Willy und Billy

LUPESIWA

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Willy und Billy

In einem Dorf in Sachsen liegt ein kleiner Bauernhof, ganz nah an einem Wäldchen.
Hier leben der Bauer Meier mit seiner Bäuerin. Und dann leben da noch viele Tiere:
Ein großes Pferd, das muss viel arbeiten auf dem Feld.
Drei dicke braune Schafe, die geben jedes Jahr dicke Wolle ab.
Eine ganz alte Ziege, die braucht nichts mehr zu tun, die frisst nur noch.
Drei schöne schwarz weiß gefleckte Kühe, von denen kommt die leckere Milch.
Dann gibt es noch viele Enten, die immer über den Hof laufen und laut schnattern.
Auch einen stolzer Hahn, der weckt jeden Morgen ganz früh alle Leute mit seinem lauten „Kikeriki“, und pickt mit einer großen Schar Hühner den ganzen Tag auf dem Hof und der Wiese herum. Aber die Hühner sind auch fleißig und legen viele Eier.
Und dann gibt es noch zwei große Schweine. Das eine ist der Eber, so heißt der Schweinepapa. Das andere ist „Minni“, die Schweinemama. Sie bekommt zweimal im Jahr kleine Ferkel, so heißen die kleinen Schweinchen.
Jetzt ist sie wieder ganz dick.

Heute ist der große Tag. Der Bauer und seine Bäuerin stehen im Schweinestall am Verschlag. Der große Eber grunzt in einem anderen Verschlag. Er musste von der Sau weg, damit er die kleinen Ferkel nicht erdrückt.
„Es geht los“, brummt der Bauer, „sie ferkelt!“ Dann zählt er laut mit. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12- „fein“, sagt er und krault sich zufrieden den Bart.
„Schau mal“, ruft die Bäuerin sehr aufgeregt, da sind noch zwei rausgeschlüpft!“
„ Na, das sind ja Winzlinge“, sagt der Bauer, „die werden es wohl nicht schaffen. Nehmen wir sie gleich raus.“
Die Bäuerin hat ein gutes Herz. „Ach, lass sie doch ein oder zwei Tage. Vielleicht schaffen sie es ja doch“, meint sie und schaut ihren Mann mit treuen Blick an.
„Ich nenne sie - Willy und Billy – und wenn unsere Kati jetzt hier wäre, könnte sie den Winzlingen die Flasche geben.“
Kati ist ihre Enkelin, sie wohnt in einer großen Stadt und kommt in den Ferien immer zu Besuch.
„Das fehlte noch“, knurrte der Bauer laut, „bis morgen Abend schaue ich noch zu, dann nehme ich sie weg- Basta!“

Nach kurzer Zeit raschelt und rappelt es im Verschlag. Die Äuglein noch zu, suchen die Ferkel eine Zitze bei ihrer Muttersau und trinken hastig die leckere Milch.
Die Sau hat genau 12 Zitzen. Willy und Billy haben keines erwischt. Die etwas größeren Geschwister drängeln und schubsen sie einfach zur Seite. So geht das den ganzen Tag. Und Mutter Sau hilft ihnen auch nicht.
Am Abend kommt die Bäuerin mit Fressen für die Muttersau. Willy und Billy drücken sich ganz ängstlich in eine Ecke. Die Bäuerin lockert noch einmal das Stroh auf.
Ganz vorsichtig rutschen die zwei winzigen Ferkel auf dem Bauch durch die offene Brettertür. Sie rollen hinter einen kleinen Haufen von Laub und Strohresten und bleiben ganz still liegen. Es riecht hier gut und sie haben riesigen Hunger.
Draußen im Hof klappert es. Die Bäuerin hat im anderen Stall die Kühe gemolken. Sie schüttet die Milch in eine große Kanne und der Rest kommt in einen runden braunen Napf. „Miez, Miez, Miez“, ruft sie laut und geht wieder in den Stall.
Willy und Billy rutschen auf ihren kurzen Beinchen, die Nase auf den Boden gedrückt, hin zum Napf und stecken ihren kleinen Rüssel tief hinein.

