Das ist eine traurige Sache, das mit dem Erblinden.
Aber die Geschichte zeigt das nicht. Weder ist die Situation als speziell zu erleben – Internatsmädchen, die ein anderes mögen, gibt es überall – noch der bevorstehende Verlust besonders tragisch oder berührend. Was genau verliert sie? Ich weeeeeeiß: das Augenlicht. Aber das haben all die andern in der Story auch verloren (oder nie gehabt) und leben einigermaßen fröhlich damit. Besonders berührend wäre gewesen, wenn Dagmar die Geschichten immer vorgelesen hätte und ihr das nun verwehrt wäre (, weil es zum Beispiel viele spannende Bücher nicht in Blindeschrift gibt). Oder wenn sie Filme nacherzählt hätte, die sie nun nicht mehr sehen kann. Oder Comics. Oder wenn sie Comics gezeichnet hätte. Sowas eben. So aber ist es, als würde ich querschnittsgelähmt werden. Das wäre sehr schlimm und es würde viel verändern un dich würd sicher leiden. Aber ich – die ich von Natur aus Schreiberin bin – könnte weiter schreiben. Wäre ich Sportlerin, wäre der gleiche Verlust ein gänzlich anderer.
Da der Text im Tagebuch steht, nehme ich an, es ist ein erlebte Sache. Dann müsste es doch möglich sein, sehr präzise zu erzählen, wie der Alltag mit Dagmar aussieht – damit man als Leser eine Verbindung aufbauen kann. Oder zu erzählen, wie es sich auswirkt, dass die Sehkraft nachlässt – wo sie vorige Woche noch helfen konnte, braucht jetzt auch sie Hilfe. In diese Richtung müsste ein literatrisches Tagebuch gehen …