Wer war Clara Haskil?

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Gedenkt man ihrer noch? Clara Haskil war eine der großen Pianistinnen des 20. Jahrhunderts. Geboren 1895 als Kind rumänischer Juden in Bukarest, stand sie bald als Halbwaise unter der Vormundschaft eines überaus ehrgeizigen Onkels. Er erkannte früh ihre außerordentliche musikalische Begabung und brachte sie 1902 zur Ausbildung nach Wien, 1905 nach Paris. Er isolierte sie von allen Gleichaltrigen, ihre Kindheit war so wenig kindgerecht wie nur denkbar.

1909 begann ihre Konzertkarriere. Vielleicht war sie zu früh geboren. Sie entsprach in keiner Weise den Vorstellungen des damaligen Konzertpublikums, das dem spätromantischen Klangrausch verfallen war. Ein Kenner wie Feuchtwanger formulierte dagegen: „Zartheit war ihre Stärke.“ Sie konzertierte jahrzehntelang, vor allem in Frankreich, Holland und in der Schweiz, ohne den großen Durchbruch zu erreichen.

Clara Haskil litt unter chronischem Lampenfieber. Sie machte als junge Frau eine schwere Skoliose durch, musste lange Zeit ein Korsett tragen. Mitten im 2. Weltkrieg erkrankte sie an einem bedrohlichen Tumor. Ihr Leben konnte nur durch eine schwierige Operation gerettet werden. 1942 gelang es ihr, in die Schweiz überzusiedeln, und sie blieb auch nach dem Krieg dort.

Spät erst, ab etwa 1950, setzte sie sich international durch. Sie spielte vor allem Mozart, Beethoven, Schubert, Schumann und Chopin. Wie es scheint, passte ihr klarer, werkgetreuer, bei aller Zartheit doch kraftvoller Stil hervorragend zum Kunstverständnis und kulturellen Lebensgefühl der fünfziger Jahre. Leider gibt es nur wenige Schallplattenaufnahmen von ihr.

Clara Haskil starb 1960 nach einem spektakulären und für ihr gesamtes, immer gefährdetes Leben bezeichnenden Unfall: Sie war im Brüsseler Hauptbahnhof eine Treppe hinuntergestürzt.

Wie oft höre ich von ihr Schuberts Klaviersonate Nr. 21 … Da ist alles ausgedrückt, der ganze Schubert und die ganze Clara Haskil: genial und zerbrechlich, wie sie beide waren.
 
An KaGeb: Wenn ich mir den Leittext von Monfou Nouveau durchlese: für mich doch. Insbesondere der dort erwähnte und von mir besonders geschätzte Robert Walser hat zahlreiche Kurzprosatexte solcher Machart publiziert.

Freundlichen Gruß
Arno Abendschön
 



 
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