Wahre Kämpfer

Heinz

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Eine Geschichte soll ich erzählen?
Nun, ich hörte mal in einer Taverne eine Geschichte, die ein alter Mann erzählte.
Es ist eine alte Geschichte, aus der Zeit der Kämpfe um Mitrasphera.
Die Taverne war gut besucht. Es war schon spät, und die Gäste hatten dem Met schon gut zugesprochen. Der erste Gast hatte die feucht-fröhliche Runde schon unfreiwillig verlassen, nachdem er eine Kriegerin wie eine Dirne angesprochen hatte. Aber das tat der Stimmung keinen Abbruch. Die anderen Gäste prosteten der Kriegerin anerkennend zu, während sie sich an dem zurückgelassenen Mantel des Gastes die blutigen Hände abwischte.
Vier junge Kerle, für die diese Umgebung scheinbar noch besonders aufregend war, hockten um einen Tisch und hielten sich möglichst lange an einem Becher Met fest - für einen weiteren fehlte wahrscheinlich das Geld, und wer nicht trank, wurde von der resoluten Wirtin unhöflich, und mit Nachdruck nach draußen verwiesen.
Sie steckten die Köpfe zusammen, und während sie tuschelten, blickten sie auf einen alten Mann, der in einer Ecke allein an einem kleinen Tisch saß und sich ebenfalls an einem leeren Becher fest hielt. Die Kleidung des Mannes schien fast so alt zu sein wie er selbst und wies ebenso viele Schnitte und Falten auf wie sein graubärtiges Gesicht.Der Stoff selbst war fest und robust und von hervorragender Qualität - einmal gewesen. Er hatte schon bessere Zeiten gesehen - so wie auch der Träger selbst.
Offensichtlich getrauten sich die jungen Männer nicht, den Alten anzusprechen. Aber nach einer Würfelrunde war einer auserkoren. Der jung Mann stand nervös auf und begab sich vorsichtig zum Tisch des Alten. An der Wand bemerkte er den Eisen beschlagenen Kampfstab aus Hartholz, den unzählige Scharten zeichneten. Der junge Mann ahnte, woher diese Scharten rührten - und schluckte kurz.
Noch bevor der Mann den Tisch ganz erreicht hatte, hob der Alte den Kopf und die grauen Augen schauten ihn unter der Krempe des Filzhutes direkt und prüfend an.
Der junge Mann öffnete den Mund, aber die Frage wollten seine Lippen nicht verlassen.
Nach einigen Sekunden lächelte der Alte gutmütig und frage: "Was willst du?"
Der Gefragte atmete erleichert auf und sprach:
"Wir haben gehört, dass Ihr dabei wart. Bei den Schlachten um Mitrasphera, meine ich."
Der alte Mann nickte. "Ja, ich war dabei". In sich gekehrt schaute er auf seine Hände die seinen Becher umklammerten - und schwieg.
"Wir habe viele Geschichten davon gehört", fuhr der junge Mann fort. "Aber wir haben noch niemanden getroffen, der selbst dabei war. Würdet Ihr uns eine Geschichte davon erzählen? Eine Geschichte von jemandem, der selbst dabei war?"
Der Alte schürzte die Lippen und überlegte kurz.
"Warum nicht?" sagte er, und hielt dem jungen Mann seinen leeren Becher hin.

"Bevor ich anfange, möchte ich eine Frage stellen", sagte der Erzähler.
Der alte Mann hatte sich zu den jungen Burschen an den Tisch gesetzt, nachdem diese seinen - und ihre - Becher erneut gefüllt hatten. Still und voller Erwartung blicken sie den alten Mann an.
"Was kann einen Kämpfer der Elemente davon abhalten, gegen die Verfehmten ins Feld zu ziehen?" lautete die Frage.
"Ich erwarte jetzt keine Antwort", fuhr der Alte nach einer kurzen Pause fort. "Denkt nur etwas darüber nach."
Der Erzähler hob den vollen Krug. "Auf alle die, die ihr Leben in diesem Feldzug gelassen haben", sagte er mit rauer Stimme. "Mögen sie an einem besseren Ort für ihren Mut belohnt werden."
Dann setzte er den Krug an die Lippen und trank in vollen Zügen.
"Damals" begann er, und sein Blick starrte verloren auf den Bierschaum in seinem Krug, "waren wir viele Tausende. Streiter wider die Verfehmten. Wir lagerten in der Feste der Vielfalt und kämpften unter den Bannern."

