Luis Vänster
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Die schwarzen Bilderrahmen zeichnen sich vage von der nachtdunklen Wand ab. Schmale, weich auslaufende Lichtstreifen, die zwischen dem Rollladen durchscheinen, legen ein Muster über die Bleistiftzeichnungen. Über dem Schreibtisch schwebt eine Lichtwolke, nur für das vorbeischauende Auge sichtbar. Sie ist so schwach, dass es dunkel scheint, wenn ich sie fokussiere.
Das Zimmer ist klein. Eine warme Hülle vor dem Außen. Noch im Liegen taste ich nach der halbleeren Wasserflasche neben dem Bett. Mit fahrigen Fingern schraube ich den Deckel ab und lege die Lippen an das kühle Glas, nehme einen großen Schluck, wische die Tropfen aus den Mundwinkeln.
Und wie in vielen der vorangegangenen Nächte frage ich mich, warum die Welt im Dunkeln so anders ist. Warum sie schwerer scheint. Warum ich eine Decke brauche, wenn es mir tagsüber ohne warm genug ist. Warum sich Alleinsein plötzlich einsam anfühlt. Und warum ich hellwach ohne Licht bin, ruhelos und doch lautlosträge.
Ich habe es schon immer geliebt, Worte zu sammeln und mit ihnen Geschichten zu erzählen. Eine Welt aufspannen und in sie hinabtauchen. An mein Jetzt anknüpfen und mit Einbildungskraft weiterspinnen. Aber nachts ist es anders.
Nachts bin ich leer. Wie leergefegt und ausgetrocknet.
Nachts ist die Welt ganz weit weg. Hier bin nur ich, ganz allein, in dem zu großen Bett in dem kleinen Zimmer, das sonst so angenehm und jetzt so düster beengend ist. Aber nicht eng genug. Die Kanten und Ecken sind nicht so nah und auch nicht so hart kalt wie ich sie mir wünsche.
Ich schnappe nach Luft. Mein Hals ist schon wieder trocken, die Augen dafür tränennass. Ich bin nur noch eine hohle Hülle mit ein bisschen Musik in den Ohren. Musik, die nach Erinnerungen riecht, fern und verschleiert wie die Lichtwolke über dem Tisch. Ich habe nichts zum Festhalten, alles ist zerbröselt. Keine Tropfen, kein Regen, nur ein immer währender Sturm. Ein lautloses Getöse, alles im Flug, auf und davon. Vogelfrei.
Ein Zittern, Gedankenkarussell. Eingefallener Mantel und Stillstand. Aber mit Orkanböen.
Ich will nicht mehr träumen. Ich will keine Fantasie und auch nicht denken. Ich will einfach nur hier liegen, bewegungslos, in diesem von Schatten gestreiften Zimmer im Dunkeln verloren gehen.
Zugleich rührt sich etwas in mir, eine sachte Bewegung. Flügelschlagend entfernt sich die Traurigkeit und es wispert in mir: Ich will nicht nur etwas wollen, ich will etwas machen. Und gleich darauf, schwermütig gedämpft: Aber ich will nichts machen.
Nachts ist es anders. Denn nachts bin ich nicht nur leer, sondern angefüllt. Angeheitert mit Melancholie und Poesie. All diese schweren Gedanken, die tagsüber während einem Augenzwinkern vorbeischwirren, sie liegen jetzt als Dunkelheitsmantel um meine Schultern. Dort bleiben sie bis die ersten Sonnenstrahlen über die Hügelkuppen streifen.
Nachts sind die Gedanken lauter, weil um mich herum alles leiser wird. Mit klirrenden und scheppernden Worten im Kopf kann ich nicht schlafen und deswegen streife ich die Decke zur Seite, tappe die wenigen Schritte durch die matte Dunkelheit an den Schreibtisch und verändere die sanfte Lichtwolke zu einem grellen Leuchten. Das rote Samtband aus dem Buch gewischt, vor mir weiße Seiten und in der Hand ein grauer Stift.
Fein säuberliche Buchstaben, irgendwie schräg auf dem Papier, denn meine Augen tränen vor Müdigkeit und der Anstrengung des hellen Tages. Mit der Zeit entflieht die Schwermut und Trägheit des versuchten Schlafs und wird abgelöst von gleisendwachem Bewusstsein.
