Warum der Weihnachtsmann rot trägt

Warum der Weihnachtsmann nur rot trägt

Es geschah an einem kalten Wintermorgen im Dezember vor vielen, vielen Jahren. Damals trugen noch alle Wichtel und Weihnachtsmänner bunte Mäntel und Hosen. Alle arbeiteten gemeinsam an den Aufgaben und keiner wurde sich selbst überlassen.
In Himmelpforten gab es eine Bäckerei, ein kleines Kaufhaus und eine Wäscherei. Es war eine sehr schöne, helle Stadt, in der sich alle sehr wohl fühlten. Das Fest näherte sich in Kürze und überall war geschäftiges Treiben zu beobachten.

An diesem Tag beschloss der Weihnachtswäschedienstverantwortliche die gesamte Wäsche für die bevorstehenden Festlichkeiten erst am 23. 12. statt am 22.12. zu waschen. Es stand einfach zu viel Arbeit an. Es wurde nichts mehr trocken und die Berge wurden immer höher. Zu viele Krankheitsausfälle sorgten für einen heftigen Arbeitskräftemangel. Dazu kam noch, dass die Nikolausbrigade inzwischen beim Ostergeschäft helfen musste und somit nicht vollständig für das Weihnachtsgeschäft zur Verfügung stand.

So geschah es, dass am Morgen des 23.12. der Nikolaus die gesamte Wäsche des Weihnachtsmannaußendienstes holen musste. Dieser ist ja bekannterweise der jüngere Bruder des Weihnachtsmannes und teilweise auch für die Geschenkverteilung am Heiligabend verantwortlich. Das äußere Erscheinungsbild ist und war sehr wichtig, denn keiner wollte einen stinkenden, alten Herren mit verloddertem Bart und schmutzigen Sachen in die Wohnung lassen, um dann aus verdreckten Händen mit langen, schmutzigen Fingernägeln Geschenke aus einem Lumpensack zu bekommen.
Dazu muss man wissen, dass vor Jahrzehnten jeder Weihnachtsmann seine besondere, maßgeschneiderte Kleidung besaß. Der eine trug eher blau, der andere eher weiß oder eine goldfarbene Kutte. Nur der lange, weiße Bart war allen gemeinsam.

Dieses Jahr sollte alles anders werden.

Der Wäschenikolaus, den alle liebevoll Nicci nannten, sammelte alle Mäntel und Hosen ein, damit alles zur rechten Zeit sauber, gebügelt und akkurat bereit stehen würde. Er war alleine und musste in diesem Jahr doppelt soviel Arbeit schaffen wie zuvor. Eile war geboten, denn pünktlich um acht Uhr mussten alle ihre Mäntel haben. Falls noch ein Knopf fehlte oder die Hosen noch einen Reißverschluss brauchten, würde die Nähstube noch ganze Arbeit leisten müssen.

Nicci beschloss schnell die Waschmaschine zu füllen. Die Zeit war knapp und so geschah es, dass das Unglück seinen Lauf nahm. Die dunkelrote Hose von Anton hatte sich in der Trommel verfangen. Nicci hatte es in der Hektik nicht bemerkt. Hastig stopfte er einen Mantel nach dem anderen, sowie eine Unmenge an Hosen in die Maschine. Es gelangten kleinkarierte Hosen und gelbe Mäntel, goldfarbene Hemden, rote Kapuzenbänder und weiße Socken durcheinander. Man muss wissen, dass die Waschmaschinen in Himmelpforten ein extrem großes Fassungsvermögen haben, das acht bis zehnfache, was wir heute kennen. Ganz locker gelegt passen mindestens 30 Mäntel und Hosen hinein, dazu noch diverse Kleinwäsche, wie Socken und Strumpfhalter.
Schnell war das Programm gestartet, und ohne groß acht zu geben das Rädchen für die Temperatureinstellung gedreht, welche in diesem Fall viel zu hoch war.
Nicci vertrieb sich die Zeit bis endlich das erlösende Klingglöckchen von der Waschmaschine ertönte und das Werk vollbracht schien. Zwei Stunden später war das Waschprogramm dann endlich zu Ende.
Als Nicci die Kleidungstücke herausnahm, blieb ihm fast der Mund offen stehen.
,,Nein, das konnte doch nicht sein…“ Ein Schrei entwich unbewusst seinem Körper.
Alle Sachen hatten eine tiefrote Farbe. Und, was am Schlimmsten war, sie waren allesamt auch noch eingelaufen. Nicci verzweifelte und Tränen begannen sich unaufhaltsam den Weg zu bahnen. So konnte er doch nicht die Sachen zur Zentrale der Weihnachtsmänner bringen. Die Nähstube musste alle Nähte der Mäntel auftrennen und vergrößern.
Er konnte seine Tätigkeit aufgeben und nun höchstens noch bei den Zwergen um Arbeit bitten. Diese Schmach! Die Kälte ließ nun auch noch die Träne zu Kristallen gefrieren, als er mit dem großen Schlitten die Wäsche zum Stützpunkt fuhr. Eiseskälte kroch durch seine gesamten Glieder und die Angst vor der Standpauke war nicht unerheblich. Am Fenster der Zentrale sah er schon einige Personen, die den Sachen entgegen fieberten. Wahrscheinlich hatten sie einen längeren Weg zu den Kindern und mussten noch eher losfahren.