Plötzlich faucht es hinter ihren Rücken und sie fallen vor Schreck um.
Über ihnen steht der große graue Kater Benno.
Verwundert schaut er mit seinen grünen Augen auf die Winzlinge mit ihrer rosa Haut, den kleinen Ringelschwänzchen und den kurzen Rüssel, am viel zu großem Kopf.
Aber Benno ist nicht böse. Er miaut ganz laut und lange. Da schüttet die Bäuerin noch einmal Milch in seinen Napf. „Benno, du hast ja heute einen großen Durst“, schmunzelt sie und geht wieder an ihre Arbeit.
In den nächsten Tagen haben Willy und Billy viele Abenteuer auf dem Hof. Sie finden genug zu fressen und wachsen ganz schnell.
Am liebsten wühlen sie in dem Komposthaufen. Das ist ein großer Berg aus Erde, vertrockneten Laub und Pflanzen und verfaulten Früchten. Dazwischen liegen kleine Käferlarven und Maden, und auch angeknabberte Äpfel und Kastanien herum.
Einmal trauen sie sich weiter auf den Hof. Mit ihrem Rüssel schnuppern sie den Boden ab und wollen kosten, was die Bäuerin den Enten und Hühnern gerade gestreut hat. Da schnattert es laut neben ihnen, und ein großer Enterich kommt mit seinen gelben Schnabel ganz nah. Die Hühner gackern und flattern aufgeregt umher. Willy und Billy quieken vor Schreck und sausen davon. In einer dreckigen Pfütze suhlen sie sich mit Vergnügen und schruppen ihre rosa Haut mit den winzigen Borsten an einem Holzstapel trocken.

Am Abend entdecken sie eine Lücke im Zaun und quetschen sich mutig durch. Da stehen sie plötzlich im Wäldchen. Hier ist es schon ganz finster. Überall knistert und raschelt es, das ist unheimlich. Sie gucken hoch zum Himmel und sehen auf einem dicken Ast einen riesigen Schatten. Der hat runde gelbe Flecke mit einem schwarzen Punkt in der Mitte und ruft ganz laut „Uhuu, Uhuu.“
Sie bekommen einen großen Schreck, quetschen sich ganz schnell zurück durch die Zaunlücke und verkriechen sich in einem Versteck. Da beschließen sie, wieder zu ihrer Familie zu gehen.
Von dem lauten „Kikeriki“ wachen sie auf. Die Bäuerin mistet den Schweinestall aus. Die Muttersau ist mit ihren Ferkeln in einem Gatter auf der Wiese.
Willy und Billy schlüpfen unbemerkt darunter durch und stehen mitten zwischen ihren Geschwistern. Die beäugen sie, aber nicht freundlich. Plötzlich ist die Muttersau vor ihnen. Sie beschnuppert Willy und Billy von oben bis unten und grunzt ganz laut. Da quieken alle Ferkel und nehmen die beiden Ausreißer wieder auf.

Am Wochenende ist Kati zu Besuch. Sie läuft sofort zum Schweinestall.
„Opa, Opa sind die niedlich und so viele“, staunt sie, „ 14 Stück habe ich gezählt.“
„14 Stück sagst du meine Kleine, das kann doch nicht sein. Es waren nur 12“, brummt er und zählt noch einmal nach. „Tatsächlich – 14 Stück und die beiden in der Mitte sind schon viel größer. Das verstehe ich nicht“, murmelt er und schüttelt mit dem Kopf. Dann geht er wieder an seine Arbeit.
Die Oma erzählt der Kati alles von den Winzlingen. „Ich habe sie Willy und Billy getauft“, sagt sie strahlend, „und sie haben es geschafft!“
 



 
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