Ich bin wach und alles schläft. Ich bin wach im warmen Inneren, draußen tobt der Wind unter sternenklarem Vollmondhimmel.
Ein Blinzeln über brennende Augen, weitere Bleistiftworte lösen endlich das Ziehen in meiner Brust. Mein Herz fühlte sich an wie kalter Beton und an jeder Zeile wärme ich mich auf. Sie sind kurz, aber bedeutend. Ehrlich und traurig, aber es hilft. Ich weiß, es sind die kleinen Dinge, die später die großen Schritte bilden. Ich habe gelernt, jedes einzelne Fragment definiert die langen Etappen.
Ich setze den letzten Punkt und atme befreit auf. Von der Seele geschrieben, endlich die Worte gefunden. Vogelfrei, war mein erster Gedanke und schließlich fühle ich mich auch so. Es ist kein gerader Weg zum Glück. Zum Glück. Denn wie sonst sollten wir Geschichten erzählen können? Erinnerungsschnipsel versponnen mit Fantasie zu einem Werk aus Höhen und Tiefen. Und die Wahrheit, die Wahrheit flattert gemeinsam mit dem Glück zwischen den Zeilen. So unbestimmt und anmutig wie die Lichtwolke über dem Tisch.
Der Stift, das Buch und das Licht ruhen in der Dunkelheit und mit dem Zwinkern einer Vollmondnacht sinke ich in den Schlaf und träume von gelben Augen. Und Pfoten im nassen Laub, lautlos tastend auf frischem Gras. Verschwommen, Äste, die nach mir tasten. Baumriesen wie Geister, mit Blättern gekrönt. Im Dunst der Schatten wabert Feuchtigkeit. Wasserperlen soweit das Auge reicht, milchig weiß, nah entfernt. Der Horizont unsichtbar. Licht ertrunken im Nebelmeer. Tränengleiche Tropfen im grauen Fell der Herrscherin der Wälder zittern unter dem Heulen begleitet von hoffnungsvollen Visionen weit vor Tagesbeginn. Ihr dunkler Pelz verschmolzen mit der Nacht, mit der Trauer, mit der Hoffnung und der einsamen Stille. Einer glücklichen Stille.
Das Zimmer ist klein. Eine warme Hülle vor dem Außen. Noch im Liegen taste ich nach der halbleeren Wasserflasche neben dem Bett. Mit fahrigen Fingern schraube ich den Deckel ab und lege die Lippen an das kühle Glas, nehme einen großen Schluck, wische die Tropfen aus den Mundwinkeln.
Und wie in vielen der vorangegangenen Nächte frage ich mich, warum die Welt im Dunkeln so anders ist. Warum sie schwerer scheint. Warum ich eine Decke brauche, wenn es mir tagsüber ohne warm genug ist. Warum sich Alleinsein plötzlich einsam anfühlt. Und warum ich hellwach ohne Licht bin, ruhelos und doch lautlosträge.
Ich habe es schon immer geliebt, Worte zu sammeln und mit ihnen Geschichten zu erzählen. Eine Welt aufspannen und in sie hinabtauchen. An mein Jetzt anknüpfen und mit Einbildungskraft weiterspinnen. Aber nachts ist es anders.
Nachts bin ich leer. Wie leergefegt und ausgetrocknet.
Nachts ist die Welt ganz weit weg. Hier bin nur ich, ganz allein, in dem zu großen Bett in dem kleinen Zimmer, das sonst so angenehm und jetzt so düster beengend ist. Aber nicht eng genug. Die Kanten und Ecken sind nicht so nah und auch nicht so hart kalt wie ich sie mir wünsche.
Ich schnappe nach Luft. Mein Hals ist schon wieder trocken, die Augen dafür tränennass. Ich bin nur noch eine hohle Hülle mit ein bisschen Musik in den Ohren. Musik, die nach Erinnerungen riecht, fern und verschleiert wie die Lichtwolke über dem Tisch. Ich habe nichts zum Festhalten, alles ist zerbröselt. Keine Tropfen, kein Regen, nur ein immer währender Sturm. Ein lautloses Getöse, alles im Flug, auf und davon. Vogelfrei.
