Wasserspiele

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aliceg

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Wir hielten uns an keinen strukturierten Tagesablauf. Wozu auch? Solange wir uns die Nächte nicht um die Ohren schlugen, und noch irgendwann morgens aus den Federn kamen, fand alles Notwendige am Tag seinen Platz.
Eine Haushaltshilfe ging mir zur Hand, damit ich nicht wertvolle Zeit vertat, die ich lieber mit Ronnie verbringen wollte. Hier konnte er sich gründlich wochenlang entspannen und regenerieren, ohne aufdringliche Fans oder neugierige Presseleute. Vor allem ohne seine ihm manchmal auch lästig fallenden Bodyguards, nicht nur an kalifornischen Drehtagen. Künstlerherz, was willst du mehr? Heimweh? Was ist das?

Er hatte viel Zeit zum Relaxen, zum Musikhören, zum Lesen in seiner Poesiesammlung. Er las mir sogar Shakespeare Sonetten vor, weil ihm das gehobene Altenglisch so gut gefiel. Das ist mit ein Grund für seine Liebe zu Spirituals und Gospels. Nur selten wollte er globale Nachrichten im TV schauen. Einmal pro Woche ließ ich ihn via Fernamt nach Hause verbinden zur Nachfrage, ob alles okay sei. Einmal telefonierte er so zum Spaß:
"Ich komme nicht wieder, werde jetzt Europäer, was ich von meinen Wurzeln her sowieso bin. Love you all and good luck!" Das passte zu ihm!
Bei mir dachte ich: Lass doch deine oberflächlichen Amerikanerinnen endlich links liegen! Die tun dir allesamt nicht gut. Ich, als "Wiener Madl mit vü' G'füh", kann mein Innenleben mit deinem verschränken, wir glauben ja beide an die unsterbliche Seele. Vielleicht kennen wir uns sogar schon aus früheren Zeitläufen? Wir sind seelenverwandt, da bin ich mir ganz sicher. Das sollte auch ihm bald bewusst werden.

Es kamen ein paar Hitzetage, Hundstage wie wir sagten, und rundum kein Pool in Sicht.
"Gemma bodn!", klang der wienerische Schlachtruf.
"Hähh??"
"Let's have fun down by the riverside. You can learn waterskiing!"
"Oh, yes. I practised it in some of my movies. Hope, I didn't forgot the rules. Yes, fine, let's go!"

Wir schnappten unser Badezeug und die Räder. Ich band mein Haar zu einem Pferdeschwanz und seines im Nacken zu einem Samurai-Schwänzchen. Von allen seinen neueren Frisuren stand ihm die am herzigsten. Ich küsste ihn spontan, weil er so lieb damit aussah.

Dann landeten wir im Strombad in einer Luxuskabine. Diese wählten wir, weil die üblichen Garderoben streng nach Frauen und Männern getrennt waren.
Da wir beide keine guten Schwimmer waren, verpasste uns der Wasserski-Lehrer Schwimmwesten. Ronnie stellte sich durch seine Vorkenntnisse geschickter an als ich, die ich etliche Male einen Ski abstreifte. Also bekam ich ein freigewordenes Wakeboard. Dann endlich konnte ich ohne Absturz parallel zu ihm übers Donauwasser flitzen. Der Donauwalzer würde jetzt schön passen ...
Den konnten wir erst abends zuhause erklingen lassen. Das Wasserskierlebnis gefiel Ronnie so gut, dass wir es in den Hitzetagen öfters wiederholten.

Die Küchendüfte wirkten auf ihn, die Naschkatze, auch speziell anziehend. Ich werkte an einem Teig für Himbeer-Palatschinken, und zauberte eine probeweise aus der Pfanne. Ronnie setzte sich in die Essecke und wollte sie unbedingt gleich probieren. Und dann verlangte er more, more, more, wollte keineswegs länger warten bis das Abendessen im Wohnraum serviert wurde, sondern verdrückte gleich einige, extra für ihn frisch gemachte. Als Köchin freute ich mich natürlich, dass es dem Leckermäulchen schmeckte. Ich glaube, die Donauluft war für ihn so appetitanregend. Zum Kalorienabbau gab's jedenfalls Gelegenheit genug.

