Winterabendgabe

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Mitglied
Schon stiehlt sich der Sonne letzter
Strahl von glitzernd weißer Bühne,
legt sich ein orange benetzter
Himmelsstreifen auf den Wald,

wankt ein dicht von Schnee besetzter
Wipfel, fliegt der junge, kühne
Bussard rasch als allerletzter
heim ins Nest, denn es wird kalt!

Rasch kriecht durch des Forstes Ritzen
klirrend kalt die Nacht heran,
blaut das Weiß der Tannenspitzen,
fasst mich Frost mit Dunkeln an.

Und so lenke ich die Schritte
fort vom Wald quer übers Feld,
lass im Knirschen meiner Tritte
hinter mir die Winterwelt.

Seh die letzten Rehe flitzen -
Schneewind treibt sie in den Tann.
Mich hinein, zum Drinnen-Sitzen.
Komm verfrorn, doch glücklich, an.




.jan_2024
 
Zuletzt bearbeitet:
G

Gelöschtes Mitglied 28334

Gast
Jetzt, @fee_reloaded , bräuchten wir einen Metrumprofi für Zeile eins, die metrisch durchaus auch jambisch oder sogar daktylisch (mit Auftakt) und einem jambischen Übergang sein könnte.
Das, allerdings, ist für mich kein Minuspunkt.

Besonders gefällt mir Strophe drei. :]

pS: Frost ist eisig! Hier verschenkst du zwei Silben für ein besseres Adjektiv.
 

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Mitglied
Frost ist eisig! Hier verschenkst du zwei Silben für ein besseres Adjektiv.
Danke herzlichst fürs Vorbeischauen, großzügige Besternen und den Hinweis, logica!

Hast recht - ich werd mir was einfallen lassen für den eisigen Doppelmoppel.
Ich denke da an etwas wie

blaut das Weiß der Tannenspitzen,
fasst mich Frostes Atem an.
,weiß aber noch nicht so recht. Mal sehen.

Ich wünsch dir eine gute Nacht!
fee
 
G

Gelöschtes Mitglied 28334

Gast
Ich finde Frost ziemlich lieblos.
Danke dir auch, Fee!
 

Perry

Mitglied
Hallo Claudia,
insgesamt gefällt mir dein frostiges Abendgedicht durchaus.
Zwar kann ich als eher freier Schreiberling Dir keine konkreten Vorschläge machen, aber vielleicht kannst Du ja mit folgenden Hinweisen etwas anfangen:
Was genau ist die "Gabe" dieses Winterabends, dass "Drinnen-sitzen" ist dazu etwas zu Normales.
Da Du an der 3. Strophe noch arbeitest, könntest du eventuell die Wortwiederholung Frostes und Frost vermeiden, auch weil der Frost selbst keine Ritzen hat, sondern durch selbige kriecht. ;)
LG
Manfred
 

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Mitglied
Lieben Dank fürs Vorbeischauen und Teilen deiner Gedanken, lieber Manfred!
Was genau ist die "Gabe" dieses Winterabends, dass "Drinnen-sitzen" ist dazu etwas zu Normales.
Die Gabe des Winterabends ist das - wenn auch frierend gefundene - Glück.
Komm verfrorn, doch glücklich, an.
Ich wollte das nicht zu aufgesetzt in den Vordergrund "schreiben", ist es doch ein Glück von der eher leisen, unscheinbaren Sorte.

könntest du eventuell die Wortwiederholung Frostes und Frost vermeiden, auch weil der Frost selbst keine Ritzen hat,
Klar, der Frost nicht, aber es ist der Forst in diesem Falle. ;)

Hi, logica!

Ich finde Frost ziemlich lieblos.
Hm. Lieblos ist mir ein zu menschliches Gefühl für ein Naturgedicht. Ich bin noch am Suchen einer Verbesserung fürs Doppelmoppel. Im Moment erscheint mir "eisig" immer noch als beste Lösung.

Liebe Grüße euch beiden!
fee/Claudia
 
G

Gelöschtes Mitglied 28334

Gast
Ich bin noch am Suchen einer Verbesserung fürs Doppelmoppel. Im Moment erscheint mir "eisig" immer noch als beste Lösung.
Guten Morgen @fee_reloaded.

Vielleicht wäre es gewinnbringend, darüber nachzudenken das Adjektiv zu streichen und einen Bezug zu einem weiteren Nomen herzustellen. Dazu müsstest du "fasst" "mich" und "eisig" wegradieren.

Vielleicht hülfe dir dies!

Logi
 

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Mitglied
Vielleicht wäre es gewinnbringend, darüber nachzudenken das Adjektiv zu streichen und einen Bezug zu einem weiteren Nomen herzustellen.
Ja, klar. Das wäre auch eine Möglichkeit. Ich denke bei solchen Dingen ohnehin auch immer etwas "großräumiger". Zwanghaft nach genau einem Adjektiv-Ersatz zu suchen macht die Sache ja nicht einfacher. ;)
Bin noch am Umkreisen der Strophe sozusagen. Will's ja nicht verschlimmbessern, indem ich es zu erzwingen versuche.

