Vorsommerfreudig

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Schnupp’re ich in den orangenen Duft
des Grand Marnier, nachmitternächtlich,
roll‘ fetten Schwarzen zur weit geöffneten
Papierfanfare, Sommer herbei zu blasen:
sommerposaunend.

Denk aber lang an Vorgestriges, schon
vielleicht nicht mehr Wahres, denk ich
Sommer,
an Leichteres, das damals nicht leicht war,
Flüchtiges Gestreichel, Lippen, Hand auf Haut.
Abgewandtes Lächeln, übertriebenes Glucksen
im Kreis deiner Freundinnen, Unvertrautheit
simulierend.
und denk an früheres Herumtanzen,
das dem in den Brei fallen
voraus ging, an alles menschliche
Gezirpe, Gegurre, Gejaule. Gebet.

Und denke, wie wenig sich ändert,
wenn’s zum Lieben kommt,

als wären wir nicht genau dafür da.

Irgendwas hat irgendwie –
Komm' doch endlich näher!
klügelnd interveniert,
wo bleibst du denn?
Kommst nicht, kommen nicht, das
Gras bleibt unbefleckt. Schöner
Sommer! Aber dann kam eine andre
und alles anders und wir beide
schön wie nie.

„Warum atmest du so schwer?
War’s nicht schön?“ –„ Oh, doch,“
sagst du und, „es hat Spuren hinterlassen.“

Aber unsere Frucht war tot,
unsere heftige Umarmung
trug niemals Leben.

Kein Kinderlachen für uns,
nichts was uns blieb.

So starb und starben
unsere Sommer.
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Moin serge gurkski,

während der Anfang lyrisch und absichtlich verwirrend eine Stimmung aufbaut, haut einem der Schluss mit dann simpel erscheinenden Tiefschlag nieder.
Vielleicht nicht die perfekte Lösung, aber wirkungsvoll.

cu
lap
 
R

Rose

Gast
Hallo serge,

puuhh, jetzt hat es mich glatt umgehauen ... Am Anfang deiner Zeilen hätte ich mir diesen Ausgang des Gedichts niemals träumen lassen. Heftig, aber irgendwie tragisch gut.

Nachdenkliche und liebe Grüße
Manuela
 



 
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