krokotraene
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Meine Freundin hatte sich zum Geburtstag einen Ausflug ins Designeroutletcenter Parndorf gewünscht. Ich sollte Taxlerin spielen und sie würde mir als Beraterin in Sachen Fashion zur Verfügung stehen. Der Deal war perfekt.
Es ist ein schöner, herbstlicher Samstagmorgen. Bereits winkend steht sie topmodisch gekleidet und perfekt gestylt am Treffpunkt. Die Augen der Männer rundherum sind alle auf meine Freundin gerichtet. Wie ein Topmodell steht sie da. Mir bleibt das Herz stehen, wir hatten uns nun jahrelang nicht mehr persönlich gesehen. Das Schicksal ließ uns andere Wege gehen, doch über Telefon und Mail waren wir auch weiterhin verknüpft. Sie war schon immer ein Modefreak, aber der Anblick hier war atemberaubend. Das konnte ja lustig werden, die Lady und die Putzfrau gehen einkaufen.
Die Fahrt verging schneller als geplant und schon stehen wir im Stau bei der Abfahrt nach Parndorf. Fein, wir waren also nicht die einzigen, die dorthin wollten. Stückchen für Stückchen rutschen wir Richtung Parkplatzeinfahrt. Sicher, ich war schon oft in Parndorf, aber dank meines Jobs hatte ich immer wieder Zeit unter der Woche. Da ist alles einfacher. Und ich beschloss jetzt schon, dass ich das nächstemal wieder unter der Woche ins Einkaufsparadies fahren werde. Obwohl wirklich dem Kaufwahn erlegen bin ich hier noch nie. Eher dem Wahn Menschen und deren Modemarotten zu beäugen.
Ich weiß nur, dass uns fast die Gesprächsthemen ausgegangen waren, als wir endlich den Parkplatzbeginn erreichen. Runde um Runde kurven wir und immer größer ziehen wir die Kreise als wir endlich eine Miniparklücke schon fast an der Staatsgrenze anvisieren. Meine Freundin muss aussteigen, damit ich überhaupt irgendwie mein riesiges Auto reinschieben kann. Beim Aussteigen wünsche ich mir dann mindestens 20 Kilo weniger auf den Rippen.
Endlich waren wir angekommen. Nach einem endlos scheinenden Fußmarsch haben wir die Geschäftsstraße erreicht. Jipieh. Sie ist in ihrem Element und faselt schon die ganze Zeit von den super tollen Angeboten und den vielen Schnäppchen. Schon schiebt uns die Masse der Einkäufer in ein Geschäftslokal. Hunderte Hände durchwühlen die Tische und Ständer. Mir ist heiß.
Sie hantiert mit einer unglaublichen Ellbogentechnik und hat im Handumdrehen mindestens fünf Kleidungsstücke in ihrer Größe ergattert. Ihr strahlendes Gesicht lässt erahnen, dass es unfassbare Schnäppchen sein müssen. Wir schieben uns zur Kassa um ähnlich lange wie an der Autobahnabfahrt anzustehen.
Weiter geht es, als sie mir plötzlich und unerwartet eine Frage stellt, die mich für kurze Zeit aus der Bahn wirft: "Sag, kennst Du Tommy Hilfiger?"
Ich schnappe nach Luft. Gut, sie hat einen gewissen Männerverbrauch. Aber jedes Abenteuer hatte sie mir in den letzten Jahren sofort brühwarm mitgeteilt. Der Name war aber nicht dabei. Ich grüble, habe ich da etwas überlesen, verdrängt oder mißachtet? Ich habe ein schlechtes Gewissen, also taste ich mich ganz vorsichtig mit Dackelblick vor: "Ist es Dein neuer Freund? Ein Engländer?"
Sie ist der Ohnmacht nahe, streicht sich theatralisch mit dem Handrücken über die Stirn und säuselt: "Sag bitte nicht, Du kennst Tommy nicht?"
Ich fühle mich wie auf der Anklagebank, als der Richter gerade das unheilbringende Wort: "Lebenslang" verkündet. Ich bin dem Tod am elektrischen Stuhl näher als einem gemütlichen Mittagessen mit meiner Freundin. Ich schüttel fast mit Tränen in den Augen den Kopf.
