Weinachtsmarkt
Geklaut bei Duisburger und eisfisch
Kalt ist es. Saukalt. Aber das muss so sein auf einem richtigen Weihnachtsmarkt, hat man mir gesagt. Ich habe in der Adventszeit immer das Gefühl, die Standbetreiber haben einen geheimen Draht zu Gott, zum Weihnachtsmann, Petrus oder sonst wem, denn sobald der Weihnachtsmarkt seine Pforten öffnet, sinken die Temperaturen rapide. Aber vielleicht ist das ja auch nur an dem einen Abend so, wenn ich mit der Familie meinen Pflichtbesuch absolviere.
Ganz bestimmt sogar.
Alles ist hell erleuchtet. Die Stände scheinen sich in Sachen Helligkeitskoeffizienten gegenseitig übertreffen zu wollen. Von wegen Energie sparen. Gelobt sei, was hell macht. Dummerweise habe ich die Sonnebrille im Auto gelassen, aber sicherlich kann ich hier eine Skibrille kaufen. Dieses Jahr hielt es einer der Stadtoberen für eine grandiose Idee, mitten in der Fußgängerzone, wo sich der Weihnachtmarkt mit seinen Buden traditionell platziert, ein Riesenrad aufzustellen. Selbstverständlich auch extrem beleuchtet. Sieht aus wie ein sich drehender Kronleuchter, dem man zu starke Birnen gegönnt hat. Den Bezug dieser Kirmesattraktion zum Weihnachtsfest hätte ich gelegentlich mal eingehend erläutert bekommen. Von wem auch immer. Also ignoriere ich das Ding und versuche, die besondere Stimmung dieses Platzes auf mich wirken zu lassen.
Da ist zum Beispiel diese einmalige Geräuschkulisse, die mich immer wieder fasziniert und gleichzeitig an meinen Nerven zerrt. Das ist so eine extrem laute Mischung aus traditionellem Weihnachtsgesang, schlecht gestimmten Geigen, untalentierten Trompetern und dem vollkommen unchristlichen Gedudel aus dutzenden Standlautsprechern, die selbstverständlich samt und sonders unterschiedliche Lieder zum Besten geben. Als wäre das nicht schon grausam genug, entblöden sich immer wieder ein paar Hobbymusiker für den schnellen Euro mit der ungefragten Darbietung von haarsträubenden Interpretationen weihnachtlicher Werke, das mangelnde Talent selbstbewusst durch Lautstärke übertönend. Natürlich hat keiner von ihnen eine behördliche Erlaubnis, sie wäre ihnen auch nach dem Vorspielen vorsorglich auch für die Zukunft entzogen worden.
Und immer, wenn wir in die Nähe einer Weihnachtsmelodie kommen, singt meine Frau unserer Vierjährigen das Lied vor, damit sie es lernt. Bei uns werden vor der Bescherung nämlich immer Dutzende Weihnachtslieder gesungen, Vom Himmel hoch und Ihr Kinderlein kommet. Dabei habe ich an der einen Tochter vollkommen genug.
Zum Dreigestirn eines weihnachtsmarktlichen Stimmungsbildes gehört selbstverständlich auch der Geruch. Diesen Geruch gibt es in dieser Ausprägung nur einmal im Jahr. Da mischt sich der herbe Duft von Glühwein einvernehmlich mit den Bratfettausdünstungen diverser Friteusen, wird verfeinert vom süßlichen Aroma gebrannter Mandeln und sanft unterstrichen vom würzigen Gluthauch der Holzkohlengrille, auf denen angekokelte Bratwürstchen seit Stunden vor sich hinbrutzeln. Möchte wissen, wer die isst. Der Geruchsorkan ist fast unerträglich.
Die meisten Leute scheint das alles nicht zu stören, ebenso wenig wie die vollkommen überteuerten Waren. Die Fellhandschuhe, die ich nebenan im Kaufhof für die Hälfte, aber in wesentlich besserer Qualität bekomme, werden auf dem Weihnachtsmarkt gekauft, als würden sie dadurch besser warm halten.
