Wer will da hin?

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Stavanger

Mitglied
Vergnügt in heimischer Natur,
wer will da noch woanders sein:
beim Sängerfest in Singapur,
beim Sprudelnymph in Gerolstein?

In Waasa, wo der Knäcke droht,
in Tugend-Haft auf den Seychellen,
auf Lummerland im Abendrot
und linker Hand der Düssel-Quellen?

Mit Kuschel-Fischern in Phnom Penh,
im Burger King von Katmandu,
Kyoto bis zum letzten Yen,
allein mit Irma auf La Doux?

In Hansi's Bar in Sansibar,
zur Wasserkur im Zweistromland,
bei Tiefsee-Rauchern vor Qatar,
sich umtun, wo wohl Troja war,
Atlantis auch, bevor's verschwand?

Vielleicht, die Frage so gestellt,
fahr ich ja doch mal in die Welt.
 

sufnus

Mitglied
Hey Uwe!
Gefällt mir sehr gut - einfach schöne vergnügte und verschmitzte Zeilen. :)

Mein *einzigster* Mini-Einwand wäre, dass zumindest Gerolstein eine vergleichsweise heimische Lokation darstellt. Gleiches könnte man (als Nichtrheinländer) womöglich auch für jenen ungenannt bleibenden ominösen Ort "linker Hand" der Düsselquellen ins Feld führen. Im letzteren Fall dürfte jedoch die offenkundige düsseldörfliche Perspektive erklären, warum die "linksrheinische Nachbarstadt, deren Namen nicht genannt werden soll" auf einer Stufe mit anderen exotischen Reisezielen steht.

Mir wäre aber neu, dass die städterivalisierende Antiaffinität sich aus Düsseldorfer Sicht auf sämtliche linksrheinischen Gebiete erstreckt (dann wäre natürlich auch das von mir erstaufgeführt Gerolstein betroffen). Nach meiner Wahrnehmung ist der Düsseldorfer gegenüber linksrheinischen Arealen außerdem des engeren rheinländischen Dunstkreises aber doch recht tolerant, oder?

Ein Vorschlag - bei dem mein etwas all-versöhnender Instinkt sich womöglich völlig unstatthaft über die oben angerissene Städterivalität hinwegsetzt:


Vergnügt in heimischer Natur,
wen plagt denn da das Reiseweh
zum Sängerfest nach Singapur,
zum Nestlénymph von Perrier?

Mit Kuschel-Fischern in Phnom Penh,
im Burger King von Katmandu,
Kyoto bis zum letzten Yen,
allein mit Irma auf La Doux?

In Hansi's Bar in Sansibar,
zur Wasserkur im Zweistromland,
bei Tiefsee-Rauchern vor Qatar,
sich umtun, wo wohl Troja war,
Atlantis auch, bevor's verschwand?

In Waasa, wo der Knäcke droht,
in Tugend-Haft auf den Seychellen,
auf Lummerland im Abendrot
und linker Hand der Düssel-Quellen?

Moment mal … innerliches Stocken:
Könnt kühles Kölsch den Sänger locken?
Vielleicht, die Frage so gestellt,
fahr ich ja doch mal in die Welt.



LG!

S.
 

Stavanger

Mitglied
Hei sufnus,

Deine Alternativ-Version hat unbedingt etwas für sich und gefällt mir gut - außer diesem fremden Gefühl, dass es fast mein Text ist und mir ziemlich vertraut, aber dann doch nicht (mehr).

Die letzte Strophe mit dem Kölsch ... An die Städterivalität hatte ich überhaupt nicht gedacht. Trotzdem bin ich unbestreitbar Düsseldorfer, werde also kein Kölsch in meinen Werken zulassen!
Spaß beiseite: Ja, das ginge auch, aber besagte Rivalität ist mir diese Tage besonders fern. Seit Längerem lebe ich in Frankfurt am Main - und dort gibt es natürlich dasselbe mit Offenbach. ("Das Beste an Offenbach ist das Ortsausgangsschild ...")

Nein, mein Gedicht sollte einfach nur ein bisschen Ulk & Spaß sein. Gerolstein in die weite Welt zu tun, kann ich deshalb vertreten. Die Düssel-Quellen: Da hast du völlig recht mit deinen Bedenken, oder ich muss meine Heimat sehr, sehr eng fassen. Die wäre dann die Grenze zwischen Düsseldorf-Eller und Düsseldorf-Gerresheim, in unmittelbarer Düssel-Nähe, aber eben nicht in der Nähe der Quelle(n). (Weiß gar nicht mehr, waren das mehrere?) (Ich glaube, sie hat zwei Mündungen?!)

Wie ich mich kenne, lasse ich alles so, wie es ist. Bzw. mich stört mehr 2x "beim" in der ersten Strophe, ich glaube, das zweite sollte "irgendwie weg".
Mal sehn.

Ich habe noch ein thematisch relativ ähnliches Stück, das ich gleich einstelle, wenn ich's kopiert bekomme (bin in der Stadtbibliothek).

Auf alle Fälle danke ich dir für deine humoristische Anteilnahme und die fantasiereichen Alternativen/Erweiterungen!
Uwe
 

James Blond

Mitglied
Hier zeigt sich - bei aller Textähnlichkeit - doch ein grundverschiedenes Konstruktionsprinzip unserer Humorboliden. Während Urheber Stavanger aus dem leicht Assioziativen schöpft und mit skurrilen Wortschöpfungen eine Selbstverständlichkeit simuliert und zugleich konterkariert, versucht der Überarbeiter sufnus, noch einen Bedeutungsschwerpunkt draufzusatteln, indem er auf eine innerdeutsche Städterivalität anspielt.

Doch dem Humor hilft "das Mehr" nicht immer (sondern eher selten), zumal sich der kreative Humor Stavangers, der sich in der zwecklosen Darbietung des Nichtexistenten feiert, nicht mit den sozialgeografischen Bedeutungen existierender Stadtgemeinschaften kreuzen lässt. (Den letzten Satz bitte zweimal lesen, er ist großartig.) ;)

Gern kommentiert.

Grüße
JB
 



 
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