Wie die Zeit vergeht

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TobiN

Mitglied
»Reich mir mal den Zucker Kleine.«
»Daddy nenn mich nicht so. Ich bin gar nicht klein.«
»Okay Susy. Den Zucker brauch ich trotzdem. Weißt du noch wo er steht?«
Ihre Augen warfen einen verstohlenen Blick zu der obersten Regaltür.
»Da komme ich nicht ran...«

David war es nicht möglich sich darüber das Lachen zu verkneifen. Seine Tochter wiederum: kein Fan dieses Scherzes.
Wehren tat sie sich allerdings nicht, als er sich umdrehte um sie hochzuheben. Sie war fest und sicher, während sie den Griff mit ihren kleinen Händen umfasste und zu sich zog.
Was daraus folgte war ein lautes Quietschen der Scharniere, das in den Ohren schmerzte.
Während Susy, scheinbar davon vollkommen unberührt, nach der Zuckerpackung fasste, legte sich die Stirn von David in heftige Falten. Er könnte sich nicht daran erinnern, bei der Tür jemals solche Geräusche gehört zu haben.
»Ich hab ihn Daddy, lass mich runter.«
Sie sank leicht zu Boden. Mit einem Schulterzucken schob er auch den Gedanken beiseite. Er werde wohl einfach Öl besorgen müssen, wenn er das nächste Mal im Supermarkt ist.
»Setz dich da drüben auf den Stuhl. Ich sag dir, wann du den Zucker hineinschütten kannst.«
Auf den für sie zu hohen Stuhl gesprungen, sah sie ihren Vater aus den großen blauen Augen erwartungsvoll an. Den Zucker fest im Griff, als fürchte sie er könnte ihr jeden Moment aus den Händen gleiten.
»Was machen wir heute?«
»Waffeln. Wir haben bestimmt sogar noch Sahne«, sagte er mit einem Zwinkern.
»Waffeln? Warum kaufen wir die nicht wie sonst immer?«
David, nach dem Rührbesen greifend, hielt einen Moment inne um sie schief anzusehen.
»Was redest du da? Wir machen sie doch immer selbst«, bestand er, »Außerdem schmecken sie selbstgemacht sowieso viel besser.«
Damit gab sie sich zufrieden und sie sah zu wie im Kreise die Milch mit den Eiern verquirlt wurde. Allerdings nicht lange.
»Daddy?«
»Ja Schätzchen?«
»Warum musste Mama sterben?«
Der Kopf schmerzte ihm plötzlich, er hörte auf zu rühren und die Antwort brauchte etwas Zeit. Er hatte es nicht kommen sehen.
»Oh Kleines, du bist doch eigentlich noch viel zu klein für solche Fragen. Sie hat es dort wo sie jetzt ist sehr gut. Vertrau mir.«
»Machen sie da auch Waffeln?«
Ihr unschuldiges Gesicht trieb Davids Tränen wieder zurück, er würde stark bleiben. Es würde nicht durchbrechen.
»Wollen wir es hoffen...der Zucker kann jetzt rein.«
Als sie die Tüte kippte, erschrak David und riss sie ihr sofort aus der Hand.
Eine Kakerlake kroch am Schüsselboden, aber Susy war davon unverständlich unbeeindruckt. Ihr Gesicht blieb so kalt, als wäre es nur eine weitere Zutat die zu dem Mix dazu gehörte.

David rannte zur Haustür, um die Tüte draußen wegzuwerfen. Dabei fielen ihm die Zeitungen und Briefe auf, sie hatten sich unter dem Briefschlitz aufgetürmt als wäre er Monate nicht zu Hause gewesen. Verwirrt blieb er stehen und schaute zurück. Susy war ihm gefolgt.
»Warst du das?«
»Nein, niemand war es.«
»Was geht hier vor? Es war doch so schön heute.«
»Wir hätten sie nicht machen müssen, auch die gekauften Waffeln waren lecker. Aber Daddy?«
»Ja Schätzchen?«
»Wann hörst du endlich auf dir was vorzumachen?«
Für einen Moment sah David sie, wie er sich fühlte, wie er sie damals nach dem Autounfall identifizieren musste...blau angelaufen, voller Schrammen, Arme und Beine schrecklich deformiert. Dann war er allein.
Das Haus, wie sein Leben, war verwüstet. Staub überall, die Fenster schon ewig mit Vorhängen verhangen, um angefangene nicht aufgegessene Fertiggerichte tummelten sich allerhand Insekten, der Fernseher lief vor sich hin auf stumm. Vielleicht war es wirklich Zeit loszulassen.
Loszulassen.
Die Gespenster der Vergangenheit.
 
G

Gelöschtes Mitglied 22239

Gast
Eine gute Geschichte.wie ich sehen kann, bist du noch jung- Hast du dir vielleicht mal überlegt keine Zeichen bei der wörtlichen Rede zu benutzen?
 
Hallo TobiN,

mir sind ein paar nicht sehr schöne Sätze aufgefallen:

Ihre Augen warfen einen verstohlenen Blick zu der obersten Regaltür.
Sie warf einen verstohlenen Blick zu der obersten Regaltür.

Wobei man „verstohlen" als überflüssiges Adjektiv streichen kann.


Auf den für sie zu hohen Stuhl gesprungen, sah sie ihren Vater aus den großen blauen Augen erwartungsvoll an
Sehr schlecht ausgedrückt. Außerdem: Wenn der Stuhl für sie zu hoch ist, wie kann sie dann überhaupt darauf springen?

David, nach dem Rührbesen greifend, hielt einen Moment inne um sie schief anzusehen.
Partizipien sind nie schön in einer Geschichte.


Eine Kakerlake kroch am Schüsselboden, aber Susy war davon unverständlich unbeeindruckt.
Unverständlicherweise könnte man höchstens schreiben. Unverständlich macht hier keinen Sinn.

Es fehlen einige Kommas, aber um die Verbesserung habe ich mich jetzt nicht gekümmert, da ich den Sprachstil wichtiger finde.

Schöne Grüße
SilberneDelfine
 
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