Wenn es dämmert

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James Blond

Mitglied
Wenn es dämmert auf Terrassen,
wird die Heiterkeit verlassen,
Stille tropft aus Abendbäumen,
Tageslaunen abzuräumen.

Schirme falten nach der Blüte
ihre bunten Sonnenhüte,
Stühle suchen Trost an Tischen,
denen Farben schon entwischen,

Gläser warten noch, aus Flaschen
einen Abschiedsgruß zu naschen
und diskret geleiten Hecken
aus den Fängen dunkler Ecken.

Hinterm Grün am Seitenstreifen
flüstern sich die Autoreifen
heimlich kleine Zärtlichkeiten,
die sie in den Schlaf begleiten.

Straßenlampen pflanzen Schatten
in das Grau der Gehwegplatten,
bis die Nacht, vom Tag befreit,
in die Welt Vergessen speit.
 

Arianne

Mitglied
Bedauerlicherweise wird in diesem Forum nur wenigen bewusst werden,
dass dieses Werk, GANZ GROSSE LITERATUR ist.

Ich werde, soweit mir vergönnt ist, gelegentlich weiterhin Blicke in dieses Forum werfen,
ansonsten aber sehr zurückhaltend sein.

Gruß von Arianne
 

Pennywise77

Mitglied
Ob das in dem Forum den wenigsten bewusst wird, halte ich für vermessen und ist für mich auch nicht relevant. Denn diese Aussage hat nichts, mit dem Gedicht hier zu tun.
Ein Gedicht, das mit großartigen Metaphern dienen kann. Es beschreibt eine schöne Tristesse und trägt eine gewisse Melancholie. Ich finde es großartig.

Gruß

Pennywise
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ein weiteres herausragendes Gedicht in "Gereimtes", das ich gerne in die Empfehlungen aufnehme.

Liebe Grüße
Manfred
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Ja, James,
das ist gut.
Konsequent durchgeführt, die Personifikation der Dinge, so daß sie Metaphern werden.

Die Personifikation geschieht immer dadurch, daß die leblosen Dinge hier etwas im Namen einer handelnden Person tun.
Diese metaphorischen Wendungen vom Passiv ins Aktiv, eben daß die sonst passiven Dinge hier tätig werden, daß man sie filmisch oder in imaginativen Rollenspielen vor sich sieht, haben eine surreale Note, wie absolute Metaphern.
Denn diese Wendung ins Aktiv gibt der Bedeutung keinen Bezug, die Metaphern stehen absolut.

grusz, hansz
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:

James Blond

Mitglied
Vielen, vielen Dank, liebe Lupaner, für den spontanen und reichlichen Zuspruch!

Ich hatte zwar nicht befürchtet, dass mein Gedicht hier gänzlich unbemerkt versickern würde, bin aber von den vielen positiven Reaktionen angenehm überrascht. Vielen Dank auch für die Aufnahme in die Empfehlungsliste!

Ja, die leblosen Dinge gewinnen an Macht und Eigenleben, sobald sich der einsame Gast mit der einsetzenden Dämmerung zunehmend in die Rolle eines passiven Betrachters zurückzieht, dessen Blick, getragen von Stimmungen, beginnt, ihnen Leben einzuhauchen. Natürlich manifestiert sich darin sein eigener seelischer Zustand, der mit dem verblassenden Tageslicht erwacht und zum Regisseur einer leicht surrealen Szenerie wird. Dabei werden keine Metaphern im herkömmlichen Sinne genutzt, die angeführten Dinge sind reale Objekte der Umgebung, denen hier aber eine aktive Rolle zugesprochen wird. Als Protagonisten eines Heimwegs im Dunkeln weisen sie auf ein ungenanntes Lyrisches Ich hin, dessen Seelenzustand sich aus der Rückführung der Projektionen erschließen lässt.

Liebe Grüße
JB
 

Arianne

Mitglied
Verzeiht, wenn ich auf derartige Kommentare nicht ausführlicher eingehe:
"... halte ich für vermessen und ist für mich auch nicht relevant ." oder
die Frage " woran misst du das? Wie zeigt es sich dir? "

Nein, ich habe mich nicht vermessen, mein Zollstock misst sehr genau, und es zeigt sich mit wenigen Blicken einem,
der zig Jahre liest und über 60 Jahre selbst unwesentlich schreibt.
Wer sich die leichte Mühe macht, das Gedicht nochmals mit Denkarbeit zu lesen,
wird merken, dass nicht nur gereimt ist und die Sprichwörter mit perfekter Rhythmik verarbeitet wurden,
es ist viel mehr zu herauszulesen aus diesen schlichten AA BB Reimen.
 

aliceg

Mitglied
Verzeiht, wenn ich auf derartige Kommentare nicht ausführlicher eingehe:
gut so! Nicht alle, denen ein Werk gefällt, müssen deshalb gleich eine Expertise abgeben, oder das überhaupt kundtun. Dichtung soll auch unterhalten. Wenn du die Lupaner unterschätzt, dann melde dich lieber beim Goethe-Institut an.
lg aliceg
 



 
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