wie ich den großen Reis gewann

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Tula

Mitglied
wie ich den großen Reis gewann

Am Tag als außer einer Regenfront
kein jemand oder etwas zu mir fand,
trank ich Kaffee, mit Blick zum Horizont
(soweit man den Parterre sieht). Es stand

zunächst, wie sonst, nichts weiter auf dem Plan.
Ich trank den zweiten, grübelte warum
der Mensch so emsig ist in seinem Wahn,
„die Zeit zu nutzen“, wo sie doch postum

für immer fort ist und wenn überhaupt
nur Langeweile oder Missgunst schafft,
weil du beim Labern hoffst, dass jeder glaubt,
dass dir die Lust am Rackern nie erschlafft

daheim, in deinem Wochenend-Konvent.
Dort huldigst du dir selbst und gibst gern kund
was du nicht alles machst, mit viel Talent.
Bloß wissen will von der Bravour kein Hund.

Beim sechsten Käffchen kam ich zu dem Schluss:
zu wahrem Glück gelangt der Mensch durch Fleiß
zur Muße, denn es kommt wie‘s kommen muss:
auch ohne ihn fällt stets ein Säckchen Reis.

Bei Tasse acht ging mir allmählich auf:
selbst hinter Wolken nimmt gemach gemach
die Sonne ihren festgelegten Lauf.
Ich gab dem Dasein Sinn und brühte nach.
 
Zuletzt bearbeitet:
G

Gelöschtes Mitglied 24479

Gast
wunderbare lakonie, lieber tula. trotz des vielen kaffees ;).
liebe grüße
charlotte
 

Hans Dotterich

Mitglied
Endlich mal ein gutes Gedicht hier zu lesen!

Wahre Größe erreicht nur, wer sich selbst begegnet, und sei es in der Sonntagsvormittagsdepression. Aber es könnte schlimmer sein.

Nein, es gefällt mir wirklich. Schön harmonieren Form und Die Zeilenumbrüche mit den Gedanken.

Grüße

Hans
 

Tula

Mitglied
Liebe Charlotte
Zugegeben, beim hiesigen Espresso wäre ich beim achten ganz und gar nicht mehr müßig ;)

Dankend lieben Gruß
Tula
 

Tula

Mitglied
Hallo Petra
Ich freue mich, dass jemand meine Faulheit bezüglich häuslicher Arbeit korrekt als lebensklug deutet :cool:

Dankend lieben Gruß
Tula
 

Tula

Mitglied
Hallo Hans
Man muss sich selbst begegnen können, das stimmt, wobei Lyrich und Autor natürlich nicht unbedingt übereinstimmen. Glücklicherweise bin ich nicht depressiv veranlagt. Aber ein Faulpelz durchaus; so ein Eigenheim, das von selbst täglich nach Arbeit schreit, würde mich vielleicht totunglücklich machen ...

Dankend lieben Gruß
Tula
 
G

Gelöschtes Mitglied 20513

Gast
Schön, Tula! Alle Fünfe grade sein lassen, so lässt es sich leben. Gut geschrieben. Die Zeilenbrüche, prima! Aber mit den Kommas haste es.

Lieben Gruß, Hanna
 

Hans Dotterich

Mitglied
... wobei Lyrich und Autor natürlich nicht unbedingt übereinstimmen ...
Nein, nein, natürlich stimmt der Lyrich nicht mit dem Autor überein! Was ein Graus, dieser Gedanke. Um Gottes Willen!
Aber es ist doch immer schön zu sehen, wenn sich der Leser darin wiedererkennt. Was für ein Spaß für den Autor!

Grüße

Hans
 

Tula

Mitglied
Hallo Hanna
Dank auch dir!
Mit der Kommasetzung hast du wohl nicht unrecht. Sie soll auch als Lese-Markierung dienen, kann aber zugegebenermaßen ebenso störend wirken.

LG
Tula
 
G

Gelöschtes Mitglied 24428

Gast
Hattest du mit dem Gedicht nicht schon den Ersten Preis bei der Apotheken Rundschau im Jahre 1971 gewonnen, Tula?
 

Tula

Mitglied
Nicht doch, das war erst 1973 als ich eingeschult wurde. Damit kam ich als Jungpionier als erster auf die Wandzeitung. Mit dem Kaffee war natürlich Muckefuck gemeint und das Gedicht ein erster Versuch asozialen Widerstandes.
 



 
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