Was macht eine richtige Milf aus?

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Hagen

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Was macht eine richtige Milf aus?

Neulich erzählte mir eine junge Frau in den Dreißigern, die ich aus meinem Literatenkreis kenne, dass sie da so einen interessanten Moment mit einem 18-Jährigen hatte. In einer Bar, rauchend, trinkend, Konversation betreibend. Er habe sie dabei die ganze Zeit so, naja, fasziniert angeschaut und ein gewisses Love-interest nicht verbergen können.
Nun hat er sie aber nicht direkt angebaggert. Dafür war er zu schüchtern. Ein Angebot von ihrer Seite aber hätte er sofort angenommen.
Sofort.
Könnte sein, dass er sich an dem Abend heimlich nichts sehnlicher gewünscht hat, als dass diese heiße, interessante Frau Mitte 30 ihn an der Hand und mit nach Hause nimmt für die Nacht, vielleicht für noch ein paar Nächte mehr. Das konnte man spüren, sagte die Frau. Zweitens hat es ihr der große Bruder dieses 18-Jährigen am Tag drauf auch noch unmissverständlich gesteckt: Der fand dich rattenscharf, was die Mittdreißigern, die sonst nur erotische Gedichte schreibt, unheimlich prickelnd fand.
Auf der Rückfahrt vom Literatentreffen machte ich mir so meine Gedanken, sowas sollte ich in meinem potentiellen Weltbestseller unterbringen!
Die Situation ist deshalb ja etwas ungewöhnlich, weil die Norm doch eher die umgekehrte Situation ist: Ältere Jungs stehen auf jüngere Mädchen. Jüngere Mädchen stehen auf ältere Jungs. Auch ganz generell gilt ja immer: Alte Männer haben ein größeres Attraktivitätspotenzial als alte Frauen. Aber irgendwie habe ich trotzdem das Gefühl, diese beschriebene 18-Jähriger-verzehrt-sich-nach-Mittdreißigerin-Begegnung kein Einzelfall ist. Da gibt es eben doch irgendeine erotische Knisterei zwischen jungen Typen und älteren Frauen. Die habe ich noch nicht ganz verstanden.
Die einfache Antwort wäre jetzt: Sexistische Mädchen, haben auch das Recht auf ein Pendant zu einer 'Bill-Murray-Sehnsucht'!
Aber ist es wirklich so einfach?
Kann man das so simpel erklären?
Ich habe das Gefühl, da schwingt noch etwas anderes mit. Ich denke da unter anderem an das Buch „Der Vorleser“.
Ich spüre auf Seite der Frauen so eine etwas untypische Sehnsucht nach Passivität und Dasein als williger Untertan, so eine fast schon masochistisch-erotische Lust am Braver-Zögling-sein.
Zumindest auf Zeit.
Denn auch das ist interessant: Die Kombi junger Typ und ältere Frau kenne ich eher aus Affären als aus langfristigen Beziehungen.
Und dann ist da noch der Eindruck, als sei so ein Verhältnis mit einer älteren Frau auch eine Art ‚Ritterschlag‘ für junge Männer.
Hm!
Man sieht: So richtig gut passt das für uns alles nicht zusammen. – Oder doch?
Aber wie denn nun?
Das Thema ist nämlich tatsächlich etwas komplexer, funktioniert auf mehreren Ebenen und hängt vom Alter ab; - vom Alter der Frau.
Grobe Faustregel mal vorab: Fünf Jahre älter geht immer.
Zehn Jahre älter geht bis 30 immer und wird dann langsam Geschmackssache.
20 Jahre älter wird spätestens ab 20 deutliche Geschmackssache.
Geschmackssache ist wertfrei. Und „geht immer“ verändert seine Bedeutung mit dem Alter. Weil: Die ältere Frau müsste mal versuchen, sich in so einen 18-Jährigen reinzubeamen. Mit etwas Glück hat er die Pickel gerade gegen ein bisschen Bart eingetauscht. Wahrscheinlich ist das eine aber noch nicht so richtig weg, und das andere noch nicht so richtig da. Was in Summe viel Talg im Gesicht ergibt.
Wahrscheinlich hat er schon ein bisschen Sex gehabt, mit etwas Pech aber auch noch nicht. Wenn er schon Sex hatte, reden wir wohl auch eher von einem Glückstreffer – er hatte schon mal eine Ausstrahlung, die souverän/nett/überzeugend/attraktiv/cool/süß rüberkam um zu gefallen. Aber was er dafür jetzt genau richtig gemacht hat, weiß er noch nicht, weiß er später auch nicht wirklich, aber vielleicht ein bisschen mehr, oder ahnt es zumindest. Ging mir genauso, in meiner Jugend. Lang, lang ist’s her, aber jetzt kann ich mir in hohem Alter endlich mal Gedanken über dieses Phänomen machen.
Der junge Mann ist also in aller Regel noch halbfertig, und der älteren Frau gegenüber in der Entwicklung noch immer etwa fünf oder mehr Jahre hinterher. Ging mir damals auch so. Und wenn er, weil er früher gereift ist, schon aufgeschlossen hat, kann er sich an das Gefühl, hinterher zu sein, meistens noch erinnern. Ergo: schüchtern.
Und jetzt steht er da also, versucht, souverän zu rauchen und Bier aus der Flasche zu trinken, und hat diese Frau vor sich, die ihn an sexueller und Lebenserfahrung mannshoch überragt. Ja, was meint er denn?!
Die strahlt das doch was aus. Und wie. Und in so einem ungleichen Verhältnis gleich noch mehr!
Die wäre auch so „rattenscharf“ (sollte ich vielleicht wieder öfter benutzen, das Wort!).
Aber sie ist natürlich mehr. Sie wäre, nähme sie ihn tatsächlich mit, die absolute, reine Vergewisserung seiner nahen oder womöglich sogar schon erfolgten Reife. Der letztgültige Beweis: Knabenliga ist rum – von hier an Herrentennis, Golf und ein Wagen, der im Trend liegt!
Das Prinzip funktioniert locker ein paar Jahre. Und ja, da können schon Spuren von „Der Vorleser“ enthalten sein. „Passivität und Dasein als williger Untertan“ – meinetwegen.
Außerdem gibt’s ja auch wirklich was zu lernen, von so einer rattenscharfen Mittvierzigerin. Aber das Coming-of-Age-Element ist größer. Eigentlich lässt sich das mit der größeren Erfahrung, die wir bei älteren Frauen suchen, auch auf höhere Altersstufe heben. Nur eben mit anderem Hintergrund. Erfahrung macht ja alles leichter. Oder wohl besser: routinierter. Vor allem im Zwischenmenschlichen.
Da vor allem die Unverbindlichkeit: „Die Kombi junger Typ und ältere Frau kenne ich eher aus Affären, als aus langfristigen Beziehungen“.
Ich glaube, die Beobachtung stimmt. Und ich glaube, dass es kein Zufall ist. Vermutlich suchen junge Männer bei einer älteren Frau meistens Unverbindlichkeit, weil das unkomplizierter erscheint. Weil die Codes klarer sind. Glauben wir zumindest. Mit 35 weißt du halt, junger Mann, dass nicht jeder Barflirt sofort eine Beziehung werden muss. Und du scheust dich nicht, das auch klar zu sagen.
Und mit 40 suchst die Dame, hoffen wir mal, keinen Kindsvater, wenn sie sich ‘nen 25-Jährigen aufreißt, sondern Spaß!
Spaß ist ja toll. „The older the berry, the sweeter the juice“, rappt der prolligere Bruder aus „The Empire“ über seine Cougar-Freundin (gespielt von Naomi Campbell).
Erfahrung.
Routine.
Spaß.
Wir wollen das zumindest mal glauben.

