Wenn die Kirschbäume wieder blühen

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Ich erinnere mich noch gut an jenen Tag im Frühling, im April, als die Kirschbäume in voller Blüte standen und wir zum ersten Mal händchenhaltend an der mit den Bäumen gesäumten Allee entlangspazierten. Mit leuchtenden Augen und einem wunderschönen Singsang in der Stimme erzähltest du mir von unserer Zukunft, maltest sie in leuchtenden Farben und küsstest mich auf einmal voller Wonne. Ich errötete vor Freude, drückte fester deine Hand und hörte dir andächtig weiter zu. Du erzähltest mir von unserem eigenen Garten und du sahst uns schon unter unserem eigenen Kirschbaum sitzen. "Nächstes Jahr, wenn die Kirschbäume wieder blühen", sagtest du und die Worte hallen bis heute in mir nach.
Seitdem ist kein Frühling vergangen, ohne dass wir uns unter Kirschblüten küssten. Heuer ist das erste Jahr, in dem ich alleine in unserem Garten sitze, unter dem Kirschbaum, den du nach unserer Hochzeit als ersten gepflanzt hast und der nun schon fünfzig Jahre überdauert hat. Ich schaue in den blauen Himmel über mir und frage mich, ob du mir von dort oben wohl zusiehst oder vielleicht sogar ganz nah bei mir bist. Und ganz von selbst formen meine Lippen lautlose Worte.
"Bald bin ich bei dir. Nächstes Jahr, wenn die Kirschbäume wieder blühen."
 

Blumenberg

Mitglied
Hallo Silberne Delfine,

hier ist dir ein melancholischer kleiner Text gelungen, dessen Idee und Erzählstruktur mir gut gefällt. Insgesamt ist das Ganze für meinen Geschmack auch nicht zu sehr ins Reißerische gekippt, was bei so einem Thema schnell geht.

Angenehm das dieser Text ohne Füllwörter auskommt, das hatte mir beim letzten ein bisschen den Spass am Lesen verleidet. Ich hab aber trotzdem zwei kleine Anmerkungen:

"Mit leuchtenden Augen und einem wunderschönen Singsang in der Stimme erzähltest du mir von unserer Zukunft, maltest sie in leuchtenden Farben..."
Hier würde ich ein leuchtend herausnehmen um die Dopplung zu vermeiden.

Das andere ist eher ein subjektiver Eindruck, ich finde du benutzt sehr viele Adjektive, für einen so kurzen Text finde ich zu viele. Da könntest du ruhig ein paar rausnehmen, ohne das der Text dadurch ungenauer würde. Man könnte beispielsweise das wunderschön vor Singsang problemlos streichen.

Trotzdem gerne gelesen.

Liebe Grüße

Blumenberg
 
Hallo Blumenberg,

vielen Dank für deinen Kommentar! Freut mich, dass dir der Text gefällt.
Erst überlegte ich, was du mit zuviel Adjektiven meinst, denn mir war das gar nicht aufgefallen, ich dachte sogar, ich sei recht sparsam mit Adjektiven umgegangen.
Ich muss mir wegen dem doppelten "leuchtend" noch etwas überlegen, vielleicht "mit leuchtenden Augen" und die "Zukunft in wunderschönen Farben".

LG SilberneDelfine
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Hallo Silberne Delfine,

grundsätzlich nicht schlecht – aber verbesserungswürdig.

Versuch doch mal, die vielen unnötigen „und“ und „von“ herauszunehmen, z. B. indem Du kurzere Sätze bildest.
Die „leuchtenden Farben“ könntest Du zu „buntesten Farben“ werden lassen.

Und gönn dem Leser zwei Absätze, z. B. vor „Seitdem ist …“ und „Bald bin ich …“. Du wirst sehen, der Text würde dadurch wesentlich ansprechender wirken.