Wir erinnerten uns daran, als Ronnie mich zum Abendessen zu sich eingeladen hatte, und ich mich dann mit seinen anderen Gästen einen Stock tiefer in den Fernsehraum begeben hatte, während seine Hausangestellten sauber machten und die Geschirrspüler füllten.
"Hat's geschmeckt, Babe?"
"Ja, danke, es war köstlich, danke dir vielmals. Warum bist Du so lieb?"
Würde er sich jetzt selber einen Orden umhängen wollen? Nein, ganz und gar nicht. Seine bescheidene Antwort:
"Es ist nicht schwer. Wenn du jemanden eine Freude machen kannst, so tu es. Das war immer unser Familienmotto."
Dafür musste ich ihn umarmen, und zwar ausgiebig. Ich war nicht mehr hungrig. War satt gegessen. Aber umso hungriger nach ihm. Nach seiner Nähe, nach seiner Wärme, nach seiner Zärtlichkeit, nach seinem Sex.
Wir stiegen in die Unterwelt. Im Untergeschoß könnte ein Weinkeller sein, ein Hobbyraum, ein Musikzimmer, eine Bar oder eine Partylocation ... - es war all das in einem. Hauptsächlich aber ein Heimkino mit Wintergarten.
"Willkommen in meinem eigenen Dschungel", sagte er ganz stolz.

In einer Ecke prangte jede Menge Grünzeug plus ein Zimmerbrunnen in Wasserfallgröße. Jeder, der länger daneben stand, bekam von dem Geplätscher automatisch einen Blasendruck. Ob das Absicht war oder nur ein zufälliger Nebeneffekt? Mein Geschmack war das Ding nicht - aber Ronnie zeigte eine solche Freude darüber wie ein Kind über ein Geburtstagsgeschenk obwohl es gar nicht Geburtstag hatte. Da hineinzuschneiden brachte ich einfach nicht übers Herz.

"Im Hitzesommer sprüht's angenehm kühl hier, you know."

"Na hoffentlich stört das nicht den Konzertflügel da gegenüber", konnte ich mir nicht verkneifen.

Für sein Wohlbefinden sollte er lieber hinauf gehen und sich im Baumschatten in eine Hängematte flachsen. Im nächsten Eck, nicht weit von der Bar thronte ein Fernseher im Riesenformat. Über den Bildschirm flimmerte die 'Enterprise' in der x-ten Wiederholung. Und alle in ihren Lederlehnsesseln schauten gebannt zu, wie Captain Kirk seine Abenteuer meisterte. Ronnie liebte diese Serie und spielte manche Szenen nach. An solchen Tagen wusste man nie genau, ob er für seine eigenen Filmszenen probte oder nicht. Wir kuschelten uns in das lauschige Zweierbänkchen ganz hinten. Vorne herrschte indes lautes Geschwätz.
"Hey, Corinna", klatschte Ronnie in die Hände, "leiser, bitte!"

Er legte Wert auf Kinoatmosphäre, welche er im Original ja nicht genießen konnte. Wer störte, weil ihn das Programm nicht interessierte, wurde ersucht, sich zu einem der anderen Fernseher in anderen Räumen zu begeben, um dort anzuschauen, was ihm oder ihr besser gefiel.

"Willst du was trinken, Babe?"
Ohne meine Antwort abzuwarten geht er zur Bar und kommt mit zwei Drinks wieder, 'Sweet Dream' benannt. Mit Trinkhalm, süßlich, Farbe und Geschmack undefinierbar aber nicht schlecht. Nach Art des Hauses eben. Er legt den Arm um mich. Jetzt geht das Teenagerspielchen los:
"Wie schmeckt deines? Lass mich kosten, hmm. Willst du meines probieren?"
Er kann so herzlich und so zuvorkommend sein, dass man ihm einfach alles verzieh, auch jeden Blödsinn. Fad wurde es mit Ronnie sowieso nie. Allein schon wegen der Sprachbarriere. Sein US-Amerikanisch ist zeitweise für mich unverständlich und er hat von meinem wienerisch eingefärbten Deutsch trotz seiner rudimentären Deutschkenntnisse natürlich keinen Dunst. Also war bei mir Englisch gefordert. Im Dunklen kann ich jetzt auch in meinem Taschendictionary nichts nachschlagen. So redeten wir manchmal in unserem Zweisprachenmix total aneinander vorbei, aber dafür stimmten wir so einige Male gedanklich exakt überein. Anstrengend zwar, aber auch ganz reizvoll. Und wir lachten viel zusammen.
Später dann, wenn er öfters Übertragungen von American Football anschaute, die mich naturgemäß wenig bis gar nicht interessierten, wollte ich ihn nicht alleine lassen und setzte mich zu ihm aufs Zweierbänkchen. Ich legte meinen Kopf in seinen Schoß, ließ die Beine am Boden und machte es mir trotzdem sehr bequem auf meinem Lieblingsplatz im Privatkino.

