von wintern mit schnee(ballschlachten)

4,50 Stern(e) 2 Bewertungen

anbas

Mitglied
von wintern mit schnee(ballschlachten)

in einer zeit als im winter noch schnee fiel
und manchmal wochenlang liegen blieb
wir schneemänner bauten deren geschmolzene reste
noch den frühling begrüßten
gab es auch schneeballschlachten

mutter erzählte von den strengen wintern in ostpreußen
der flucht bei eisiger kälte per treck und schiff
über das zugefrorene haff flohen sie aßen schnee
sahen im eis eingebrochene wagen
und andere trecks die opfer von tieffliegern geworden waren
doch sie erzählte nicht nur von diesen schlimmen zeiten
sie berichtete auch von eisblumen an den fenstern
zeigte uns wie man schneemänner baut
schneebälle wirft andere einseift oder sich in den schnee legt
um dann die arme hoch und runter zu bewegen
schneeengel nannte sie diese figuren

als kind fuhr ich im winter gerne mit dem schlitten
ein niedersächsisches dorf mit wenigen bodenerhebungen
unser rodelberg war eher ein hügel
aber steil genug um schnell abwärts zu rasen
bei genügend tempo bis zum wassergraben
aufpassen musste man denn nicht immer war dieser zugefroren
fast verlor ich die gerade nachgewachsenen schneidezähne
als ich bäuchlings liegend in einen schlitten krachte
von einem anderen kind gezogen quer über die piste
später in der stadt gab es kaum geeignete bahnen
nur mickrige hügel von vielleicht zehn metern länge
am ende ein gepflasterter fußweg und eine strasse
nur manchmal fuhren wir mit mutter in den wald
dort gab es lange rodelbahnen
der weg zurück nach oben war mühsam
doch für die nächste abfahrt nahmen wir das gerne in kauf

es war Februar als wir vom dorf in die stadt zogen
schnee lag auf dem rasen vor unserem haus
nach meinem ersten tag in der neuen grundschule
eine schneeballschlacht mit kindern aus der nachbarschaft
jeder gegen jeden ich traf selten war kein guter werfer
konnte aber geschickt ausweichen meistens jedenfalls
ein paar meiner neuen mitschüler waren mit dabei
so auch der beliebteste schüler der klasse
meinen überraschenden volltreffer in seinem gesicht rächte er
am nächsten tag in der schule mit einem schlag in den magen
während mich ein anderer von hinten festhielt

jahre später auf dem gymnasium
achte klasse große pause im schnee
an vielen stellen plattgetreten
nur am rande des sportplatzes nicht
hier konnten wir noch schneebälle formen
meine zielgenauigkeit unverändert schlecht
aber weit werfen konnte ich
der wurf von mir kam aus dem hinterhalt
auf eine gruppe mädchen meiner klasse
der schneeball viel zu hart fast eisig
blödsinn ohne nachzudenken
und wieder ein zufallstreffer am kopf so dass tränen flossen

im selben winter auf dem schulhof
pubertäre neckereien zwischen jungs und mädchen
einander jagen beschimpfen drohen lachen
dann die eine hand voller schnee
der dicke wollpulli unserer klassenschönheit
ich zog am kragen bei freiem blick
stopfte ich schnee in ihre bluse
viel war bei ihr nicht zu sehen
im gegensatz zu den anderen mädchen
mann war das trotzdem heiß
danach in der klasse der tisch hinter meinem
sie lächelte mir zu fast schon provokant
klopfte noch einmal demonstrativ ihren pulli aus
mann war ich plötzlich still und feige
zumal ich wusste wie chancenlos ich bei ihr war

unsere parallelklasse galt als schwierig
ihr klassenlehrer beliebt mit manchmal merkwürdigen methoden
einmal überraschte er sie im chemieunterricht
mit einem übelriechenden gas nebelte er sie ein
man sagt er selbst hätte eine atemmaske gehabt
dann paar monate später freistunde
inzwischen war es winter geworden die stadt ganz in weiß
er hatte die aufsicht schlug eine schneeballschlacht vor
jungs gegen mädchen eine schlechte idee
denn die hatten nichts vergessen revanchierten sich
dreißig gegen einen chancenlos
total durchnässt aber breit grinsend
trabte er anschließend ins lehrerzimmer

unser deutschlehrer ein merkwürdiger schon älterer kauz
ich mochte ihn auch wenn er wenig spaß verstand
zwei mitschüler warfen schneebälle
an die decke des klassenraums direkt über dem pult
es sollte erst tropfen wenn er schon saß
kein gut durchdachter plan der raum viel zu warm
die pfütze auf dem stuhl und darum herum war schon groß
als er den raum betrat eine riesen sauerei
er flippte aus und holte den rektor
dieser ermahnte uns streng
doch das ließ uns kalt

in einer zeit als im winter noch schnee fiel
und manchmal wochenlang liegen blieb
wir schneemänner bauten deren geschmolzene reste
noch den frühling begrüßten
gab es auch schneeballschlachten
und engel im schnee
 



 
Oben Unten