Aber egal. Es ist Weihnachten und der Weihnachtsmarkt ist Tradition, wie auch die vielen Weihnachtsmänner in den schlecht sitzenden Kostümen und das vermehrte Auftreten von Taschendieben, die sich abgesehen von den offenen Herzen der Menschen auch über jede Menge offener Taschen, Beutel und Jacken freuen.
Nach einer halben Stunde gemächlichen Schlenderns im Kreise meiner Familie nehme ich das alles nur noch als Gesamtbild wahr. Dann beginnt das Töchterlein zu betteln. Sie will mit dem Riesenrad fahren. Meine Frau hat Höhenangst, also muss ich mich opfern. Nach zwei Runden bleibt das Gefährt mit einem Ruck stehen. Natürlich befinden wir uns ganz oben. Die Kabine schaukelt leicht. Das ist gut, damit kann ich die Kleine ablenken. Wer weiß, wie lange wir hier sitzen müssen, bis das Ding repariert ist. Plötzlich sehe ich, dass mein Kind abwechselnd rot und blass wird. Ich will etwas sagen, will sie streicheln, aber ich kann mich nicht bewegen.
Irgendwann stehen wir wieder auf der Straße. Auf dem Heimweg ist unser Irrwisch so brav wie nie zuvor. Als ich sie zu Bett bringe, erzählt sie mir, dass das Riesenrad stehen geblieben war, weil der Weihnachtsmann mit seinem Schlitten dagegen gestoßen war. Und weil sie das als einzige gesehen hatte, durfte sie mit ihm fahren zu den himmlischen Werkstätten, wo die Weihnachtsgeschenke hergestellt werden. Sie sagte, sie habe das Christkind gesehen und viele, viele Englein, die alle sehr freundlich zu ihr waren.
Deshalb also hatte ich mich nicht bewegen können, damit das Kind in diesem Abenteuer nicht gestört wird. Na, da hat wenigstens einer von uns den Zauber der Weihnacht verspürt!
Geklaut bei Duisburger und eisfisch
Kalt ist es. Saukalt. Aber das muss so sein auf einem richtigen Weihnachtsmarkt, hat man mir gesagt. Ich habe in der Adventszeit immer das Gefühl, die Standbetreiber haben einen geheimen Draht zu Gott, zum Weihnachtsmann, Petrus oder sonst wem, denn sobald der Weihnachtsmarkt seine Pforten öffnet, sinken die Temperaturen rapide. Aber vielleicht ist das ja auch nur an dem einen Abend so, wenn ich mit der Familie meinen Pflichtbesuch absolviere.
Ganz bestimmt sogar.
Alles ist hell erleuchtet. Die Stände scheinen sich in Sachen Helligkeitskoeffizienten gegenseitig übertreffen zu wollen. Von wegen Energie sparen. Gelobt sei, was hell macht. Dummerweise habe ich die Sonnebrille im Auto gelassen, aber sicherlich kann ich hier eine Skibrille kaufen. Dieses Jahr hielt es einer der Stadtoberen für eine grandiose Idee, mitten in der Fußgängerzone, wo sich der Weihnachtmarkt mit seinen Buden traditionell platziert, ein Riesenrad aufzustellen. Selbstverständlich auch extrem beleuchtet. Sieht aus wie ein sich drehender Kronleuchter, dem man zu starke Birnen gegönnt hat. Den Bezug dieser Kirmesattraktion zum Weihnachtsfest hätte ich gelegentlich mal eingehend erläutert bekommen. Von wem auch immer. Also ignoriere ich das Ding und versuche, die besondere Stimmung dieses Platzes auf mich wirken zu lassen.