"Na, sag mal! Wo lebst Du denn? Tommy ist doch DER Modedesigner schlecht hin. Rate mal, wie viele Pullis ich schon von ihm habe?"
Ich schaue etwas verdattert drein und sage fast lautlos: "Keine Ahnung. Zehn?"
"Über einhundert!"
Ich schnappe nach Luft. Da liegt ja ein Vermögen in ihrem Kleiderkasten. Aber gut, jeder gibt Geld für etwas anderes aus.
Sie schiebt mich in ein Geschäft und mein Blick erhascht das Firmenschild: "Tommy Hilfiger". Also das ist ER! Fein! Ich würde mich jetzt am liebsten vorstellen, aber wahrscheinlich kommt das hier nicht gut an. Das Geschäft ist gesteckt voll. Die Kleidungsstücke sind alle durcheinander, es hat den Anschein, als wäre erst vor kurzem ein Hurrikan durchgezogen. Tja, wenn Frauen auf Schnäppchen losgelassen werden.
Aber meine Freundin zieht siegessicher ein Kleidungsstück um das andere aus dem Sauhaufen. Jubilierend hält sie mir Pullis und Blusen unter die Nase und wir stehen schon wieder in einer Schlange zu einer am Horizont schwach zu erkennenden Kassa.
Kaum dem Horror entronnen, fragt mich meine Freundin mit einem Lächeln auf den Lippen: "Kennst Du wenigstens Calvin Klein?"
Ich erstarre zu einer Salzsäule. Himmel, bitte mach den Boden auf und lass mich rein, ich befürchte ich habe wieder eine Wissenslücke in der Modebranche. Welche Schande! Ich versuche ganz zerknittert zu schauen, als mein Blick auf ein Geschäftslogo fällt. Uff, Rettung in letzter Sekunde. "Klar!", meine Stimme überschlägt sich vor Freude, "da ist doch sein Geschäft!"
Und schwupps schon sind wir im Ladeninneren des angesagten Unterwäschedesigners. Ich trotte wie ein Packesel hinterher und schaue wieder einmal fasziniert zu, wie meine Freundin gekonnt Kleidungsstück um Kleidungsstück in ihr Einkaufskörbchen fallen lässt.
Langsam reicht es mir, die Füße schmerzen, mir rinnt der Schweiß schon überall durch Mark und Bein und ich hätte Lust auf einen kleinen Schwarzen im weißen Porzellanhäferl. Aber nein, unermüdlich geht der Shoppinghorror weiter.
Endlich sehe ich die rettende Idee näher kommen, wenn schon kein kleiner Schwarzer, dann wenigstens ein gepflegtes Achterl. `Hillinger` prangt über dem Eingangsportal. Ja, endlich kenne auch ich einen Namen. Hillinger, der angesagte Winzer aus Jois im Burgenland. Freudig zerre ich sie Richtung Verkostungstheke, während ich ihr im Geiste schon zu proste. "Komm, eine kleine Pause tut uns gut. Rot oder weiß?"
Sie sieht mich entgeistert an. "Du willst doch nicht etwa einen Wein trinken?"
Ich komme mir vor wie wenn ich gerade schuld am Weltuntergang bin. Verdattert schüttle ich sanft den Kopf auf und ab und murmle ein kaum hörbares: "Eigentlich schon". Doch die Worte verhallen in ihrem Aufschrei: "Sag, weißt du wie viele Kalorien so ein Glas hat?", sie sieht mich herausfordernd an und setzt fort: "Mich wundert dann nicht, dass du keine Klamotten findest!" Und schon zerrt sie mich weiter. Meine Geschmacksnerven bleiben an der Verkostungstheke zurück.
Wir haben kein Geschäft ausgelassen, der Wagen ist bis zum Dach mit vollen Einkaufssackerl gefüllt, mein Magen knurrt schon seit geraumer Zeit wie ein wildgewordener Rottweiler und meine Füße haben bereits ein Schild mit "Streik" angefertigt. Freundin, es reicht. Geburtstag hin oder her. Fertig. Aus. Ende. Rückzug. BIIIIIIIITTTTTEEEEE!!!!
Sie liegt mir abermals in den Ohren, warum ich denn nichts finde, es kann doch nicht so schwer sein und überhaupt und außerdem. Sie scheint nie müde zu werden. Und fleht mich an, "ein letztesmal zu Tommy. Bitte!" Ich kann ihren Blick nicht widerstehen.