Der Chef Santa Claus staunte nicht schlecht als er die Körbe voller roter Wäsche sah. Nicci erwartete nun heftige Schimpftiraden und war auf alles vorbereitet. Er war sich sicher sich nun zu den Zwergen gesellen zu müssen- oder noch schlimmer- zu den Halloweenkürbissen, um dort seinen zukünftigen Lebensunterhalt zu verdienen. Ade erwartungsvolle Kinderaugen und ade die Freude von lachenden und frohen Menschen.

Gedanken kreisten unaufhörlich, was nun werden würde. Seinen Stall mit Rentieren müsste er verkaufen. Die Schlitten und die neue Geschenkverpackungstation würde er wohl reißend los werden. Nur wo würde er eine bezahlbare Wohnung finden? Bei den Zwergen konnte er nicht wohnen. Die Behausungen waren bekanntlich viel zu klein. Nur anerkannten Weihnachtsmännern war es erlaubt in Himmelpforten zu wohnen. Sollte er etwa Lohnersatzleistungen beantragen und nur noch Hilfsarbeiten übernehmen? Er grübelte und grübelte und hörte so auch nicht wie Santa Claus zu ihm sprach und ihn mit eindeutigen Worten abmahnte.
Da er einen festen Platz bei der Arbeitsverteilung hatte, würde es eine große Lücke geben, wenn die Stelle neu besetzt werden müsste.
Nach längerem Durchschauen der Sachen fand der Chef die Sachen doch gar nicht so schlecht. Rot ist doch eine Signalfarbe und macht gar keinen so schlechten Eindruck im täglichen Rentierverkehr.
Die eingelaufenen Hosen könnte man in die Stiefel stecken und schon fällt es nicht mehr auf, wenn die Hosenbeine nur noch bis zur Wade reichten und etwas tiefer gezogen könnte der Bauch auch oben rüber gucken. Die Jacken mussten natürlich größer gemacht werden. Die Nähstube musste alles geben und setzte überall Keile ein, damit die dicken Bäuche auch versteckt waren. Um das alles zu kaschieren gab es schwarze Gürtel, die die Aufmerksamkeit dann auf die Schnalle lenkten.
Wichtig war nur, dass der Wärmehaushalt dadurch nicht beeinträchtigt wurde, denn oft sind die Weihnachtsmänner stundenlang bei frostiger Kälte unterwegs. Mit dem schwarzen Gürtel und vielleicht ein paar weißen Handgelenkschützern sah es ganz modisch aus. In der Nähstube sollte noch ein weißer Fellbesatz an die Kapuzen genäht werden.
Leider war damit auch das finanzielle Budget ausgeschöpft. Für die neuen Geschenksäcke war nun kein Pfennig mehr übrig, deshalb erklärt sich heute immer noch der eine oder andere Flicken auf den Säcken, denn bis zum heutigen Tage konnten nicht alle Weihnachtsmänner mit neuen Materialien ausgestattet werden.
Das Weihnachtsfest war gerettet, auch wenn die Kinder die Geschenke in dem Jahr etwas später am Abend bekamen und sich wunderten, dass der Weihnachtsmann nicht immer die passenden Sachen trug.


Nicci durfte weiter in der Zentrale arbeiten und passt heute besonders auf, dass es nicht wieder zu einem Zwischenfall kommt.
 



 
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