vom mensch und sein (sonett)

5,00 Stern(e) 1 Stimme

Mimi

Mitglied
der mensch geformt von einer göttlich' hand
ein irdisch' wesen voller gegensatz
denn wahn und scharfsinn trennt ein dünnes band
auf pfaden sucht der mensch sich seinen platz

er strebt nach höhen wissen macht und kraft
doch seine schwächen reißen eine kluft
gefühle nehmen den verstand in haft
und manchmal bleibt im kopf nur heiße luft

vor lauter streben sieht er oft nicht klar
der körper bloß ein haufen sternenstaub
von eitelkeit umhüllt erscheint er gar

es bleibt die kunst zur menschlichkeit zu steh'n
und stellt er seine sinne nicht auf taub –
im menschenwesen wird er engel seh'n
 

petrasmiles

Mitglied
Liebe Mimi,

da hast Du ein wundervolles Sonett mit einer der wesentlichsten Kernaussagen überhaupt geschrieben
es bleibt die kunst zur menschlichkeit zu steh'n
Ich bin immer wieder erstaunt, dass diese Tatsache von jeglicher Couleur mißachtet wird - ich hätte es bis vor zehn Jahren nur bei 'den Alten' verortet und finde mich von den Zeitläufen belehrt, dass es immer wieder passiert; ein Beleg dafür, dass der Mensch aus der Geschichte nicht lernt - oder die wahren Ursachen (wie von Dir genannt) nicht erkannt werden.

Liebe Grüße
Petra
 

Mimi

Mitglied
Danke, Petra, für Kommentar und Bewertung.
Irgendwie habe ich den Eindruck, dass Menschlichkeit zu einem sinnentleerten Begriff mutiert ist, zu uncool, zu anstrengend, nicht greifbar, zu teuer und viel zu obsolet.

Manchmal denke ich fast, dass sich der ein oder andere Zeitgenosse selbst für die eigene Menschlichkeit zu schämen scheint ...

Gruß
Mimi
 

petrasmiles

Mitglied
Liebe Mimi,

ich denke sogar, dass diese Ignoranz gegenüber dem Menschsein die grundlegende Ursache für jede Hybris ist.

Denn zum Menschsein gehört ja auch die Erkenntnis von Licht- und Schattenseiten, die wir alle haben, und oft sind unsere Schwächen nur die andere Seite unserer Stärken. Es ist nicht möglich, nur gut zu sein und immer alles richtig zu machen.

Mit der Anerkennung der eigenen menschlichen Beschränktheit - denn das ist ja der Kern des Menschseins - könnte man auch dem Mitmenschen nicht einfach seine Schwächen und Fehlleistungen um die Ohren hauen.

Eigentlich ist nicht der Begriff sinnentleert, sondern der Mensch selbst, wenn er sich permanent auf die Oberfläche locken lässt und keinen Blick in die Tiefe wagt, oder sich traut, den schönen Schein in Frage zu stellen. In der Realität erleben wir ja ständig die Auswüchse der menschlichen Natur, Fehlleistungen, Lug und Betrug und Schlimmeres. Aber das wird dann als Merkmal der anderen und schlechteren Menschen beiseite geschoben, wohingegen die eigene Gruppe das alles nicht ist und unangenehme Folgen dem größeren Zweck untergeordnet werden. Das ist der reine Selbstbetrug.
Da muss man nicht mitmachen. Dann doch lieber 'obsolet' werden.

Liebe Grüße
Petra
 



 
Oben Unten