LG!
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Claudia,

die letzte Strophe ist für mich entbehrlich.
Die ist mir irgendwie, wie soll ich sagen, zu heimelig.

Liebe Grüße
Manfred
 

wiesner

Mitglied
Auf den millionstel Millimeter genau ;) wären in Zeile 2 und 6 männliche Kadenzen angezeigt, wie in den entsprechenden Zeilen der Nachfolgestrophen definiert. Aber vierhebig ist alles geblieben.
Fünfstrophig, vierhebig - ich meine mich zu erinnern, dass es in solchen Fällen gut beraten wäre, einen Kadenzwechsel vorzunehmen, um ein Herunterleiern zu blockieren.

Ich habe das Gedicht sehr gerne gelesen.

Béla
 

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Mitglied
Ich habe das Gedicht sehr gerne gelesen.
Das freut mich, lieber Béla!

Genau wie die wohlwollende Bewertung. Danke schön!
Ja, man könnte natürlich akribisch genau arbeiten, doch mir passiert es dann so gut wie immer, dass etwas von der Lebendigkeit der Idee, die mich zum Schreiben des Gedichts gebracht hat, verloren geht. Das ist ein sehr feiner Grat und ich habe - für mich zumindest - gelernt, dass ich lieber ein paar Millionstel Millimeter verschenke, weil ich damit besser fahre.

einen Kadenzwechsel vorzunehmen, um ein Herunterleiern zu blockieren
Hm. Wer so liest, dass er ins Leiern geraten kann, der bekommt doch vom eigentlichen Wesen und der Aussage des Gedichts ohnehin nicht viel mit. So sehe ich das jedenfalls. Klingt jetzt nach bequemer Ausrede (und ist es ev. auch)...ähm...entschuldige, ich merke gerade, ich sollte das für heute bleiben lassen. Es schleicht sich eine Migräne an, wie mir scheint...und da stehe ich immer ein wenig neben mir und bin, was Empfindsamkeit, Denken und Erfassen angeht, nicht voll auf der Höhe. Sei mir also nicht böse, wenn ich jetzt nicht weiter auf deine hilfreich gemeinte Anmerkung eingehe.

Liebe Grüße,
Claudia
 

wiesner

Mitglied
Hallo Claudia (wenn ich so sagen darf),

das Leiern hat was mit einem durchgehenden Rhythmus im unveränderten Metrum zu tun, nicht durch ein
Wer so liest, dass er ins Leiern geraten kann
Mein Hinweis war auch nur allgemeiner Art, bezog sich keinesfalls auf Dein Gedicht. Es bleibt dabei - ich schätze es sehr.
Und - natürlich - Gesundheit, geh da hin ...

Béla
 

Anni123

Mitglied
ein schönes Stimmungsbild, free. Das Gedicht ist im Trochäus geschrieben- einwandfrei. :) LG von Anni
Ja, die letzte Strophe wäre entbehrlich, weil sie mit dem Begriff "flitzen" auch an Pathos verliert..
 

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die letzte Strophe wäre entbehrlich, weil sie mit dem Begriff "flitzen" auch an Pathos verliert..
Danke, liebe Anni,

wenn man das Gedicht in der Pathos-Ecke verortet liest, ist die letzte Strophe natürlich nicht ganz stimmig. Da hast du schon recht.

Lustigerweise hatte ich beim Schreiben eher in Richtung Kindergedicht gedacht und die Stellen, die du als "getragen" empfindest, eher als Versuch lautmalerischer und spannender ( weil weniger gebräuchlicher) Wörter gemeint. Meine Großmutter hat mir früher viele Gedichte vorgelesen (ich erinnere mich da vor allem an dieses eine Kinderbuch...ein Jahresbuch mit Gedichten und entzückenden Illustrationen, die alle um eine von Zwergen, Blumenelfen, Käferlein, Salamandern und anderen zauberhaften Gestalten bewohnte Natur kreisten) und ich fand die Verbindung von "besonderer" Sprache mit all dem Naturzauber höchst spannend und ansprechend. Da trugen die ausgefalleneren Wörter mit zum Zauber bei.

Das war weit entfernt von den heutigen, aus einer gewissen Fehlannahme des Sich-zum-Kinde-Herablassen-Müssens bemüht auf kindlich getrimmten Gedichten, damit man Kinder nur ja nicht mit einer anspruchsvollen Sprache "überfordert"...(aber das ist ein Thema für sich). Mein Gedicht ist also eher dieser Erinnerung geschuldet und der Pathos war gar keine Absicht bzw. nicht vordergründig als solcher angelegt.

Freut mich, dass die Stimmung bei dir ankommt wie erhofft! Danke für die Rückmeldung, die wohlwollende Bewertung und den lieben Besuch!

LG,
fee
 



 
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