"In der Feste lagerte auch Margali, die Heilerin. Sie hatte sich dem Feldzug angeschlossen, um zu helfen. So viele Kämpfer verdankten ihr ihr Leben - und das wohl nicht nur ein Mal. Und dort lagerte auch Birk, der Baumfäller. Mit seiner Axt holzte er gern untotes Fleisch. Er hatte sich dem Feldzug ursprünglich angeschlossen, um seinen Bruder Toppel zu rächen, der von drei Untoten hinterrücks erschlagen wurde - während eines Zweikampfes.
Aber das war schon einige Jahre her, und ich glaube, mittlerweile gibt es noch einen anderen Grund, mit dem Feldzug zu ziehen.
Beide hatten wohl schon an die 60 Sommer gesehen, trotzdem sah man sie oft Abends im Tross in den Tavernen sitzen, manchmal umgeben von Freunden, manchmal auch nur zu zweit.
Die Geschichte handelt von diesen beiden. Sie wurde mir von ihnen selbst berichtet, daher kann ich mich für ihre Wahrheit verbürgen."
Auch in dem Jahr, in dem sich die folgenden Ereignisse zutrugen, hatten die beiden vereinbart, sich jeden Abend im Tross zu treffen und die Tavernen und Spelunken zu erkunden. Aber so wie kein Schlachtplan die erste Feindberührung überlebt, kam es auch hier anders.
Am ersten Abend war eine Versammlung der Heiler, am zweiten Abend wurden Kämpfer im Schildwall gesucht. Am dritten Abend galt es ein langwieriges Ritual durchzuhalten. Und so vergingen die Abende, ohne dass die Beiden eine Gelegenheit gefunden hätten, den Tross aufzusuchen.
Als nun der Tag der großen Endschlacht begann, trat Margali auf Birk zu und sprach:
"Egal, was heute zu tun ist, egal, welche Feinde aufmarschieren, und wenn Untod und Schwarzes Eis zusammen zwischen uns stehen, heute wollen wir den Abend im Tross verbringen. Versprichst du mir das?"
Und Birk versprach es - bei seinem Leben.
Dann zog Birk ins Feld und kämpfte unter dem Blauen Banner. Es war ein furchtbarer Kampf, und auch Margali hatte viel zu tun.
Dann passte Birk nicht auf, und ein hinterlistig geschossener Pfeil traf ihn ins Bein.
Fluchend und humpelnd zog er sich zurück.
"Margali, Margali" rief er von weitem als er die Heiler erblickte. Margali schaute auf und sah Birk, in dessen Oberschenkel ein Pfeil steckte.
"Birk", schimpfte sie lauthals. "Wieso kannst du nicht aufpassen? Du hast doch versprochen, mit mir den Abend im Tross zu verbringen. Was soll ich denn da mit dir anfangen, wenn du nicht mehr tanzen kannst?"
Schuldbewusst senkte Birk den Kopf, und während Margalie den Pfeil aus dem Bein entfernte und die Wunde reinigte und verband, versprach Birk, besser aufzupassen."
Zwei Stunden hielt Margalie den Verletzten zurück, doch dann stahl er sich leise davon.
Birk achtete zuerst auf die Bogenschützen, doch dann geriet ein Kämpfer neben ihm in Bedrängnis. Erfolgreich drängte er das Untote Fleisch zurück, um sich dann um den am Boden liegenden Gefährten zu kümmern.
Da schoss ein Pfeil heran und streifte seine Wade. Wütend - mehr auf sich selbst als auf den Gegner - verfluchte er seine Unvorsichtigkeit. Aber mehr noch als die Sorge um das Bein sorgte er sich, was Margali nun sagen würde.
Wieder humpelte er zum Platz der Heiler.
"Margali, Margali", hörten die anderen Heiler den Verletzten schon von Weitem rufen.
Zornig blitzen ihre Augen auf, als er sie erreicht hatte.
"Du hattest mir versprochen, vorsichtig zu sein", schimpfte sie. "Das habe ich nun davon, dass ich dich hab gehen lassen."
Mit niedergeschlagenem Blick setzte Birk sich zu Boden. Die Heilerin entfernt den Stoff der Hose, damit die Wunde blank lag. Dann riss sie - ungewohnt heftig - die Wunde auseinander, so dass Birk nur mit Mühe einen Aufschrei unterdrücken konnte.
"So blutet das Gift besser heraus", erklärte sie grimmig, und goss etwas Alkohol auf die Wunde. Die Wunde brannte plötzlich wie Feuer, und Birk konnte den Schrei, der aus seinem Mund wollte nicht ganz unterdrücken - ein leises Winseln schlich sich durch seine zusammengepressten Lippen. Ein boshaftes Lächeln spielte um Margalies Augen...
Nachdem sie ihn verbunden hatte, wendete sich sich wortlos den neu ankommenden Verletzten zu.