Gruß Ciconia
 
Hallo Ciconia,

danke für deine Beschäftigung mit dem Text. Die langen Sätze sind Absicht, da der Text poetisch und nicht nüchtern und knapp wirken sollte. Ich glaube eigentlich nicht, dass dieser Text durch kürzere Sätze ansprechender wirken würde, da ich ihn auf lange Sätze angelegt habe, einfach deswegen, weil es in diesem Stück Kurzprosa mein persönlicher Stil ist. Klar geht es immer noch kürzer, aber das möchte ich hier nicht. Ob ich lieber Absätze setzen sollte, weiß ich nicht. Ich hatte mir das vorher überlegt, aber dann fand ich den Text dafür zu kurz. Könnte man aber vielleicht trotzdem machen.
Bei den "leuchtenden" Farben überlege ich noch... :)

LG SilberneDelfine
 
Ich erinnere mich noch gut an jenen Tag im Frühling, im April, als die Kirschbäume in voller Blüte standen und wir zum ersten Mal händchenhaltend an der mit den Bäumen gesäumten Allee entlangspazierten. Mit glänzenden Augen und einem wunderschönen Singsang in der Stimme erzähltest du mir von unserer Zukunft, maltest sie in leuchtenden Farben und küsstest mich auf einmal voller Wonne. Ich errötete vor Freude, drückte fester deine Hand und hörte dir andächtig weiter zu. Du erzähltest mir von unserem eigenen Garten und du sahst uns schon unter unserem eigenen Kirschbaum sitzen. "Nächstes Jahr, wenn die Kirschbäume wieder blühen", sagtest du und die Worte hallen bis heute in mir nach.
Seitdem ist kein Frühling vergangen, ohne dass wir uns unter Kirschblüten küssten. Heuer ist das erste Jahr, in dem ich alleine in unserem Garten sitze, unter dem Kirschbaum, den du nach unserer Hochzeit als ersten gepflanzt hast und der nun schon fünfzig Jahre überdauert hat. Ich schaue in den blauen Himmel über mir und frage mich, ob du mir von dort oben wohl zusiehst oder vielleicht sogar ganz nah bei mir bist. Und ganz von selbst formen meine Lippen lautlose Worte.
"Bald bin ich bei dir. Nächstes Jahr, wenn die Kirschbäume wieder blühen."
 
Ich habe es jetzt umgeandert in "mit glänzenden Augen" und dafür die "leuchtenden Farben" stehen gelassen (war noch ein anderer Vorschlag) und dann noch einen Absatz eingebaut.
 
Ich erinnere mich noch gut an jenen Tag im Frühling, im April, als die Kirschbäume in voller Blüte standen und wir zum ersten Mal händchenhaltend an der mit den Bäumen gesäumten Allee entlangspazierten. Mit glänzenden Augen und einem wunderschönen Singsang in der Stimme erzähltest du mir von unserer Zukunft, maltest sie in leuchtenden Farben und küsstest mich auf einmal voller Wonne. Ich errötete vor Freude, drückte fester deine Hand und hörte dir andächtig weiter zu. Du erzähltest mir von unserem eigenen Garten und du sahst uns schon unter unserem eigenen Kirschbaum sitzen. "Nächstes Jahr, wenn die Kirschbäume wieder blühen", sagtest du und die Worte hallen bis heute in mir nach.

Seitdem ist kein Frühling vergangen, ohne dass wir uns unter Kirschblüten küssten. Heuer ist das erste Jahr, in dem ich alleine in unserem Garten sitze, unter dem Kirschbaum, den du nach unserer Hochzeit als ersten gepflanzt hast und der nun schon fünfzig Jahre überdauert hat. Ich schaue in den blauen Himmel über mir und frage mich, ob du mir von dort oben wohl zusiehst oder vielleicht sogar ganz nah bei mir bist. Und ganz von selbst formen meine Lippen lautlose Worte.
"Bald bin ich bei dir. Nächstes Jahr, wenn die Kirschbäume wieder blühen."
 
G

Gelöschtes Mitglied 20370

Gast
händchenhaltend an der mit den Bäumen gesäumten Allee
händchenhaltend...bei Erwachsenen?

mit (...) Bäumen gesäumte(r) Allee - eine unglückliche Doppelung, denn eine Allee ohne Bäume wäre keine.

einem wunderschönen Singsang
warum nicht einfach...einem schönen Singsang (Klang?)

eigenen Garten und du sahst
nach Garten ein Komma

sagtest du und die Worte hallen
nach du ein Komma

wohl zusiehst oder vielleicht sogar ganz nah bei mir bist.

hier würde ich nach zusiehst einen Gedankenstrich setzen

Und ganz von selbst
und wie von selbst...damit eine Wiederholung aus dem Vorsatz vermieden wird.


