Was die Leute wirklich interessiert

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Wer viel fürs Internet schreibt, den interessiert die Resonanz. Hin und wieder will er wissen, welche seiner Beiträge gut gelaufen und welche Mauerblümchen geblieben sind. Zeichnet sich quer durch die Foren ein einheitliches Bild ab? Bei mir insgesamt eher nicht. Doch ich kenne die wenigen Ausreißer nach oben. Unter ihnen sind vor allem drei Artikel über ganz unterschiedliche Themen. Es sind zu meinem Verdruss nicht meine Lieblingsgegenstände. Die Titel: Kleine Katzen töten, Eisenhut – schön und gefährlich, Eine Unterschrift fälschen. Hm? Was will mir das Publikum damit sagen? Worin besteht der kleinste gemeinsame Nenner?

Wird hier überhaupt eine Tendenz augenfällig? Ich fürchte: ja. In allen drei Fällen geht es - oder scheint es zu gehen - um Anrüchiges, Gefährliches, Verbotenes. Ich versuche, dem auf den Grund zu gelangen und sehe mir mal meine Statistik im Forum WeißderGeier (Name geändert) an. Dort veröffentliche ich schon lange nichts mehr, meine Daten sind jedoch weiterhin vorhanden und aufschlussreich. Man kann sehen, welchen Weg der Leser gegangen ist und welchen Einstieg er etwa bei Google gewählt hat. Und was ergooglen sie vor allem, seit ich weg bin? Eine Unterschrift fälschen!

Bei WeißderGeier kann ich auch sehen, wie lange der Leser bei meinem Artikel verweilt hat. Er macht sich in aller Regel sehr schnell wieder davon, schon nach längstens einer Minute. Das wundert mich nicht, es geht im Text nicht wirklich ums Fälschen. Der Titel war nur ein Scherz. Die Genasführten kommen nicht nur aus Deutschland, die Schweiz ist auch ab und zu vertreten und neulich war sogar ein Wissbegieriger aus Polen dabei. Ihre Google-Eingabetexte sind ebenfalls für mich ersichtlich. Sie sind sehr monoton: unterschrift fälschen, text fälschen, wie fälsche ich unterschriften …

Ich kann mir nun vorstellen, was es mit dem Eisenhut und den Katzen auf sich hat. Es ist sehr ernüchternd. Das also bleibt von mir: Wie man falsch unterschreibt. Wie man Katzennachwuchs schnell beseitigt. Wie man mit Gift einen lieben Anverwandten um die Ecke bringt. – Nein, das habe ich nicht gewollt!
 

nichts

Mitglied
Und dann gäb's da noch die Leser, die deine Texte deswegen gerne lesen, weil sie das Gefühl haben, dass du nicht deswegen erzählst, weil du nach Lorbeer trachtest. Die sagen dann nichts, um diese angenehme Stille, in der man den Text noch mal an sich vorüberziehn lässt und darüber nachdenkt, nicht zu zerstören.
 
Für nichts: Die Existenz dieser speziellen Leserschaft habe ich schon länger vermutet - da du sie mir bestätigst, kann ich mich nun beruhigt zurücklehnen.

Für Val Sidal: Der letzte Satz ist noch weniger ernst gemeint als alles vorher. Sein Pathos ist nur Parodie, wie ich mich mit dem Text überhaupt nur ein wenig über den Statistikkram lustig machen wollte.

Freundliche Abendgrüße
Arno Abendschön
 
A

Architheutis

Gast
Lieber Arno,

Wer viel fürs Internet schreibt, den interessiert die Resonanz.
bzw Dein Kommentar

Sein Pathos ist nur Parodie, wie ich mich mit dem Text überhaupt nur ein wenig über den Statistikkram lustig machen wollte.
klingt wenig glaubwürdig für jemanden, der seit August 2010 weit über 100 Werke veröffentlicht hat in einem Forum, dass vor allem in Statistiken bewertet.

Es gäbe ja soviele andere Foren ohne Bewertung...

Ich finds nicht glaubwürdig. Ich halts für reines Dampf ablassen.

