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Unsere Tochter hat das ungewöhnliche Talent, zu erkennen, was andere lieber nicht hören wollen. Schon während ihres Studiums in Sicherheitsmanagement von geopolitischen Risikoszenarien begann sie, ihre Fähigkeiten weiterzuentwickeln. Ihr feines Gespür für sich anbahnende Katastrophen sowie ihre unerschütterliche Überzeugung, die Welt stünde vor einer Reihe von Krisen, machten sie schnell zu einer gefragten, aber auch oft missverstandenen Person. Ihre Studien und Analysen über mögliche Naturkatastrophen, politische Unruhen und wirtschaftliche Zusammenbrüche wurden von vielen als Spekulationen abgetan. Doch sie blieb hartnäckig. Nach ihrem Studienabschluss trat sie eine Stelle in einem Forschungsinstitut an, wo sie begann, sich mit globalen Bedrohungen zu befassen. Es war ein bescheidener Beginn, aber bald startete sie ihre eigenen Untersuchungen, veröffentlichte diese unter anderem in den sozialen Medien, wo sie eine beachtliche Anhängerschaft in der Öffentlichkeit gewann; die digitale Verbreitung wurde zu einem Wendepunkt.
Eines ihrer ersten großen Warnzeichen war eine bevorstehende Naturkatastrophe im Nordosten des afrikanischen Staates Mali. Sie hatte präzise den Zeitpunkt, die Region und die Art des Ereignisses beschrieben: Der Ausläufer eines extrem schweren Tropensturms würde dort zu einer Zeit wüten, in der das Land besonders verwundbar wäre. Dieses Unglück würde mit dem Start eines gigantischen Solarenergieprojekts zusammenfallen, das ein internationales Konsortium in der Region plante - die Vorarbeiten hierfür waren bereits voll in Gange. Als sie ihre Warnung veröffentlichte, wurde sie in den meisten westlichen Ländern belächelt. „Was geht uns Mali an?“ war die allgemeine Reaktion. Doch nur wenig später traf die verheerende Katastrophe die Region, das Projekt wurde verwüstet, die internationale Gemeinschaft, die es geplant hatte, stand unter Schock. Es war der Moment, der die Glaubwürdigkeit unserer Tochter als Expertin für Bedrohungsanalysen und Katastrophenvorhersagen auf ein neues Niveau hob.
Die nächsten Jahre waren geprägt von ihren immer wiederkehrenden Voraussagen, die in der Welt jedoch überwiegend auf taube Ohren stießen, bis sie schließlich eintraten. Krieg in Europa und in Nahost, politische Unruhen in Nordafrika, eine beispiellose Flutkatastrophe in Südasien und später die Auswirkungen einer weltweiten Wirtschaftsverwerfung – all diese Ereignisse hatte sie nicht nur vorhergesehen, sondern auch genau dokumentiert. Ihre Berichte wurden zunehmend ernst genommen, aber den politisch Verantwortlichen in den westlichen Demokratien passte dieses nicht in ihre Agenda. Unsere Tochter blieb weiterhin isoliert, ihre Warnungen, so zutreffend sie auch waren, sie stießen vielerorts überwiegend auf Ablehnung. Die Einflüsse der politischen und wirtschaftlichen Eliten, die in ihren eigenen Anliegen gefangen waren, blockierte alle Versuche, rechtzeitig in Entscheidungsprozesse eingreifen zu können. Sie war zu einer Mahnerin geworden, deren Worte die Weltmächte allerdings noch nicht ausreichend zu hören bereit waren, solange deren eigenen Profite und Interessen nicht konkret bedroht waren.
Der entscheidende Wendepunkt kam, als die EU-Kommission in Brüssel, nach einem erneuten, globalen Schock, endlich zu der Einsicht gelangte, dass eine unabhängige, unerschrockene Beraterin dieses Formats von Nutzen sein könnte. Man bat sie, die Kommission exklusiv in internationalen Sicherheitsfragen zu beraten, ein Ereignis, das den vorläufigen Gipfel ihrer Karriere markierte, sie aus ihrer Isolation führte. In der Wahrnehmung Anderer war sie längst zu einer Ikone geworden, besonders in der Welt des feminin geprägten Teils der politischen Öffentlichkeit, in der Frauen mit Charisma allmählich nach oben strebten.
Der Name, für den wir uns bei der Geburt unserer Tochter seinerzeit entschieden haben, fühlt sich auch heute noch gut und passend an: Kassandra.
Eines ihrer ersten großen Warnzeichen war eine bevorstehende Naturkatastrophe im Nordosten des afrikanischen Staates Mali. Sie hatte präzise den Zeitpunkt, die Region und die Art des Ereignisses beschrieben: Der Ausläufer eines extrem schweren Tropensturms würde dort zu einer Zeit wüten, in der das Land besonders verwundbar wäre. Dieses Unglück würde mit dem Start eines gigantischen Solarenergieprojekts zusammenfallen, das ein internationales Konsortium in der Region plante - die Vorarbeiten hierfür waren bereits voll in Gange. Als sie ihre Warnung veröffentlichte, wurde sie in den meisten westlichen Ländern belächelt. „Was geht uns Mali an?“ war die allgemeine Reaktion. Doch nur wenig später traf die verheerende Katastrophe die Region, das Projekt wurde verwüstet, die internationale Gemeinschaft, die es geplant hatte, stand unter Schock. Es war der Moment, der die Glaubwürdigkeit unserer Tochter als Expertin für Bedrohungsanalysen und Katastrophenvorhersagen auf ein neues Niveau hob.
Die nächsten Jahre waren geprägt von ihren immer wiederkehrenden Voraussagen, die in der Welt jedoch überwiegend auf taube Ohren stießen, bis sie schließlich eintraten. Krieg in Europa und in Nahost, politische Unruhen in Nordafrika, eine beispiellose Flutkatastrophe in Südasien und später die Auswirkungen einer weltweiten Wirtschaftsverwerfung – all diese Ereignisse hatte sie nicht nur vorhergesehen, sondern auch genau dokumentiert. Ihre Berichte wurden zunehmend ernst genommen, aber den politisch Verantwortlichen in den westlichen Demokratien passte dieses nicht in ihre Agenda. Unsere Tochter blieb weiterhin isoliert, ihre Warnungen, so zutreffend sie auch waren, sie stießen vielerorts überwiegend auf Ablehnung. Die Einflüsse der politischen und wirtschaftlichen Eliten, die in ihren eigenen Anliegen gefangen waren, blockierte alle Versuche, rechtzeitig in Entscheidungsprozesse eingreifen zu können. Sie war zu einer Mahnerin geworden, deren Worte die Weltmächte allerdings noch nicht ausreichend zu hören bereit waren, solange deren eigenen Profite und Interessen nicht konkret bedroht waren.
Der entscheidende Wendepunkt kam, als die EU-Kommission in Brüssel, nach einem erneuten, globalen Schock, endlich zu der Einsicht gelangte, dass eine unabhängige, unerschrockene Beraterin dieses Formats von Nutzen sein könnte. Man bat sie, die Kommission exklusiv in internationalen Sicherheitsfragen zu beraten, ein Ereignis, das den vorläufigen Gipfel ihrer Karriere markierte, sie aus ihrer Isolation führte. In der Wahrnehmung Anderer war sie längst zu einer Ikone geworden, besonders in der Welt des feminin geprägten Teils der politischen Öffentlichkeit, in der Frauen mit Charisma allmählich nach oben strebten.
Der Name, für den wir uns bei der Geburt unserer Tochter seinerzeit entschieden haben, fühlt sich auch heute noch gut und passend an: Kassandra.