Hey Aniella,
das freut mich sehr, dass sich über meinen Input ein wechselseitiger Austausch anbahnt und somit das "Kerngeschäft" der Leselupe, die Textarbeit, zu seinem Recht kommt.
Zunächst einmal: Ich finde Deinen Plan sehr gut, Dich einmal in verschiedenen "festen Formen" zu versuchen!
Der Limerick ist dabei m. E. (folgt eine etwas provokante These) eine viel anspruchsvollere Form als das Sonett (das ich gleichwohl sehr liebe, während ich mit dem Limo immer etwas fremdele).
Die große Schwierigkeit beim Limerick besteht, wie ich finde, darin, dass hier zwingend ein (mehr oder weniger) lustiges Gedicht "gemacht" werden soll, dass aber die rasante äußere Form den "Gag-Schreiber" ganz schön unter Druck setzt. In den ersten beiden Zeilen denkt man noch, man hätte relativ viel "Zeit" den Witz vorzubereiten und dann gehen einem Ruckzuck die Silben aus, um den Spaß irgendwie dingfest zu machen.
Da man aber ja an Herausforderungen wächst, ist das Schreiben von Limericks eine hervorragende Übung darin, Form und Inhalt gefällig miteinander zu verknüpfen.
Zu Deinen Rückfragen:
Mit dem "Flow" meinte ich einfach die Limerick-spezifische Abfolge betonter und unbetonter Silben. Klassischerweise sollen die Zeilen 1, 2 und 5 in einem dreihebigen und die Zeilen 3 und 4 in einem zweihebigen Anapäst verfasst werden. Da es im Deutschen aber sehr schwierig ist, eine Gedichtzeile mit zwei unbetonten Silben hinter einander zu beginnen (was der Anapäst fordern würde), darf man im Sinne der Form-Entspannung auch mit einem auftaktischen Daktylus oder einem Amphibrachys sein Glück versuchen oder auch etwas verschliffene, nicht so genau definierbare Rhythmen verwenden. Entscheidend ist nur, dass in allen Zeilen rhythmische Passagen mit zwei unbetonten Silben hintereinander eingebaut werden. In Deinem Beispiel kann man, wenn man das "zu" betont die beiden ersten Zeilen durchgängig jambisch vortragen, also mit einem steten Wechsel unbetonter und betonter Silben (mithin ohne, dass wenigstens einmal zwei unbetonte Silben hinter einader folgen) und das ist nicht ganz im Sinne des Limericks.
Was den Aspekt der Humor-Generierung angeht, so muss eine Handlung keineswegs besonders logisch sein, um eine lustige Wirkung zu erzielen. Gerade der "absurde Humor" erzielt ja seine komische Wirkung durch unlogische und schräge Handlungsentwicklungen. Aber natürlich gibt es auch Möglichkeiten, "lustig" zu schreiben und dennoch einem "sinnvollen" Handlungsfaden zu folgen. Humortheorie ist aber ein wirklich kniffliges Feld.
Ich würde im Rahmen der Textarbeit vorschlagen, zunächst einmal die formalen Aspekte des Limericks zu betrachten und den Humorbereich dann im zweiten Anlauf in Angriff zu nehmen.

Ist aber nur ein Vorschlag. Ginge auch sehr gut genau anders herum, da habe ich nur keine Vorstellung, wie flexibel Du bei der Handlung bist, die sich hier abspielen soll.
Das ist ja bei allen festen Formen immer die Frage bei der Komposition: Gehe ich erst von einer bestimmten Handlung aus, die ich gerne lyrisch darstellen möchte und passe dann die Sprache so an, dass die formalen Vorgaben zu Reim und Rhythmus eingehalten werden oder folge ich primär den formalen Vorgaben und passe dann den Inhalt entsprechend an.
Ich versuche es jetzt mal mit einem Limerick, welcher ungefähr Deiner inhaltlichen Vorgabe folgt und passe primär nur das Metrum an. Und weil ich in Dialekten ein Versager bin, mach ich das erstmal auf Hochdeutsch.
Vielleicht lesen hier ja Berlinerisch begabte Menschen mit, die sich um eine entsprechende Anpassung bemühen können?
Ich kannte dereinst in Berlin
ein Mädchen, das roch nach Benzin.
Und ich rief: "Wie Du müffelst!
Ich glaube, Du schnüffelst!".
Doch sie meinte: "Mir reicht Kokain.".
Jetzt sind die Zeilen 1 und 2 auftaktische und katalektische Daktylen mit drei Hebungen (oder einfacher, wenngleich für mich nicht ganz stimmig, ausgedrückt: Dreihebige katalektische Amphibrachyien).
Die Zeile 3 ist ein hyperkatalektischer zweihebiger Anapäst.
Die Zeile 4 ist ein zweihebiger Amphibrachys.
Und die Zeile 5 ist ein etwas undurchsichtigerer Fall, kann aber "zur Not" durchgängig als dreihebiger Anapäst gelesen werden.
Damit sind jetzt alle Gedichtzeilen mit den nötigen "Doppelunbetonungen" ausgestattet, also sogenannten Senkungsprallen.
Inhaltlich sind Mama und Papa allerdings untern Tisch gefallen. Ich hatte das Gefühl, dass die eine unnötige "Nebenhandlungsebene" generieren und der Platz dann einfach nicht reicht, alle vier Personen vernünftig "unterzubringen". Im Rahmen der Textarbeit geht es aber genau um solche Fragen. Wenn Du gegen die Entparentisierung der Zeilen Einspruch erheben möchtest nur zu. Dann hüpfen die Eltern wieder mit an Bord.
Wobei ich den variierten Limo sowieso noch nicht so richtig Lustig finde. Das kann also eh noch nicht das Ende vom Lied sein. Vielleicht gibt es ja zur Humor-Erzeugung in diesem Fall noch zündende (Vorsicht: Benzin!) Ideen?
LG!
S.