Sei getrötest: wir alle scheitern hier an unseren eigenen Erwartungen. Und zwar meist grandios!

Lieben Gruß,
Archi
 

wüstenrose

Mitglied
Moin Arno,
habs beim Lesen von Anfang an so empfunden: Was dein "Kurzprosasprecher" (nirgends steht geschrieben, dass dieser deckungsgleich mit Arno Abendschön sein will) so von sich gibt, wirft ein satirisches Schlaglicht auf dies&jenes.
Der Reiz des Textes liegt darin, dass mittels einer äußerst entspannten Unterschwelligkeit ein ziemlich desillusionierendes Bild gezeichnet wird.
Dein Text strahlt eine gewisse Nichtigkeit aus, kokettiert sogar damit, dass es sich bei diesen Zeilen lediglich um ein Geplänkel um nichts (die "statistische Erhebung", die dem Leser vorgegaukelt wird, hat was Lächerliches, Pseudowissenschaftliches an sich) handelt - da drängt sich beim Leser schnell die Frage auf: Wen interessiert das? Wer will das so genau wissen?
Es ist ein Schreibstil, der gewissermaßen in die Leere führt - und deshalb frage ich als Leser nicht: "Was hat's nun eigentlich gebracht?", sondern eher lasse ich mich von diesem Stil treiben, stoße auf die Bedeutungsleere hinter den Zeichen, genieße die Ruhe, die eintritt, wenn der Text endlich endet und die nervöse Geschäftigkeit aufhört.

Gruß
wüstenrose
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich gehe mal einen Schritt weiter: Wieso schreibst Du denn überhaupt im Internet? Wen interessiert das? Wer liest das? Garantiert nicht die Menschen Deiner Umgebung. Aber wahrscheinlich ein Mensch in Timbuktu. Und - was hast Du davon? Nichts.
Smile, und lG, Doc
 
Danke für die weiteren Meinungsäußerungen.

Zunächst meine Gegenfrage an DocSchneider: Muss ich denn persönlich etwas vom Veröffentlichen haben? Materielle Interessen insofern liegen mir fern. Wertschätzung meiner Person durch andere? Ach, so naiv bin ich nach Jahren in diesem "Geschäft" nicht mehr ... Es bleibt tatsächlich nur das Bewusstsein, es könnte in Timbuktu z.B. einen mir unbekannt bleibenden Leser geben, dem ein Text von mir etwas bedeutet. Ist das zu wenig? Mir nicht. Wir sollten uns realistisch als das einschätzen, was wir sind: Wassertropfen in einem neuartigen Informationsozean.

Aber um diesen - mir sonst durchaus wichtigen - Zusammenhang ging es hier gar nicht. Wüstenrose hat meine Absicht richtig verstanden: satirisches Aufspießen eines bestimmten Aspekts (Statistik in Literaturforen). Zu diesem Zweck habe ich einen einzelnen Sektor meiner Erfahrungen isoliert und zugespitzt dargestellt. Selbstverständlich ist das weder meine persönliche Bilanz - die sähe selbst rein statistisch anders aus - noch spiegelt es meine Gefühlslage wider. Auch wenn Architheutis es vielleicht nicht glauben wird: Als Privatmensch, der nicht identisch mit der autobiographisierenden Kunstfigur Arno A. ist, bin ich mit dem bisher in Literaturforen Erreichten keineswegs unzufrieden.

Und noch das: Erfahrungen mit der Leselupe gibt der Text nicht wider.

Ich grüße als N.N., um nicht wieder mit A.A. verwechselt zu werden.
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Lieber Arno, ich habe Dich schon verstanden - mein Kommentar war leicht ironisch gemeint. Deinen Satz
Als Privatmensch, der nicht identisch mit der autobiographisierenden Kunstfigur Arno A. ist, bin ich mit dem bisher in Literaturforen Erreichten keineswegs unzufrieden.
kann ich voll und ganz unterstreichen, so (er)geht es mir auch.

Frohes Weiterschreiben und lG, Doc
 



 
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