Manche würden das als überkorrekt bezeichnen, ich nicht, denn Kurzprosa muss mit äußerster Präzision geschrieben werden, kleinste Fehler sollte man nicht dulden.
Ich darf aber noch anmerken, dass mir dieses kleine Stück Prosa gefallen hat. Wohl ein wenig weltabgewandt, aber vielleicht deshalb gut in unsere Zeit passend.

Es grüßt
DOSchreiber
 
nach du ein Komma
Falsch, hier kommt kein Komma hin (vor dem "und") bzw. in einem solchen Fall kann man sich frei oder gegen ein Komma entscheiden.

Das "und" verbindet nämlich schon die zwei Sätze. Dasselbe gilt für das andere beanstandete Nicht-Komma.

Regeln zum Komma vor dem "und":
https://www.annika-lamer.de/beliebte-rechtschreibfehler-kommasetzung-vor-und/

Zum Händchenhalten bei Erwachsenen:
Ich gehe auch heute noch so mit meinem Mann spazieren. Unlängst sah ich sogar ein etwa 80-jaehriges Pärchen händchenhaltend.

Zur Allee:
Es ging darum, dass sie mit den Kirschbäumen gesäumt ist, nicht mit irgendwelchen Bäumen.

Der "wunderschöne" Singsang gefällt mir besser als nur ein "schöner". Das ist wohl eher eine Frage des persönlichen Stils.

Danke für deinen Kommentar

LG SilberneDelfine
 
Nachtrag:
Gestern war ich so verdutzt darüber, dass "Händchen halten" bei Erwachsenen in der Geschichte moniert wurde (Erwachsene, die händchenhaltend spazieren gehen, sind nun wirklich nicht die Ausnahme), dass ich vergessen habe, auf das Wesentliche in der Geschichte in Bezug darauf hinzuweisen: Die Protagonistin erzählt aus ihrer Erinnerung und hier geht das junge Paar zum ersten Mal händchenhaltend spazieren:

Ich erinnere mich noch gut an jenen Tag im Frühling, im April, als die Kirschbäume in voller Blüte standen und wir zum ersten Mal händchenhaltend an der mit den Bäumen gesäumten Allee entlangspazierten.
Das ist über 50 Jahre her und da können sie auch noch Jugendliche gewesen sein. 15, 17 oder 18 Jahre alt...
 
G

Gelöschtes Mitglied 20370

Gast
Nun, am Ende sind's nicht die großen Fehler...die Geschichte steht ja. Sich die Hände halten ist nicht nur Liebesbeweis, sondern ein starkes Symbol, wie ich finde, für das Unverbrüchliche auch in Krisenzeiten. Letzteres will mir bei Händchen nicht so recht beikommen.

Aber freuen wir uns über diese Liebesprosa, in der auch noch ein mächtiges, immerwährendes japanisches Haikuthema uns berührt: Kirschblüten...Kirschbaum!


Alles Gute
DOSchreiber
 

van Geoffrey

Mitglied
zeitlos

Zeitlose, berührende Kurzprosa über die Liebe.

Ein einziger langsamer Kameraschwenk von der Gegenwart zur Vergangenheit und wieder zur Gegenwart.

Anfangs denkt man, hier schreibt ein junger Mann. Dann erkennt man die Entwicklung einer Beziehung mit ihren netten, gewachsenen Traditionen.
Dann der Schmerz über das Ableben des Geliebten.

Noch einmal: zeitlos und schön. Danke!
 
Hallo von Geoffrey,

ich freue mich sehr über deinen Kommentar.
Deine Interpretation trifft ins Schwarze; genauso hatte ich mir gewünscht, dass der Text beim Leser ankommt.

LG SilberneDelfine
 

xavia

Mitglied
Liebe SilberneDelfine,

diese Geschichte ist mir sehr zu Herzen gegangen. Geprägt durch so viele gescheiterte Beziehungen hatte ich Angst, dass hier nach einem schönen Beginn ein unschönes Ende droht und fühlte mich am Ende gut. Traurig, aber gut. Viel Gefühl, danke schön!

Zum Händchenhalten: So würde ich es auch bei Erwachsenen nennen, wenn es dieses liebevolle Miteinander ausdrücken soll. Sich an den Händen halten ist für mich eher die helfende Hand, wenn ich ein schwankendes Boot besteigen will.

LG Xavia.
 



 
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