Ach so: Da sind wir jetzt natürlich nur im Kosmos „Bars und Rauchen und Flaschenbier und so“. Richtige Beziehungen sind wieder was ganz anderes. Die muss ich gelegentlich noch mal gesondert behandeln.
Männer, ihr wollt eine Milf ja auch nicht unbedingt gleich heiraten, oder?
 

Cafard

Mitglied
Hagen, Hagen, Hagen, was hast du nur für Gedankengänge! Was soll ich sagen, so eine richtige love-affair ist schon das Schönste, nicht ohne love, wenn du mich fragst, Milf hin oder her!
 

Hagen

Mitglied
Hallo Cafard,
schön, dass Du Dich mit meinem Text beschäftigt hast.
Danke dafür.
Aber es sind eigentlich nur allgemeine Betrachtungen.
Meine Gedankengänge findest Du zufällig auf 'Humor und Satire'.

Ich habe die Nummer mit der MILF nur mal versucht literarisch aufzuarbeiten, was mir wieder mal, wie so vieles, nicht gelungen ist.
Auf Grund meines hohen Alters ist es für mich unmöglich mit einer MILF rumzumachen, außerdem habe ich eine wunderbare Frau, die liebe Lydia. (Protagonistin mancher meiner Geschichten)

Aber nix für ungut,
wir lesen uns!

Liebe Grüße
Yours Hagen.

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nichts endet wie geplant!
 



 
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