Hallo, Namensvetter,
ich grüße Dich in der Dichterrunde.
Ach so, von Dir gibt es gar keine Gedichte hier. Das ist ein bißchen schräg, den Kunstbanausen zu spielen, ohne sich mit eigenen Werken bloßzustellen.
Ah, Isolde!. Das habe ich noch nie kappiert.
Woran stirbt sie eigentlich, die Isolde, rein medizinisch? Das ist völlig unerfindlich. Ich halte das für einen ziemlich flachen Regietrick. Im Libretto finde ich keine ärztliche Stellungnahme.
Regietrick? Das ist albern.
"Ärztliche Stellungnahmen" finden sich in Libretti nur, wenn sie eine textimmanente satirische Schlagseite haben, wie z.B. in Cosi fan tutte (Da Ponte) oder in Molieres Eingebildetem Kranken. Die Wagnerschen Werke sind aber allesamt symbolistisch. Die Personen des Dramas sind auf symbolistischer Basis ausnahmslos personifizierte Seelenkräfte, vergleichbar den Traumgestalten in der Psychoanalyse bei Freud und den "Archetypen" bei C.G. Jung. Die Gründe der auf die Bühne gestellten "Archetypen", Wunden zu erleiden (wie Tristan himself oder Amfortas), sind nicht im physisch-Medizinischen begründet, sondern in der Seelenstruktur, die sie personalisieren.
Die philosophische Grundlage des durch und durch symbolistischen "Tristan" ist der schopenhauersche Buddhismus. Wagner erweitert diesen Schopenhauerianismus, der fast mehr noch auf dem Vedanta, d.h. auf der Atman-Brahman-Gleichung der Upanischaden beruht, ins absolut Musikalische; die Musik dient nicht dem Text, sondern der Text der Musik: Isolde geht nicht "nur" ins Nirvana ein, in "des Weltatems wehendes All", sondern verwandelt sich faktisch in Musik. Genauer: in eine Modulations-Wendeltreppe über die kleinen Terzen hinauf bis zum erlösenden Schlußakkord. Das kann man mit dem stufenweisen Aufstieg des sterbenden Buddha in der "großen Lehrrede vom Verwehen (para-nibbâna)" vergleichen. Wesentlich ist, daß der Zuhörer diese Verwandlung der Isolde in absolute Musik ästhetisch und metaphysisch-philosophisch (nicht medizinisch) mitvollziehen kann, so wie Isolde die Verklärung Tristans nachvollzieht.
Ich halte nichts von stolzem Banausentum. Ist nicht auch nicht besonders originell. Als würde man das "Alif lailah wa lailah" mit dem Ballermannsong "Layla" übertönen wollen.
grusz, hansz