Nochmal Tommy ist die Strafe des Lebens. Der Hurrikan dürfte nochmals Kehrt gemacht haben und mit voller Wucht in das Lokal gedonnert sein. Doch auch in dieser Welle der Zerstörung, in diesem Naturschauspiel zerrt meine Freundin denn wohl nun schon einhundertzehnten Pulli von Tommy aus den Stofffetzenhaufen. Triumphierend hält sie ihn hoch. Wie eine Siegestrophäe präsentiert sie ihn dem Rest der Welt.
Mir reicht es. Mein Geist ist ebenfalls bei den Geschmacksnerven an der Verkostungstheke, genauso wie fast der gesamte Rest meiner Innereien. Nur noch die körperliche Hülle scheint sich um Tommy zu kümmern.
Und da sehe ich ihn. Den Pulli schlecht hin! Einsam hängt er in der Ecke. Von dem Rest der Welt verlassen und alles nur weil er anders ist als die Anderen. Anders deshalb, da ein Schild mit XXL auf seinem rechten Brustbereich prangt.
Meine Ellbogen bahnen sich den Weg durch die Meute. Mit einem zielsicheren Zugriff wie ein Polizist auf Verbrecherjagd ergreife ich den Pulli, zerre ihn an mich und renne wie im Hürdenlauf Richtung Kassa, wo meine Freundin schon wartet. Bezahlt. Im Sackerl. Ab zum Auto. Ende des Einkaufshorrors.
Endlich in Wien. Meine Freundin zuhause abgeladen. Ungezählte Sackerl ausgeladen. Nur auf mein Sackerl von Tommy wie ein Haftelmacher aufgepasst. Meine Trophäe des heutigen Tages in rosa-weiß gestreift. Mit einem altmodischen V-Ausschnitt, denn ich noch nie leiden konnte. Mit Ärmel, die viel zu lang sind. Ein Pulli in dem jeder schwule Mann den Schönheitswettbewerb problemlos gewinnen kann. Aber ich habe meiner Freundin bewiesen, dass auch Menschen mit Vorliebe für ein Achterl im Shoppingwahnsinn etwas finden können.
Und jetzt öffne ich behutsam den Altkleider-Container. Irgendwer wird schon damit eine Freude haben.
Es ist ein schöner, herbstlicher Samstagmorgen. Bereits winkend steht sie topmodisch gekleidet und perfekt gestylt am Treffpunkt. Die Augen der Männer rundherum sind alle auf meine Freundin gerichtet. Wie ein Topmodell steht sie da. Mir bleibt das Herz stehen, wir hatten uns nun jahrelang nicht mehr persönlich gesehen. Das Schicksal ließ uns andere Wege gehen, doch über Telefon und Mail waren wir auch weiterhin verknüpft. Sie war schon immer ein Modefreak, aber der Anblick hier war atemberaubend. Das konnte ja lustig werden, die Lady und die Putzfrau gehen einkaufen.
Die Fahrt verging schneller als geplant und schon stehen wir im Stau bei der Abfahrt nach Parndorf. Fein, wir waren also nicht die einzigen, die dorthin wollten. Stückchen für Stückchen rutschen wir Richtung Parkplatzeinfahrt. Sicher, ich war schon oft in Parndorf, aber dank meines Jobs hatte ich immer wieder Zeit unter der Woche. Da ist alles einfacher. Und ich beschloss jetzt schon, dass ich das nächstemal wieder unter der Woche ins Einkaufsparadies fahren werde. Obwohl wirklich dem Kaufwahn erlegen bin ich hier noch nie. Eher dem Wahn Menschen und deren Modemarotten zu beäugen.
Ich weiß nur, dass uns fast die Gesprächsthemen ausgegangen waren, als wir endlich den Parkplatzbeginn erreichen. Runde um Runde kurven wir und immer größer ziehen wir die Kreise als wir endlich eine Miniparklücke schon fast an der Staatsgrenze anvisieren. Meine Freundin muss aussteigen, damit ich überhaupt irgendwie mein riesiges Auto reinschieben kann. Beim Aussteigen wünsche ich mir dann mindestens 20 Kilo weniger auf den Rippen.