Nach dem cocktailklebrigen Fernsehabend sagt er plötzlich: "It's so cosy warm outside. Let's have a moonlight swim. Come on!"
Wir schlüpfen an den Anderen vorbei. Er wünscht ihnen noch:
"Have a good nite", und informiert sie, dass sie auf uns nicht mehr zu warten brauchen.
Warum will er jetzt um Mitternacht schwimmen gehen? War da nicht tagsüber Zeit genug dafür? Aber es ist mondhell, keine zusätzliche Beleuchtung nötig, und es ist sommerlich warm. Außerdem ist der Pool noch leicht beheizt. Er geht zu einer Relaxliege, wo er seine Kleidung komplett ablegt, dann zur Einstiegsleiter.
"Komm, zieh dich aus oder willst du angezogen schwimmen? Wir spielen jetzt Adam und Eva. Wo kannst du das noch außer hier?"
Meines Wissens nach hatten die keinen Pool. Aber vielleicht einen paradiesischen Teich?

"Komm her zu mir, ich setze der Eva meine Basecap auf, damit ihr Haar nicht nass wird."
Genaugenommen war mir gar nicht nach Schwimmen, aber er wünschte es sich eben, deshalb wollte ich nicht herumzicken. Und er zeigte sich so rührend fürsorglich. Er bändigte meine Haare in der enger gestellten Kappe und zeigte sich mit dem Ergebnis zufrieden.
"So, fertig. Lieb schaut das aus. Du bist ein schönes Mädchen, warum bist du so scheu? Du hast einen schönen Körper."
"Du auch, Ronnie, du auch."
Sogar unbekleidet machte er eine gute Figur. Von oben bis unten wohlproportioniert, jedes Pixel perfekt so wie in seinem Gesicht. Selbst vor Michelangelos David brauchte er sich nicht zu verstecken.
Es knisterte immer wieder zwischen uns. Genau jetzt war so ein Moment.
Was für eine Traumsequenz!
Er und ich nackt vor seinem Swimmingpool. Und wir machen uns gegenseitig Komplimente über unser Aussehen. Er lächelt.
"Ich würde jetzt gerne mit dir Hand in Hand da reinspringen, aber ich tue es nicht, sonst hätten wir beide klatschnasse Haare im Bett, was nicht so gut wäre. Wir steigen ohne Eile die Leiter hinunter. Du zuerst, Al!"
Ich verschmelze mit dem lauen Wasser. Im flachen Teil, wo ich noch bequem stehen kann, nehme ich ihn mit offenen Armen in Empfang. Obwohl ich es gerne möchte, drücke ich mich jetzt nicht zu sehr an ihn, um ihn nicht körperlich herauszufordern. Er erwidert meine Umarmung.
"Kannst du schwimmen, Sweety?"
"Du fragst aber früh danach! Nicht wie eine Rettungsschwimmerin, aber um nicht zu ertrinken reicht es, und du?"
"Genauso. Hab es für Dreharbeiten erst erlernen müssen! Also, let's go!"
Wir schwimmen parallel nebeneinander. Weil er krault, ist er früher am tiefen Ende bei der zweiten Einstiegsleiter. Dort hält er kurz inne bevor er umdreht und mir entgegenschwimmt. Genau auf meiner Bahn. Du Schlingel, ich weiche jetzt nicht aus! Er auch nicht. Als er nah genug ist, gibt er mir einen raschen Kuss:
"Ich konnte nicht anders, du schaust so lieb aus, Whitekäppchen."
Normalerweise würde ich ihn jetzt nass spritzen, das, was er ja verhindern wollte. Seine Haarspitzen triefen sowieso schon. Also drehe ich auch um, schwimme mit ihm zurück in die Seichtzone, wo ich wieder aufrecht stehen konnte. Das machte die Schmuserei einfacher. Unsere nassen Körper umschlingen sich, den Teil unter Wasser hält jetzt er dicht an mich gepresst. Das fühlte sich nicht mehr wie bloßes Necken an, da mischte sich schon eine ordentliche Portion exzessives Verhalten hinzu. Unglaublich, wie schnell ein Mann auf Touren kommen konnte. Lässt er sich noch einbremsen? Das Letzte was ich wollte, war unter Wasser mit ihm zu ersaufen.
Da schon lieber an Land unter ihm in Ohnmacht fallen.
 
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