Nee, habs mir überlegt: Änderungswünsche kann ich nicht formulieren, das wäre vermessen. Der Wunsch, den ich äußern könnte, wäre viel allgemeinerer Natur: versuch einfach jeden Text, wenn er abgeschlossen ist, als abgeschlossen zu betrachten. Jeder Text ist immer ein Übeform oder Vorform oder Verlaufsform, das weitere Üben sollte nicht einen vorhandenen Text verstümmeln müssen, sondern vielmehr einen neuen, anders gearteten Text hervor bringen, das schult die Themenvielfalt, kann ermöglichen nicht thematisch auf der Stelle zu treten. Also bitte Text unverändert lassen.
Mit "verstiegen" meine ich, nicht ganz unironisch, mich selbst: also ich habe mich in eine Kritik verstiegen, das mache ich sonst ganz selbstverständlich und nebenbei, selbst die härtesten und vernichtendsten Kritik kriegt man nebenbei von mir um die Ohren gehauen. Nur wenn ich wirkliches Talent vermute, habe ich das Gefühl es stünde mir nicht zu, überhaupt eine Kritik (ob positiv oder negativ) zu veräußerlichen. Nur Talent haben eben die Wenigsten von allen, die ich hier bisher kritisiert habe.
Ich finde die Sprache teils etwas maniriert für eine so jungen Menschen, das ist nicht schlecht, im Gegenteil, es ist beinahe als würde ich in einen Spiegel gucken, oftmals strotzen auch meine Texte von theatraler Maniriertheit, vielleicht weil man so den künstlerischen Anspruch stärker noch wörtlich verdinglichen will. In Ordnung wenn's von alleine kommt. Old-fashioned ab dem Moment, wo es Füllstoff in einem Raster wird oder Baustein bei absoluter Ideenlosigkeit.
Deutungshypothese: dem lyrischen Ich entschwindet die Zirkelwelt, die greifbare, die mathematische. Kenn ich. Wenn man den Zirkel sehr naturalistisch auslegt, ich hab mein Mathe-Abitur nur mit 3- bestanden, dafür Deutsch mit 2+ und Religion mit 1+. Die Menschen sind nunmal verschieden, die Erkenntnis, dass das Rationale und mathematisch Erfassbare die Welt außerhalb unseres Fühlens erklären, nicht aber die Welt innerhalb unseres Gefühlsradius', ist dann notwendig. Ich glaube Kunstinteresse und Mathematik ist unvereinbar. Wahrscheinlich hat ein gnädiger Gott das so angelegt, damit wir alle keine Universalgenies werden. Wäre auch noch schöner. Bisher trösten sich doch die Logik-Begabten damit, dass sie rational denken, und die Kreativ-Begabten damit, dass die Logiker keine Ahnung vom wirklichen Fühlen haben. Aber Vorsicht: dieses Gliederungsprinzip gilt nur, solange man es vorzieht, es nicht genau nehmen zu wollen. Im Endefeckt wollen wir alle nur ein bisschen glücklich sein und unser aller Streben muss in Einklang zu bringen sein mit unseren Fähigkeiten. Den anderen, die einen nicht verstehen, das Recht auf die Fähigkeit zur Führung eines gelingenden glücklichen Lebens abzusprechen, ist gegenstandslos. Es beschreibt die Ein-Igelung in seiner als besonders oder hervorstechend empfundene Position. Viele die Gedichte schreiben, so hab ich das an anderen und mir erlebt, halten sich für etwas besseres oder besonderes, manche haben davor sogar Angst. Wahres Leben beginnt für mich mit einer gewissen inneren Größe, die dort beginnt, wo der Autor nicht vor der Dichtkunst auf die Knie fällt, wo der Autor das Dichten als zweckfrei ansieht und nur aus dem Selbstzweck der Persönlichkeitsbildung betreibt, nicht aber um die Welt in Frage zu stellen, in die er sich als fühlendes Wesen geworfen und Rationalismen unterworfen sieht, gegen die es mittelfristig zu rebellieren gilt.
Bevor ich weiter monologisiere, mache ich lieber einen Vorschlag zum Abschluss, für eine Übung: wenn du den festen Glauben hast, ein Dichter (sag ich eigentlich ungern, Schriftsteller ist besser, oder Autor) zu werden, schreibe jeden Tag ein Gedicht. Ich weiß, das meiste findet man scheiße, zu oberflächlich, zu unreflektiert, zu prinzipiell. Aber wer sagt denn, dass alles Geschriebene irgendwann mal eins zu eins in Publikationsmasse umgewandelt werden soll? Deshalb jeden Tag ein Gedicht. Kein Vierzeiler, das sind keine Gedichte, das sind kalte intentionsarme Bild-Rülpser. Jeden Tag einen 20-Zeiler, der Weg ist lang und wenn du genügend kompromisslos bist wirst du dicht nicht mit Floskeln zufrieden geben wie "Der Weg ist das Ziel", denn das ist die allergrößte Scheiße. Jeden Tag ein Gedicht. Ein einem Jahr sprechen wir uns wieder.