Endlich waren wir angekommen. Nach einem endlos scheinenden Fußmarsch haben wir die Geschäftsstraße erreicht. Jipieh. Sie ist in ihrem Element und faselt schon die ganze Zeit von den super tollen Angeboten und den vielen Schnäppchen. Schon schiebt uns die Masse der Einkäufer in ein Geschäftslokal. Hunderte Hände durchwühlen die Tische und Ständer. Mir ist heiß.
Sie hantiert mit einer unglaublichen Ellbogentechnik und hat im Handumdrehen mindestens fünf Kleidungsstücke in ihrer Größe ergattert. Ihr strahlendes Gesicht lässt erahnen, dass es unfassbare Schnäppchen sein müssen. Wir schieben uns zur Kassa um ähnlich lange wie an der Autobahnabfahrt anzustehen.
Weiter geht es, als sie mir plötzlich und unerwartet eine Frage stellt, die mich für kurze Zeit aus der Bahn wirft: "Sag, kennst Du Tommy Hilfiger?"
Ich schnappe nach Luft. Gut, sie hat einen gewissen Männerverbrauch. Aber jedes Abenteuer hatte sie mir in den letzten Jahren sofort brühwarm mitgeteilt. Der Name war aber nicht dabei. Ich grüble, habe ich da etwas überlesen, verdrängt oder mißachtet? Ich habe ein schlechtes Gewissen, also taste ich mich ganz vorsichtig mit Dackelblick vor: "Ist es Dein neuer Freund? Ein Engländer?"
Sie ist der Ohnmacht nahe, streicht sich theatralisch mit dem Handrücken über die Stirn und säuselt: "Sag bitte nicht, Du kennst Tommy nicht?"
Ich fühle mich wie auf der Anklagebank, als der Richter gerade das unheilbringende Wort: "Lebenslang" verkündet. Ich bin dem Tod am elektrischen Stuhl näher als einem gemütlichen Mittagessen mit meiner Freundin. Ich schüttel fast mit Tränen in den Augen den Kopf.
"Na, sag mal! Wo lebst Du denn? Tommy ist doch DER Modedesigner schlecht hin. Rate mal, wie viele Pullis ich schon von ihm habe?"
Ich schaue etwas verdattert drein und sage fast lautlos: "Keine Ahnung. Zehn?"
"Über einhundert!"
Ich schnappe nach Luft. Da liegt ja ein Vermögen in ihrem Kleiderkasten. Aber gut, jeder gibt Geld für etwas anderes aus.
Sie schiebt mich in ein Geschäft und mein Blick erhascht das Firmenschild: "Tommy Hilfiger". Also das ist ER! Fein! Ich würde mich jetzt am liebsten vorstellen, aber wahrscheinlich kommt das hier nicht gut an. Das Geschäft ist gesteckt voll. Die Kleidungsstücke sind alle durcheinander, es hat den Anschein, als wäre erst vor kurzem ein Hurrikan durchgezogen. Tja, wenn Frauen auf Schnäppchen losgelassen werden.
Aber meine Freundin zieht siegessicher ein Kleidungsstück um das andere aus dem Sauhaufen. Jubilierend hält sie mir Pullis und Blusen unter die Nase und wir stehen schon wieder in einer Schlange zu einer am Horizont schwach zu erkennenden Kassa.
Kaum dem Horror entronnen, fragt mich meine Freundin mit einem Lächeln auf den Lippen: "Kennst Du wenigstens Calvin Klein?"
Ich erstarre zu einer Salzsäule. Himmel, bitte mach den Boden auf und lass mich rein, ich befürchte ich habe wieder eine Wissenslücke in der Modebranche. Welche Schande! Ich versuche ganz zerknittert zu schauen, als mein Blick auf ein Geschäftslogo fällt. Uff, Rettung in letzter Sekunde. "Klar!", meine Stimme überschlägt sich vor Freude, "da ist doch sein Geschäft!"
Und schwupps schon sind wir im Ladeninneren des angesagten Unterwäschedesigners. Ich trotte wie ein Packesel hinterher und schaue wieder einmal fasziniert zu, wie meine Freundin gekonnt Kleidungsstück um Kleidungsstück in ihr Einkaufskörbchen fallen lässt.
Langsam reicht es mir, die Füße schmerzen, mir rinnt der Schweiß schon überall durch Mark und Bein und ich hätte Lust auf einen kleinen Schwarzen im weißen Porzellanhäferl. Aber nein, unermüdlich geht der Shoppinghorror weiter.
