Vom Glauben, dass alles so ist wie es scheint... (Teil 2)

chinaski

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Vom Glauben, dass alles so ist wie es scheint... (Teil 2)

Als sich die automatischen Glastüren der Eingangshalle öffneten ahnte ich, dass meine gewohnte Sicherheit verloren gehen würde. Die junge dunkelblonde Dame an der Information sah mich lächelnd an. Doch hinter diesem Lächeln sah ich mit einem Mal eine merkwürdig verzerrte Fratze. Ich blieb kurz stehen und fasste mir mit geschlossenen Augen an die Schläfen.

„Verdammt, was ist mit mir los?!“, dachte ich mir. Sollte ich doch besser wieder gehen? Lag es an diesem Ort?!

„Ja, genau! Das ist es!“, schoss es mir in den Kopf. Denn seit meinem fünften Lebensjahr war ich selbst nicht mehr im Krankenhaus gelegen. Seitdem hatte ich immer eine Aversion gegen diese sterile Umgebung, in der man unentwegt kranke Menschen in den verschiedensten Schlafgarnituren antreffen konnte.

Ich musste plötzlich schmunzeln, da ich mich eines Tages erinnerte, als ich einmal Onkel Valentin im Hospital besuchen war. Auf dem Weg zu seinem Zimmer traf ich eine Frau, die im geblümten Nachthemd zusammen mit einem anderen Mann im gestreiften Bademantel über den Flur ging und sich aufregte, wie geschmacklos die Zimmer eingerichtet waren. Konnte sie sich denn selbst nicht sehen?!

„Ja, können wir uns denn nicht selbst sehen...?!“, murmelte ich und überlegte kurz, ob ich weitergehen oder kehrt machen sollte. Ich entschloss mich weiterzugehen. Immerhin hatte ich eine Erklärung gefunden, die mir half mein Unwohlsein zu überwinden.

„Die Krankenhausatmosphäre mach mich nervös...“, sagte ich mir einschwörend.

Dann vernahm ich das Geräusch der automatischen Tür und trat in die Eingangshalle ein. Meine Aufmerksamkeit galt aber nicht meiner Umgebung. Ich stand dort und muss verwirrt oder zumindest fragend ausgeschaut haben. Denn eine Krankenschwester kam auf mich zu.

„Guten Tag, suchen Sie jemanden?“

„Wieso geht’s mir jetzt besser?! – Ich hab doch lediglich...“, flüsterte ich noch in Gedanken weiter, ohne zu bemerken, dass diese Frau mich angesprochen hatte.

„Hören Sie, kann ich Ihnen weiterhelfen?, fragte sie nun eindringlicher.

„Ja sicher!“, entriss sie mich meiner Gedanken. Mir war wieder gegenwärtig, warum ich eigentlich hier war.
„Ich bin auf der Suche... Auf der Suche nach Professor Mendez. Der Professor hält heute einen Vortrag.“.

Ich versuchte zu lächeln, es kam mir aber vor, als ob mein Gesicht betäubt war, wie nach einem Zahnarztbesuch. Jede Bewegung erschien mir unnatürlich. Ich dachte, wie das jetzt wohl ausschauen musste.

„Verzeihen Sie!“, rutsche es mir heraus.

„Aber wofür denn?“, lächelte sie. „Fahren Sie ,mit den Fahrstuhl in die zweite Etage, gehen Sie rechts Richtung Gang H und dann die vorletzte Tür auf der linken Seite. Der Vortrag beginnt in etwa 20 Minuten.“

„Danke!“, erwiderte ich. Dann schaute ich noch kurz auf das kleine blaue Namensschildchen. „Schwester Delfie?! Was für ein ungewöhnlicher Name“, dachte ich mich bereits auf den Aufzug zu bewegend.

„Kein Problem! Und wenn Sie sich noch mal verirren, dann rufen Sie einfach ganz laut nach Schwester Elfie!“, lachte sie mir hinterher. Dann drehte sie sich um und stapfte in den nächsten Korridor.

Als sie hinter der Tür verschwand, war es mir, als stünden mir kleine Schweißtröpfchen auf der Stirn. Doch als ich sie abwischen wollte waren da keine.

„Wie zum Teufel kam ich darauf, dass sie Delfie hieß?! Ich hatte doch aus nächster Nähe auf das Schild geguckt. Ich konnte mich doch nicht irren?! Vielleicht hab ich mich verhört?!“

Meine Gedanken kreisten wie wild um diese kleine Fehlleistung und doch klopfte mein Herz schneller als irgendwann zuvor. Ich drückte auf den Knopf nach Oben. Dann schaute ich auf die Etagenzahlen, die gelblich beleuchtet einen nach dem anderen aufleuchteten. Als dann die zwei Buchstaben E und G mit einem Bimmeln erstrahlten, war meine Anspannung auf dem Höhepunkt.
 



 
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