Ein Zittern, Gedankenkarussell. Eingefallener Mantel und Stillstand. Aber mit Orkanböen.
Ich will nicht mehr träumen. Ich will keine Fantasie und auch nicht denken. Ich will einfach nur hier liegen, bewegungslos, in diesem von Schatten gestreiften Zimmer im Dunkeln verloren gehen.
Zugleich rührt sich etwas in mir, eine sachte Bewegung. Flügelschlagend entfernt sich die Traurigkeit und es wispert in mir: Ich will nicht nur etwas wollen, ich will etwas machen. Und gleich darauf, schwermütig gedämpft: Aber ich will nichts machen.
Nachts ist es anders. Denn nachts bin ich nicht nur leer, sondern angefüllt. Angeheitert mit Melancholie und Poesie. All diese schweren Gedanken, die tagsüber während einem Augenzwinkern vorbeischwirren, sie liegen jetzt als Dunkelheitsmantel um meine Schultern. Dort bleiben sie bis die ersten Sonnenstrahlen über die Hügelkuppen streifen.
Nachts sind die Gedanken lauter, weil um mich herum alles leiser wird. Mit klirrenden und scheppernden Worten im Kopf kann ich nicht schlafen und deswegen streife ich die Decke zur Seite, tappe die wenigen Schritte durch die matte Dunkelheit an den Schreibtisch und verändere die sanfte Lichtwolke zu einem grellen Leuchten. Das rote Samtband aus dem Buch gewischt, vor mir weiße Seiten und in der Hand ein grauer Stift.
Fein säuberliche Buchstaben, irgendwie schräg auf dem Papier, denn meine Augen tränen vor Müdigkeit und der Anstrengung des hellen Tages. Mit der Zeit entflieht die Schwermut und Trägheit des versuchten Schlafs und wird abgelöst von gleisendwachem Bewusstsein.
Ich bin wach und alles schläft. Ich bin wach im warmen Inneren, draußen tobt der Wind unter sternenklarem Vollmondhimmel.
Ein Blinzeln über brennende Augen, weitere Bleistiftworte lösen endlich das Ziehen in meiner Brust. Mein Herz fühlte sich an wie kalter Beton und an jeder Zeile wärme ich mich auf. Sie sind kurz, aber bedeutend. Ehrlich und traurig, aber es hilft. Ich weiß, es sind die kleinen Dinge, die später die großen Schritte bilden. Ich habe gelernt, jedes einzelne Fragment definiert die langen Etappen.
Ich setze den letzten Punkt und atme befreit auf. Von der Seele geschrieben, endlich die Worte gefunden. Vogelfrei, war mein erster Gedanke und schließlich fühle ich mich auch so. Es ist kein gerader Weg zum Glück. Zum Glück. Denn wie sonst sollten wir Geschichten erzählen können? Erinnerungsschnipsel versponnen mit Fantasie zu einem Werk aus Höhen und Tiefen. Und die Wahrheit, die Wahrheit flattert gemeinsam mit dem Glück zwischen den Zeilen. So unbestimmt und anmutig wie die Lichtwolke über dem Tisch.
Der Stift, das Buch und das Licht ruhen in der Dunkelheit und mit dem Zwinkern einer Vollmondnacht sinke ich in den Schlaf und träume von gelben Augen. Und Pfoten im nassen Laub, lautlos tastend auf frischem Gras. Verschwommen, Äste, die nach mir tasten. Baumriesen wie Geister, mit Blättern gekrönt. Im Dunst der Schatten wabert Feuchtigkeit. Wasserperlen soweit das Auge reicht, milchig weiß, nah entfernt. Der Horizont unsichtbar. Licht ertrunken im Nebelmeer. Tränengleiche Tropfen im grauen Fell der Herrscherin der Wälder zittern unter dem Heulen begleitet von hoffnungsvollen Visionen weit vor Tagesbeginn. Ihr dunkler Pelz verschmolzen mit der Nacht, mit der Trauer, mit der Hoffnung und der einsamen Stille. Einer glücklichen Stille.