Lieber Sekers,
Danke!
Da sehe ich wieder einmal wie allein bzw. unverständlich ich mit meinen Gedanken bin und doch immmer denke, dass sie absolut simpel sind.
Das ist jetzt ganz wichtig für mich.
Dass dieses Gedicht als moralisierend empfunden werden könnte, hatte ich immerhin selbst schon befürchtet.
Die zweite Strophe vertauscht in der Tat die Wahrnehmungsmöglichkeiten von sehen und hören. Insofern hast Du Recht, dass der Text verschlüsselt wirkt.
Das Herz desjenigen, den das Lyri anspricht, kann deswegen ein Sänger sein ("gut als Sänger taugen", damit meine ich eigentlich nur: ein Sänger sein), weil dieser Mensch immer erfüllt ist von Freude, wenn er etwas Schönes betrachtet und weil ich ihn tatsächlich sehr oft singen höre, wenn er mechanische Arbeiten macht. Auf diese Weise erlebe ich ihn als jemanden, der ständig etwas aus seinem Herzen gibt.
Seine Lieder sind meistens Ausbrüche von Freude, also er ist auf diese Art von Liedern abonniert. Sein Singen empfinde ich als Geben, wie Du es auch sagst, auf eine immaterielle Weise. Es fällt ihm leicht, mit dem, was er als Schönheit empfindet, zu verschmelzen und er gibt durch seine Fröhlichkeit diese Freude an dem Schönen weiter. Wenn ihm dann jemand begegnet, dem er sagen kann,also heute habe ich eine besonders schöne Rose gesehen und der andere freut sich mit ihm, dann hat er etwas gegeben, ohne dass er er etwas weg-gegeben hätte und der andere, wenn er sich an ähnlichen Dingen erfreuen kann, fühlt sich bereichert. Dass sich die Freude "gänzlich rundet", damit meine ich, dass sich die Freude verstärkt, wenn sich jemand mit einem mitfreut. Das wirst Du doch auch schon erlebt haben, dass Du Dir gedacht hast, oh, hoffentlich treffe ich heute den und den, denn der wird sich mit dem, was ich eben gerade erlebt habe, mitfreuen. So habe ich die dritte Strophe gemeint.
Die vierte Strophe kann leicht missverstanden werden. Da gebe ich Dir Recht.
Solche fröhlichen Menschen, die ein glückliches Naturell besitzen, wie ich es in den ersten drei Strophen beschrieben habe, finden nach meiner Erfahrung in der Not auch wirklich immer einen Helfer, denn ihr Naturell verändert sich ja nicht, nur weil sie jetzt etwas Schweres durchzumachen haben. Aber man könnte den Text wirklich moralisierend lesen, etwa so:
Gib etwas, dann bekommst du auch etwas. Das habe ich aber nie und nimmer so gemeint. Dieser Gedanke war überhaupt nicht in meinem Kopf.
Ich dachte daran, dass auch so ein glücklicher Mensch von Schwierigkeiten im Leben heimgesucht wird und hoffte, dass dann Menschen, die ehmals seine Freude geteilt haben auch mifühlend und anteilnehmend sein Leid mit ihm teilen werden, wenn ich selbst beispielsweise nicht mehr da sein sollte, um das tun zu können.
Danke, lieber sekers, für Deine ausführliche Mitteilung darüber, wie Du diesen Text gelesen und betrachtet hast. Es macht immer ein bißchen traurig, mißverstanden zu werden, aber Du hast mir die Möglichkeit gegeben, nun meinerseits eine Erklärung abzugeben und Du hast mir auch gezeigt, dass es mit dem "Ganz einfach" wieder einmal nichts war. Das sind die Stellen, an denen ich mich nie in andere hineindenken kann, nämlich die Tatsache, dass meine Texte mitunter nicht so leicht verständlich sind, wie ich das denke. Gut, dass Du mich darauf hingewiesen hast. Vielleicht lerne ich es ja doch noch *lach*
Einen schönen Tag wünsche ich Dir.
Liebe Grüße
Vera-Lena