Waschmaschine

Tim van Laan

Mitglied
Manchmal sitze ich in meinem Keller auf dem Boden und schaue meiner Waschmaschine zu. Unerschütterlich dreht sich die Trommel, als versuche sie immer wieder aus ihrem weißen Käfig zu fliehen. Je länger der Waschgang andauert, desto energischer werden die Fluchtversuche. In kleinen Pausen sammelt sie kurz neue Energie und dreht sich dann immer und immer schneller um die eigene Achse, bis der weiße Plastikkäfig wackelt und quietscht,bis der Boden vibriert und der Inhalt schäumt. So steigert sie sich, bis man das Gefühl hat, gleich würde das ganze Konstrukt zerbersten und in hunderte Einzelteile zerfallen. Doch genau in diesem Moment weicht die Energie aus der Bewegung und die Trommel dreht noch langsam aus, bis sie wie zu Tode erschöpft zum Erliegen kommt und sich wieder einmal damit zufrieden geben muss.

Ich erwische mich dabei, dass mir meine Waschmaschine leid tut.

Doch mir bleibt nicht allzu viel Zeit darüber nachzudenken, denn schon hat etwas Anderes meine Aufmerksamkeit erregt. Von der Ecke, in der die Maschine steht geht nun eine Ruhe aus, die nach und mach den ganzen Raum erfüllt. Durch das kleine Fenster in der Klappe sehe ich das Wasser einige Zentimeter tief in dem Innenraum ruhen. Langsam treiben die Socken und Unterhosen darin umher und stoßen sachte gegeneinander. Als ein Sonnenstrahl auf das Wasser trifft und sich die Farben der Kleidung in der Wasseroberfläche brechen, sieht es aus, als wäre in meinem Waschkeller, hinter dem kleinen Fenster, gerade die Sonne aufgegangen.

Ich erinnere mich an eine Art Teich, den ich mal auf einer Reise mit Freunden irgendwo in Mittelamerika gefunden habe. Barfuß waren wir kilometerweit durch hohes Gras und schlammigen Untergrund gestapft, als wir in einem kleinen Wäldchen eine Sonnenpause einlegen wollten. Da eröffnete sich uns auf einmal ein atemberaubender Anblick zwischen den Bäumen, denn mitten in des kleinen Waldes schimmerte ein türkiser See vor sich hin. In absoluter Stille gelegen, fügte er sich zwischen die Bäume und bot Lebensraum für unzählige bunte Fische. An den Ufern ragten die Tropenbäume ihre Fühler ins Wasser, als wollten auch sie sich abkühlen und wir schlüpften schnell in unsere Badeshorts und ließen uns kurz darauf im Wasser treiben. Bis auf den Grund konnte man sehen, so klar war das Wasser und am Boden erkannte man größere Fische ihre Bahnen in der Dunkelheit ziehen. An den Füßen kitzelten uns die kleinen Fischchen, an der Nase die Sonnenstrahlen, die durch die Urwaldkronen brachen. Mehrere Stunden verbrachten wir hier, ließen uns immer wieder zum kleinen Fluss treiben, den die Oase speiste und watschelten wieder zum Ausgangspunkt. Dann ließen wir unsere Haut in der Sonne trocknen, sogen die magische Kulisse noch einmal auf und setzen unsere Wanderung leichten Schrittes fort.

“Klick” macht es in diesem Moment und ich zucke etwas zusammen. Dann realisiere ich, dass lediglich die Tür entsperrt wurde und ich die Wäsche entnehmen kann. Also drücke ich mit der linken Hand vom kalten Betonboden hoch und stopfe meine Wäsche in den Korb. Langsam gehe ich zu Tür und blicke noch einmal zu der Waschmaschine. Manchmal, denke ich, könnte sie auch ruhig ein wenig länger laufen.
 

petrasmiles

Mitglied
Lieber Tim,

deine hübsche Geschichte wäre mir fast entgangen.
Anfangs habe ich den Wechsel vom Waschkeller in den Urwald ein bisschen ruppig empfunden, aber am Ende ist es doch eine runde Sache!

Gerne gelesen.

Liebe Grüße
Petra
 



 
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