Was dagegen?

Markus Veith

Mitglied
Was dagegen?

"Hallo." Ihre Stimme bröselte in seinem Ohr "Was machst du gerade?" Er ärgerte sich insgeheim über die Pause, die sich nach der Schrecksekunde in die Unendlichkeit zu verdrücken drohte. Und über die Unbändigkeit seiner Zunge. Und darüber, daß ihre pure Stimme die kreischkreidenen Verbalregeln von seiner Wuttafel gehaucht hatte.
"Nuuun", gewann er einige Zeit. Verzweifelt versuchte er, mit der verschalten Resttinte seiner Speichelneige die blassen Schlieren seiner zurechtgelegten Worte nachzuzeichnen. "Ich denke, ich könnte, sobald ich dich aufgehängt habe, noch einmal an den Kühlschrank gehen und so lange mit einigen zulaufenden Bierdosenfreunden den Abend mit Selbstmitleid bezahlen, bis ich nur noch so viel von mir gebe wie in eine Kloschüssel paßt. Dann werde ich wahrscheinlich einige Zeit damit verbringen, rotierende Windmühlenflügel auf die Wand zu kritzelen, um anschließend mit meinem Kopf gegen sie anzureiten."
Tapfer hielt er sich im Sattel. Doch er hatte die angeschnitten Riemen bemerkt. Und sein Gaul war müde und schwitzte. Absteigen hieß, sich zu ergeben. - Er mußte sich beeilen. Auch wenn seine Zunge ihm zwischen den Beinen baumelte.
"Während der Diener meines Restverstandes damit beschäftigt sein wird, die gebrochenen Glashirnsplitter notdürftig zusammenzukitten, werde ich die vergilbten Bilder von dir in meinen leeren Kopfturm sperren, mir von dort oben gepflegt einen runterholen und mich dann der Folter meiner Traumhenker überlassen." - Er hatte es geschafft. Aber die Geisterstadt rauchte, empfing ihn mit schwer atmenden Wortruinen. - "Also, wenn es dich wirklich interessiert: Nichts anderes als die letzten Tage", sagte er zitternd und streckte die Waffen. Die Flut wallte schweigsam über ihn her. Irgendwann knirschte seine Stimme und klang dabei wie ein von der Brandung zermürbtes Küstenriff: "Hast du was dagegen?"
"Nein." - Und dann, nach einem leisen Regen, bat sie: "Darf ich dabei sein?"
 



 
Oben Unten