen Gedanken.

Dein Text spricht mich an. Wie schon gesagt, erzählt er von der Schwierigkeit einer zwischenmenschlichen Beziehung.

Ich grüße Dich herzlich.
Vera-Lena
 

presque_rien

Mitglied
Liebe Vera-Lena,

vielen Dank für das intensive Lesen :).

da schlägst Du einige Purzelbäume zwischen dem Ich und dem Du, aber das ist vielleicht auch die Grundaussage dieses kurzen Textes.
Da hast du vollkommen recht :).
Es stimmt, dieser Vierzeiler wirkt sehr undurchsichtig, LyrIch & DU verschmelzen, es ist nicht wirklich logisch strukturiert - vielleicht weil einfach zu viel drinsteckt. Um ausdrücken zu können, was ich meine, hätte ich daraus eigentlich ein ganzes Sonett machen sollen ;-) - aber das Gefühl war in dem Moment so intensiv, dass ich es unmittelbar ausdrücken und nicht "aufblasen" wollte, und den Transparenzverlust akzeptierte. Um so mehr freue ich mich, dass ich dieses grundsätzliche Gefühl anscheinend rüberbringen konnte :)) (An dieser Stelle vielen Dank an alle für die positiven Bewertungen. Das bedeutet mir sehr viel!).

Am ehesten verstehe ich die Schlusszeile:
Das hört sich sehr nach Sterbenwollen aus Liebeskummer an.
Wenn das Herz ausgewandert ist, was soll dann aus dem Rest werden. Wer soll es beleben, durchbluten mit Wärme erfüllen?
Das ist eine tolle Interpretation, die ich so nicht beabsichtigt habe (oder vielleicht nicht bewusst ;-)).
Ich wollte mit den letzten Sätzen in gewisser Weise die Aussage "Du hast mein Herz. Ich will es nicht zurück.", wie man sie häufig hört, verdrehen (Zugegebenerweise hieß der letzte Vers anfangs tatsächlich so ;-)). Aber "Du hast mein Herz" impliziert ein gewisses Aktiv-Sein seitens des DU, und "Ich will es nicht zurück" eine gewisse Kontrolle seitens des LyrIchs. Beides ist aber in so einer Situation nicht vorhanden, insofern wäre so eine Aussage sinnentlehrt.
Aber ich fange mal vorne an ;-). Wenn LyrIch & Du sich gegenüberstehen, zerbricht das Bild des DU immer wieder aufs Neue im LyrIch - er ist nun so fremd, so kalt, und das äussert sich in seinem Nicht-Verstehen: Das DU kann nicht verstehen, wie das LyrIch ihn immer noch, aus den Scherben heraus, als ganzes, also unversehrt sehen kann. Es ist sehr zweideutig: Zum einen zerbricht das DU zwar im LyrIch dadurch, dass das DU sich verhält, wie es sich verhält. Aber zum anderen kann das LyrIch anscheinend das Bild immer wieder zusammenfügen - warum das LyrIch das macht, ist dem DU unbegreiflich.
Aber das Herz des LyrIch hat gewählt: Es bevorzugt, dem DU "treu" zu bleiben, das DU immer noch "ganz" zu sehen - und gibt das LyrIch auf, lässt das LyrIch zerbrechen. Das Sterbenwollen wäre eine intensivierung dieser Aussage.

Ich hoffe, ich konnte dir etwas helfen. Meine eigene Interpretation ist ziemlich schwammig ;-), aber wie du schon richtig sagtest: "Worum es geht empfindet man auch ohne den Intellekt auf superscharf einzustellen." Deine Interpretation war zum großen Teil richtig, nur hast du die dritte Zeile anders gedeutet, als ich sie meinte: Ich meinte sie als eine Erläuterung des "Nicht-Verstehens" des DU (deshalb der Doppelpunkt), du deutest sie als Aussage des LyrIchs selbst. Das ist natürlich schon ein wichtiger Unterschied. Hast du eine Idee, wie ich es deutlicher machen könnte?

Lieben Gruß,
Julia
 
M

mirami

Gast
Hallo presque_rien,

genau so wie du es erklärtest, so verstand ich dein Gedicht. (Bin immer noch hin und weg!)
Ich hatte den Doppelpunkt richtig gedeutet. Das schreibe dir in der Hoffnung, dass du nichts an diesem großartigem Gedicht änderst. :)


LG
mirami
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Julia,

nun endlich habe ich es ganz verstanden. Ich hatte den Doppelpunkt vielleicht nicht überlesen, aber doch nicht so zur Kenntnis genommen, wie es für das Verständnis notwendig gewesen wäre.
Ja, ich stimme Dir in allem zu, und nur der zu wenig beachtete Doppelpunkt war ja das Hindernis. Alle anderen Teile Deines kurzen Tetes hatte ich schon so verstanden, wie Du es meinst.

Liebe Zeit, da habe ich jetzt etwas gelernt! Mit Interpunktion kann ich selbst nicht so geschickt umgehen, aber dieser Text hier ist mir ein Ansporn, mich einmal intensiver damit zu befassen.

Ich danke Dir für Deine ausführliche Antwort!:)
Einen schönen Oktobertag wünsche ich Dir
und sende Dir einen lieben Gruß.:)
Vera-Lena
 

presque_rien

Mitglied
Hallo mirami,

vielen Dank für diesen Kommentar!!! :) Ich freue mich wahnsinnig, dass die Botschaft doch weniger verschwommen daherkommt, als ich beim Schreiben befürchtet habe... Ich wollte nämlich am liebsten auch nichts mehr ändern ;-).
Schön, dass es dir gefallen hat! :)))

Lieben Gruß,
presque_rien
 

presque_rien

Mitglied
-:!!

Liebe Vera-Lena,

danke für deine Antwort!:)
Ich bin ein Interpunktionsfetischist, auch bei "normalen" Texten: Vor allem Doppelpunkt und Spiegelstrich haben's mir angetan *lach*... Das freut mich sehr, wenn mein Text für dich ein Ansporn ist :).

Lieben Gruß, und eine schöne neue Woche wünscht
Julia
 



 
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