Wieder blieb Birk eine Stunde sitzen, bis ihn die Unruhe erneut packte. Heimlich humpelte er hinter ihrem Rücken davon.
Nun pass ich aber besser auf, dachte er. Und er hielt Ausschau nach allem, was einen Bogen oder eine Armbrust hielt.
Leider fiel ihm dabei der große Kerl nicht auf, der mit einem riesigen Hammer aus der Schlachtreihe hervor trat.
Der Hammer traf ihn voll auf die Brust, und er wurde weit zurück geschleudert. Sofort ergriffen ihn starke Hände und zogen ihn zurück hinter die Linien. Fast eine Minute dachte er, er würde nie wieder atmen können. Aber er musste, denn er hatte es Margali versprochen.
Er hustete Blut und die Brust schien zu brennen. Der Panzer hatte das Schlimmste noch abgehalten.
"Margali, Margali ", drang es zum Lager der Heiler.
Margali hielt mit ihrer Arbeit inne und schloss resigniert die Augen. Nicht schon wieder.
Ärger mischte sich mit der Sorge um Birk. So konnte das nicht weiter gehen.
"So hältst du also deine Versprechen?" fragte sie wütend.
"Was ist denn jetzt schon wieder passiert?"
Und Birk berichtete schuldbewusst, was geschehen war.
"Hock dich hin und nimm den rechten Arm nach hinten", befahl sie unwirsch. "Ich muss sehen, ob eine Rippe gebrochen ist."
Und der verletzte Kämpfer gehorchte.
"Nein, die Seite ist in Ordnung", erklärte sie.
"Nun nimm den linken Arm nach hinten", befahl sie weiter. Und Birk gehorchte wieder.
Margali fuhr fort mit ihrer Arbeit und zog seine Arme weiter nach hinten - aber was machte sie da mit seinen Händen? Die waren doch nicht verletzt.
Birk wollte seine Hände wieder nach vorn bewegen, aber es ging nicht. Sie waren zusammengebunden.
"Was hast du mit meinen Händen gemacht", fragte er die Heilerin verwundert.
"So", sagte diese entschlossen. "Du gehst heute nicht mehr in den Kampf. Du gehst mit mir heute Abend in den Tross."
Mit offenem Mund starrte Birk die Heilerin an.
Sie hatte ihm die Hände mit einem Verband auf den Rücken gefesselt. Er bekam sie nicht mehr frei.

"Margali, was hast du gemacht?" fragte er fassungslos. Aber sie antwortete nicht und wendete sich wieder anderen Verletzten zu.
Trotz seiner Schmerzen gelang es Birk schließlich, aufzustehen.
Nicht weit entfernt sah er Kaela, die Anführerin des Blauen Banners.
"Kaela", rief er. "Kannst du mir die Hände los machen?"
Kaela starrte ihn verwundert an.
"Wieso sind deine Hände auf den Rücken gefesselt", fragte sie erstaunt.
"Margali hat sie mir festgebunden, damit ich nicht mehr in die Schlacht ziehen kann", gestand er.
Die Augenbrauen der Kriegerin zogen sich zusammen. Mit drohendem Unterton sagte sie:
"Wenn Margali sagt, du sollst nicht mehr kämpfen, dann soll das so sein. Sieh zu, dass du zurück zu den Heilern kommst, ich kann dich heute nicht mehr gebrauchen."
Und so trottete Birk zurück.

Die beiden wurden noch bis in den frühen Morgen im Tross gesehen."

Der Erzähler schwieg und setzte den Krug an seine Lippen.
Es war ruhig geworden in der Taverne. Die anderen Anwesenden hatten ebenfalls der Geschichte gelauscht.
Der alte Mann schwieg einige Zeit und wartete, bis sich das Grinsen in den Gesichtern gelegt hatte.

"Und nun komme ich zurück zu meiner Frage." fuhr er dann fort.
"Was kann einen Kämpfer der Elemente davon abhalten, gegen die Verfehmten zu ziehen? Ihr kennt die Antwort nun."

"Nicht Pfeil noch Bolzen noch Hammer halten einen Kämpfer der Elemente auf, gegen die Verfehmten zu ziehen, nicht Untod noch Pestilenz noch Schwarzes Eis,
- nur die zarten Hände einer Frau."
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:

Basti50

Foren-Redakteur
Teammitglied
Heinz schrieb:
Hallo Leser.
Diese Geschichte gehört wohl in den Bereich Fantasy, denn sie ist so passiert im Rahmen eines Fantasy-LARP Events.
Ich habe sie aufgeschrieben und erzähle sie aus der Sicht eines Erzählers.
Hi @Heinz,

bitte solche Einführungs- und Schlusspassagen an den Leser wie oben in einen eigenen Kommentar packen. Hab ihn jetzt mal aus deiner Geschichte entfernt, sowie auch den unnötigen zweiten Titel.
 



 
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