Endlich sehe ich die rettende Idee näher kommen, wenn schon kein kleiner Schwarzer, dann wenigstens ein gepflegtes Achterl. `Hillinger` prangt über dem Eingangsportal. Ja, endlich kenne auch ich einen Namen. Hillinger, der angesagte Winzer aus Jois im Burgenland. Freudig zerre ich sie Richtung Verkostungstheke, während ich ihr im Geiste schon zu proste. "Komm, eine kleine Pause tut uns gut. Rot oder weiß?"
Sie sieht mich entgeistert an. "Du willst doch nicht etwa einen Wein trinken?"
Ich komme mir vor wie wenn ich gerade schuld am Weltuntergang bin. Verdattert schüttle ich sanft den Kopf auf und ab und murmle ein kaum hörbares: "Eigentlich schon". Doch die Worte verhallen in ihrem Aufschrei: "Sag, weißt du wie viele Kalorien so ein Glas hat?", sie sieht mich herausfordernd an und setzt fort: "Mich wundert dann nicht, dass du keine Klamotten findest!" Und schon zerrt sie mich weiter. Meine Geschmacksnerven bleiben an der Verkostungstheke zurück.
Wir haben kein Geschäft ausgelassen, der Wagen ist bis zum Dach mit vollen Einkaufssackerl gefüllt, mein Magen knurrt schon seit geraumer Zeit wie ein wildgewordener Rottweiler und meine Füße haben bereits ein Schild mit "Streik" angefertigt. Freundin, es reicht. Geburtstag hin oder her. Fertig. Aus. Ende. Rückzug. BIIIIIIIITTTTTEEEEE!!!!
Sie liegt mir abermals in den Ohren, warum ich denn nichts finde, es kann doch nicht so schwer sein und überhaupt und außerdem. Sie scheint nie müde zu werden. Und fleht mich an, "ein letztesmal zu Tommy. Bitte!" Ich kann ihren Blick nicht widerstehen.
Nochmal Tommy ist die Strafe des Lebens. Der Hurrikan dürfte nochmals Kehrt gemacht haben und mit voller Wucht in das Lokal gedonnert sein. Doch auch in dieser Welle der Zerstörung, in diesem Naturschauspiel zerrt meine Freundin denn wohl nun schon einhundertzehnten Pulli von Tommy aus den Stofffetzenhaufen. Triumphierend hält sie ihn hoch. Wie eine Siegestrophäe präsentiert sie ihn dem Rest der Welt.
Mir reicht es. Mein Geist ist ebenfalls bei den Geschmacksnerven an der Verkostungstheke, genauso wie fast der gesamte Rest meiner Innereien. Nur noch die körperliche Hülle scheint sich um Tommy zu kümmern.
Und da sehe ich ihn. Den Pulli schlecht hin! Einsam hängt er in der Ecke. Von dem Rest der Welt verlassen und alles nur weil er anders ist als die Anderen. Anders deshalb, da ein Schild mit XXL auf seinem rechten Brustbereich prangt.
Meine Ellbogen bahnen sich den Weg durch die Meute. Mit einem zielsicheren Zugriff wie ein Polizist auf Verbrecherjagd ergreife ich den Pulli, zerre ihn an mich und renne wie im Hürdenlauf Richtung Kassa, wo meine Freundin schon wartet. Bezahlt. Im Sackerl. Ab zum Auto. Ende des Einkaufshorrors.
Endlich in Wien. Meine Freundin zuhause abgeladen. Ungezählte Sackerl ausgeladen. Nur auf mein Sackerl von Tommy wie ein Haftelmacher aufgepasst. Meine Trophäe des heutigen Tages in rosa-weiß gestreift. Mit einem altmodischen V-Ausschnitt, denn ich noch nie leiden konnte. Mit Ärmel, die viel zu lang sind. Ein Pulli in dem jeder schwule Mann den Schönheitswettbewerb problemlos gewinnen kann. Aber ich habe meiner Freundin bewiesen, dass auch Menschen mit Vorliebe für ein Achterl im Shoppingwahnsinn etwas finden können.
Und jetzt öffne ich behutsam den Altkleider-Container. Irgendwer wird schon damit eine Freude haben.