Vor Zeiten in einem anderen Meer ...

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ENachtigall

Mitglied
Vor Zeiten in einem anderen Meer
war ich
abgedriftet
vom sandigen Ufer
in einem Rausch des Gleitens
umfangen von weich
fließender Elastizität

In einem Augen beißend gesalzenen Lebensraum
für den das Wort
Wasser
schlicht zu schlicht
von der Zunge perlt
getragen gewiegt
von den Wellen gewirkt

An Neptun der mich zaghaft Himmelsgucker rief
die bodenständige Natur
verraten und verkauft
verfischte
letztlich leicht
seicht meine dünne
Existenz

Erst als der himmlische Schwertfisch geruhte
auf mich herab zu strahlen aus seiner
Großen Magellanschen Wolke
weckte Schwerkraft gesteuert ein Schreck
die verweichlichte Muskulösität
der maritim verträumten Glieder
war kein Land mehr
sichtweit
unter dem Gezeitenmond

Nur eine Ahnung trieb stromlinienförmig
Kraft gegen Angst
und Arme zu Rudern
die beinharte Arbeit an
durch stählerne Fluten
mich zu pflügen
dahin
zurück woher ich kam

Nicht Fisch noch Fleisch nur
meeresfürchtige Frucht
schwer verausgabt strandgut gelandet
lag und lauschte ich
Tönen
zwischen erschütternden Schlägen
raunten sie:
wie sehr das Leben mich liebt


© elke nachtigall
4/2007


(letzte Strophe, die zweite und dritte Zeile geändert. Ursprünglich:

Nicht Fisch noch Fleisch nur
meeresfürchtige Frucht
aus gemopster Rolle
strandgut ins Gewicht gefallen
lag und lauschte ich ...)
 

rosste

Mitglied
hallo elke,
der schluss ist sehr schön.
zwischendurch schwimme ich ein wenig und "kann Wasser
schlicht... von der Zunge" nicht perlend sehen oder nachempfinden.

lg
 

Milko

Mitglied
Was-ser gut

kleine liebe gespührt , schön.
, bis auf eine strophe , die mich auch etwas schwimmen lässt,
sonst 10,.
ist es ...
das geschöpf leben,
du hast wasser gestreichelt ,
danke fürs mit -erleben
wasser ist mir nah
gm
 
H

HFleiss

Gast
vorzeiten in einem anderen meer

Hallo Elke, das ist ein langes Gedicht, aber ich glaube, kürzer hätte es mehr gebracht. Es ist auch ein bisschen zu angestrengt "Kunst". So ganz kommt man nicht klar, worum es der Autorin geht, die "gemopste Rolle" reizt unfreiwillig zum Lachen, und auch die Große Maghellansche Wolke reißt hier nichts raus.

Hanna
 

namaqool

Mitglied
hallo elke,

deine texte zu verstehen ist (für mich zumindest) häufig schwierig. ich denke es liegt an deinem enormen wortschatz und deiner riesigen phantasie.

dennoch ist so viel musik in deinem texten, dass sie mich stets begeistern, stets fesseln, auch wenn das eine oder andere für mich verschlossen bleibt.

danke für die freude beim lesen.

grüsse, namaqool.
 

ENachtigall

Mitglied
@ rosste

Hallo Stephan, da ist nicht deutlich geworden, dass das Wort "Wasser" gemeint war. Bei mir funktioniert das Gefühl, Worte von der Zunge perlen zu spüren. Je nachdem, fühle ich sie manchmal auch sprudeln oder stocken. Allerdings erhebe ich darauf keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit ;-)
Vielmehr freue ich mich über Deine Stellungnahme.

@ Milko

Ja, das Gedicht ist ein Erlebnisbericht einer sehr lang zurückliegenden Begebenheit. Wie jede Erinnerung ist sie geprägt durch mittlerweile schwer beeindruckte Sinne.
Es hat mir sehr gefallen, sie auf diese Weise noch einmal festzuhalten und (mit-)zu(-)teilen.

@ HFleiss

Hallo Hanna, schön, dass Dir der Rollmops einen unfreiwilligen Lacher beschert hat. Das ist ein selbstironisches Bonbon in dem Gedicht!

@ namaqool

Du liest meine Texte mit dem Herzen und so kommentierst Du sie; was mehr kann ich mir wünschen ...
Ich werfe Worte in die Luft und wenn sie sich ins Spiel fügen sind sie dabei, auch wenn sie weit hergeholt klingen oder abgegeriffen. Vielleicht wie bei der Jonglage, wenn zwischen Kegeln alte Stuhlbeine auftauchen oder abgenagte Knochen.

Ein herzliches Danke für Eure Kommentare.

Liebe Grüße von

Elke
 

Perry

Mitglied
Hallo ENachtigall,
für mich hat der Text etwas "traumhaftes." Auch wenn du manchmal mit Adjektiven etwas großzügig bist, entschädigen die Traumworte "Himmelsgucker und himmlischer Schwertfisch" durchaus dafür. Der Schluss ist mir persönlich etwas zu sprichwortgeladen, aber das ist vermutlich Geschmackssache. Ansonsten gern gekostet dein maretimes Wortmenü.
LG
Perry
 

Inu

Mitglied
Hallo ENachtigall

Ja, die 'gemopste Rolle' ruiniert für meine Begriffe viel von der erhabenen Stimmmung ( erinnert mich drastisch an ein Glas Rollmöpse vom Aldi )und passt nicht zum Pathos des Gedichtes, das mir vom Klang, von der Poesie der Worte her, sehr gut gefällt ...
Nur habe ich nicht begriffen, wer da spricht ... das lyrische Ich? Ein im Meer ertrinkender Mensch? Die Seele eines Fisches?

Liebe Grüße
Inu
 

ENachtigall

Mitglied
sprichwortgeladen

Hallo Manfred, danke fürs Lesen und Kommentieren.

Da sagst Du was: ich erinnere mich, diesen Punkt der Überladung mit Sprichwortähnlichen von dir schon vormals gehört zu haben. Und da fällt mir Rumpelsstilzchens Beitrag im Theoretischen "lästige Lieblinge" ein. http://www.leselupe.de/lw/showthread.php?threadid=69290

Das will ich jetzt mal ernsthaft bearbeiten und bin Dir umso dankbarer für den Wachrütteler.

Lieben Gruß von

Elke

P.S. Der Himmelsgucker ist tatsächlich ein Fisch, der himmlische Schwertfisch ein Sternbild.
 

ENachtigall

Mitglied
Hallo Inu,

danke, auch für Deinen Eindruck, der das Bild der Reaktionen für mich abrundet: offensichtlich zu Ungunsten des Rollmoppses. Da ich mich in manchen Dingen durchaus von Mehrheitsmeinungen beraten lasse, geht es für ihn jetzt heim ins Regal. Ich werde ihm wehmütig winken oder ein eigenes Gedicht schreiben.

Lyrich ist ein dem Untergehen im Meer entkommener Mensch. Wie passiert es, dass jemand zu weit hinausschwimmt, die Zeit vergisst, in Gefahr kommt ...

Lieben Gruß von

Elke
 



 
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