Vom Hasensein

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O

orlando

Gast
Hallo Sylke,
eine reizende Idee, die dich zu deinem Gedicht veranlasste!
Vielleicht hast du aber inzwischen selber gemerkt, dass es noch an der einen oder anderen Stelle hakt - ganz besonders im Hinblick auf die Verslänge und der manchmal leicht verqueren Satzstellung.
Wie wäre es, noch über ein paar kleine Änderungen nachzudenken?
Ein Vorschlag:

Von Hundenasen aufgespürt,
die Lauscher angelegt,
den Beutel eilig zugeschnürt
und ab, davongefegt.

Der Mörder hinterher -
ein Haken nach dem andern;
es scheint verdammt lang her,
sein stetes Ruhewandern

in einem schlichten Fummel,
der sich ins Puzzle fügt,
obwohl sein weißer Stummel
voll Arglist ihn "betrügt."

Den sieht er aber nicht;
er hat ihn nie gesehen.
Und hätte er´s, der kleine Wicht,
so fehlte ihm das Farbverstehen.
So wäre der Text etwas gleichmäßiger gestaltet, erschlösse sich dem Leser einfacher. Sein Witz käme also etwas deutlicher heraus.
Bei komischen Gedichten stellt sich zudem die Frage, ob die "normale" Rechtschreibung nicht angemessener ist.

Jetzt komme ich zu den Dingen die ich wirklich ansprechend finde:

- wie schon eingangs erwähnt, finde ich die Idee, des armen, verfolgten Osterhasen sehr gut
- ebenso die Sache mit seinem Outdoor-Outfit :)
- und das elegante Enjambement zwischen der dritten und vierten Strophe.

Formalien der Lyrik lassen sich erlernen. Fantasie nicht.
Und die bringst du mit.

Dir einen herzlichen und spornenden Gruß
orlando
 
O

orlando

Gast
Kleiner Nachtrag:
da es ich um Hundenasen (Plural) handelt, müsste es entsprechend "die Mörder" heißen.
Tschuldigung. ;)
 

Schrissi

Mitglied
Liebe Orlando,

vielen Dank für Deine lieben Worte meine Fantasie betreffend :)

Ebensolchen Dank für die Beschäftigung mit dem Text.

Ich werde Deine Verbesserungsvorschläge annehmen und das Gedicht, in dem es im wahrsten Sinne des Wortes hakt, dementsprechend bearbeiten.

Ich weiß es zu schätzen, eine Möglichkeit gefunden zu haben, mein Schreiben verbessern zu können

Viele Grüße,

Sylke
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
ursprüngliche Kürze

In der Tat schlägt der Hase auch vor dem ihn verfolgenden Leser so einige Haken - z.B. im Wechsel zwischen iambischen und trochäischen Versanfängen.
Andrerseits ist die Kürze der Verse wichtiger als das Metrum:
Die flotte Flucht kommt zum Ausdruck: Die Bewegung gewinnt mit jeder Silbeneinsparung an Schwung. Das sind die Dinge, die sich mit den ersten, spontanen Formulierungen von alleine einstellen, man kann's selten verdichten wie die Balletttttänzerin, die ihre Arme anlegt und die Pirouette damit beschleunigt.
Wie sagt Petronius zu Nero in "Quo vadis"? "Majestät sollten sich immer an die erste Idee halten".
 

Schrissi

Mitglied
von Nase aufgespürt
die Lauscher angelegt
den Beutel zugeschnürt
und davongefegt

der Mörder hinterher
ein Haken an den andern
scheint verdammt lang her
konnt´ er in Ruhe wandern

sein zeitloser Fummel
sich ins Puzzle fügt
doch sein weißer Stummel
arglistig ihn betrügt

das weiß er selber nicht
er hat ihn nie gesehen
und hätte er´s, der Wicht
könnt´ er es nicht verstehen
 
O

orlando

Gast
Mmh.
Und wieso trägt der Feldhasen dann einen zugeschnürten Beutel? Was hat er denn da drin?
Oder handelt es sich vielleicht um einen australischen Wampikaka-Känguruhasen? ;)

Entzückte Grüße
orlando
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Jägersprache?

Ich hab beim Lesen den "zugeschnürten Beutel" für einen Fachbegriff der Jägersprache gehalten, meistens ein Körperteil. Für eine Verszeile bedeutet das, daß die Phantasie da hindurchleuchten, verstehen und mitsingen darf, wies ihr in den "Sinn" kommt. Die einen sehen Ostereier, die anderen Zeugungsorgane in dem "zugeschnürten" (aua!) Beutel - ?
 
O

orlando

Gast
Hallo Schrissi,
lass dich bloß nicht in den Sumpf der erotischen und igittenen Zeugungslyrik zerren! Das schickt sich einfach nicht!
Das Hasensein hat doch auch einen anständigen, einen philosophischen Aspekt. Schon Lukrez macht sich über die Natur solcher eklen Dinge Gedanken:
Keine Materie hängt ganz untrennbar zusammen:
Denn wir sehen es ja, wie alle Dinge sich mindern.
Gleichsam schwinden dahin vom langaufzehrenden Alter.
Bis sie endliche die Zeit den Augen gänzlich entrückt hat.
Aber die Summe selber scheint unverändert zu bleiben.
Du siehst also, irgendwann wird sich die peinliche Beutelfrage von ganz allein gelöst haben. -

Mit der Jägersprache kenne ich mich auch nicht besonders aus, schieße allenfalls auf geschlechtsneutrale Moorhühner. Aber seitdem die für lau ins Jenseits zu befördern sind, macht mir das ganze Internet keinen Spaß mehr.
Ich werde da wohl austreten müssen.

Bis dahin noch viel Spaß am häsischen Sein und manchmal auch am Braten
orlando
 

Schrissi

Mitglied
Das "Zuschnüren des Beutels" steht im Gedicht für das Abbrechen der häsischen Angelegenheit (was immer diese war), die eben an der Stelle des "Aufspürens" stattfand. Ich gehe davon aus, dass der Hase, wenn er den Feind erblickt, zwar weiß, dass er ohne Umschweife aufbrechen muss, aber dennoch (obwohl die Zeit rennt) das zu Ende bringt bzw. abbricht (den Beutel zuschnüren), wofür er ursprünglich dort war.
Das muss schnell gehen. Deshalb hat er auch einen Beutel zum Schnüren.
Vielleicht hat er aber auch eine Wanderkarte drin und zwei Karotten mit Schale. Wer weiß?

Das Braten macht mir keine Freude, denn ich esse keine Tiere.

Gruß

Sylke
 



 
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