Da ist zum Beispiel diese einmalige Geräuschkulisse, die mich immer wieder fasziniert und gleichzeitig an meinen Nerven zerrt. Das ist so eine extrem laute Mischung aus traditionellem Weihnachtsgesang, schlecht gestimmten Geigen, untalentierten Trompetern und dem vollkommen unchristlichen Gedudel aus dutzenden Standlautsprechern, die selbstverständlich samt und sonders unterschiedliche Lieder zum Besten geben. Als wäre das nicht schon grausam genug, entblöden sich immer wieder ein paar Hobbymusiker für den schnellen Euro mit der ungefragten Darbietung von haarsträubenden Interpretationen weihnachtlicher Werke, das mangelnde Talent selbstbewusst durch Lautstärke übertönend. Natürlich hat keiner von ihnen eine behördliche Erlaubnis, sie wäre ihnen auch nach dem Vorspielen vorsorglich auch für die Zukunft entzogen worden.
Und immer, wenn wir in die Nähe einer Weihnachtsmelodie kommen, singt meine Frau unserer Vierjährigen das Lied vor, damit sie es lernt. Bei uns werden vor der Bescherung nämlich immer Dutzende Weihnachtslieder gesungen, Vom Himmel hoch und Ihr Kinderlein kommet. Dabei habe ich an der einen Tochter vollkommen genug.
Zum Dreigestirn eines weihnachtsmarktlichen Stimmungsbildes gehört selbstverständlich auch der Geruch. Diesen Geruch gibt es in dieser Ausprägung nur einmal im Jahr. Da mischt sich der herbe Duft von Glühwein einvernehmlich mit den Bratfettausdünstungen diverser Friteusen, wird verfeinert vom süßlichen Aroma gebrannter Mandeln und sanft unterstrichen vom würzigen Gluthauch der Holzkohlengrille, auf denen angekokelte Bratwürstchen seit Stunden vor sich hinbrutzeln. Möchte wissen, wer die isst. Der Geruchsorkan ist fast unerträglich.
Die meisten Leute scheint das alles nicht zu stören, ebenso wenig wie die vollkommen überteuerten Waren. Die Fellhandschuhe, die ich nebenan im Kaufhof für die Hälfte, aber in wesentlich besserer Qualität bekomme, werden auf dem Weihnachtsmarkt gekauft, als würden sie dadurch besser warm halten.
Aber egal. Es ist Weihnachten und der Weihnachtsmarkt ist Tradition, wie auch die vielen Weihnachtsmänner in den schlecht sitzenden Kostümen und das vermehrte Auftreten von Taschendieben, die sich abgesehen von den offenen Herzen der Menschen auch über jede Menge offener Taschen, Beutel und Jacken freuen.
Nach einer halben Stunde gemächlichen Schlenderns im Kreise meiner Familie nehme ich das alles nur noch als Gesamtbild wahr. Dann beginnt das Töchterlein zu betteln. Sie will mit dem Riesenrad fahren. Meine Frau hat Höhenangst, also muss ich mich opfern. Nach zwei Runden bleibt das Gefährt mit einem Ruck stehen. Natürlich befinden wir uns ganz oben. Die Kabine schaukelt leicht. Das ist gut, damit kann ich die Kleine ablenken. Wer weiß, wie lange wir hier sitzen müssen, bis das Ding repariert ist. Plötzlich sehe ich, dass mein Kind abwechselnd rot und blass wird. Ich will etwas sagen, will sie streicheln, aber ich kann mich nicht bewegen.
Irgendwann stehen wir wieder auf der Straße. Auf dem Heimweg ist unser Irrwisch so brav wie nie zuvor. Als ich sie zu Bett bringe, erzählt sie mir, dass das Riesenrad stehen geblieben war, weil der Weihnachtsmann mit seinem Schlitten dagegen gestoßen war. Und weil sie das als einzige gesehen hatte, durfte sie mit ihm fahren zu den himmlischen Werkstätten, wo die Weihnachtsgeschenke hergestellt werden. Sie sagte, sie habe das Christkind gesehen und viele, viele Englein, die alle sehr freundlich zu ihr waren.
Deshalb also hatte ich mich nicht bewegen können, damit das Kind in diesem Abenteuer nicht gestört wird. Na, da hat wenigstens einer von uns den Zauber der Weihnacht verspürt!