Wirklichkeit

PinkInTheBlue

Mitglied
Was ist deine meine Wirklichkeit?
Meine Wirklichkeit beginnt wenn die deine aufhört.
Sie bewegt sich in der Luft, zwischen Schleiern und Schneespitzen.
Wabernd, sich aufblähend, sich zerteilend und zusammenfügend.
Sie ist erdig, sie gefällt,
zwischen den schwarzbraunen lehmigen und krumigen Brocken.

Zarte Halme Gras, am Boden zerdrückt, erscheinen seidig.
 
Zuletzt bearbeitet:

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo!

Mir geht es ähnlich wie revilo.
Ich starte einen Erklärungsversuch aus meiner Sicht:

Was ist Deine meine Wirklichkeit?
Da bin ich etwas irritiert, weil du "Deine" in Großschreibung setzt.

Meine Wirklichkeit beginnt wenn die Deine aufhört.
Sie bewegt sich in der Luft, zwischen Schleiern und Schneespitzen.
Wabernd, sich aufblähend, sich zerteilend und zusammenfügend.
Sie ist erdig, sie gefällt,
zwischen den schwarzbraunen lehmigen und krumigen Brocken.
Jetzt beschreibst du die Wirklichkeit des lyr.ich. Sie bewegt sich einerseits in der Luft und ist dann plötzlich geerdet zwischen den lehmigen und krumigen Brocken. Das passt irgendwie nicht zusammen. Das lyr.ich sollte sich hier entscheiden und auch der Leser bekommt so kein stimmiges Bild.

Zarte Halme Gras, am Boden zerdrückt, erscheinen seidig.
Das ist wirklich ein schönes Bild. Wenn du das für sich als Dreizeiler postest, hat es richtig Poesie.

Etwa so:

Zarte Halme Gras
am Boden zerdrückt
erscheinen seidig


Ich denke, du hast insgesamt versucht zuviel in dieses Gedicht zu packen.

Liebe Grüße
Manfred
 

PinkInTheBlue

Mitglied
Jetzt beschreibst du die Wirklichkeit des lyr.ich. Sie bewegt sich einerseits in der Luft und ist dann plötzlich geerdet zwischen den lehmigen und krumigen Brocken. Das passt irgendwie nicht zusammen.
Das ist genau das was ich beschreiben wollte!! Und ja es passt nicht, weil es beides ist. Ich habe es jetzt nochmal ein bisschen angepasst. Wird es jetzt besser oder schlimmer??

Was ist deine meine Wirklichkeit?

Meine Wirklichkeit beginnt wenn die deine aufhört.

Sie ist oben.
Sie bewegt sich in der Luft, zwischen Schleiern und Schneespitzen.
Wabernd. Sich aufblähend. Sich zerteilend und zusammenfügend.

Sie ist unten.
Sie ist erdig. Sie gefällt, zwischen den schwarzbraunen lehmigen und krumigen Brocken.

Zwischen dir und mir ist sie verloren.


Den letzten Satz habe ich weggelassen und poste ihn als Dreizeiler. Super Idee!

DANKE Pink
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo!

Ja, jetzt ist es besser. Deine Intention kommt so beim Leser an.

Liebe Grüße
Manfred
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Die ursprüngliche Version, liebes Pink,

fand ich wesentlich besser.
Zum einen die langen Zeilen, die prosaisch wirken, und da heißt: Nicht dieses Flatterrandprosagehacke nachahmen, an dem die Lyrik der freien Verse seit zwei Genetarionen leidet.
Und das bedeutet für die letzte Zeile: Sie ist die Summe und der pointierte Gegenwurf zu den vorherigen Strophen. Sie wegzuschneiden, ist eine Kastration der Fortpflanzungsfähigkeit der Entwicklung in diesem Gedicht.

Und da sie der schönste Vers des Liedes ist, - verdammt, wolltest Du einen japanischen Steingarten bauen? Einen kargen Haiku? Oder dürfen es noch ein paar Pflanzen sein? Blüten? Bodenmikroben? Wollgräser?

Nein, der Geschmacks-Minister Petronius (in der Verfilmung des Schjenkiewitsch-Romans) an den dichtenden Sänger - den römischen Kaiser, der beim Volk in Ungnade fiel, weil er die Glatiatorenspiele abschaffen bzw. durch Opern ersetzen wollte: "Majestät sollten sich an den ersten Einfall halten".

grusz, hansz
 

PinkInTheBlue

Mitglied
Danke lieber Hansz!! Schön, dass Dir der ursprüngliche Text gefällt!! Freut mich natürlich um so mehr!!!

Und nein - ich hasse Steingärten!! Zumindest wenn das das Einzige ist was es zu sehen gibt ...

Pink
 

revilo

Mitglied
Das ist mir schon klar ! Ich wollte dir nur - ohne dabei arrogant wirken zu wollen - einen anderen Weg aufzeigen ... lg
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Was ist Deine meine Wirklichkeit?
Meine Wirklichkeit beginnt wenn die Deine aufhört.
Das ist in der Tat ein Anfang, der geradezu antipoetisch wirkt.

Nun gibt es nichts Antipoetisches, da Poesie alles sich ihr entgegen Spannende integriert, Zum Beispiel dadurch, daß dieser "Gegenwurf" des Anfangs aufgegriffen und verarbeitet wird, in den folgenden Zeilen. Das ist ja durchaus der Fall.

Antipoetisch wäre sonst die völlig abstrakt-philosophische Allweltaussage.
Es ist immer bei Allaussagen der Fall, daß sie ihre Antithese provozieren. Das wäre: "Meine Wirklichkeit setzt sich in die Deine hinein fort, und Deine hört auch nicht vor mir auf, sondern öffnet sich in meine Wirklichkeit hinein." Das wäre die Kommunikation der gemeinsamen Wirklichkeit in ihr selbst, wo die Mitteilung in dem Augenblick, wo sie verstanden wird, eine Gemeinsamkeit von Absender und Empfänger aufdeckt.

Die von Deinem lyrischen Ich hingeworfene abstrakte These fordert eine wirklich poetische heraus, an der das Gedicht selbstbezüglich teilhätte, wenn die poetische Gedichtthese darin formuliert wäre.

Denkbar: Daß die impressionistischen Verse, die der antikommunikativen Wirklichkeitsabgrenzung folgen, die Sinne und den Verstand des Lesers so öffnen sollen, daß die ersten beiden Verse, die Allaussage, die alternativlose These, die antikommunikative Wirklichkeits-Selbstabgrenzung - nur mit dem Adressaten, dem Empfänger, dem lyrischen Du rumschäkern.

grusz, hansz
 

Daniel Techet

Mitglied
Was ist Deine meine Wirklichkeit?
Meine Wirklichkeit beginnt wenn die Deine aufhört.
Vom Inhalt her ein sehr wichtiges Thema, wie ich finde.
In respektvoller Rücksicht gegenüber der anderen, gleichwertigen Wirklichkeit des Gegenüber zu leben braucht - so meine Ansicht - Weisheit und Selbstbeherrschung, die manch einem noch nicht ganz so gegeben ist.. Als man das DU noch groß geschrieben hat, war der Andere in seiner wertvollen, großen Bedeutung für mein ICH noch deutlicher genannt. Ich halte sehr viel vom großen Wert des großen Du..

Meine Empfehlung: Habe Freude an deinen Worten und an deinem Schreiben.
Was nützt ein Gedicht in der besten aller literaturwissenschaftlichen Techniken, wenn doch der Inhalt weder erhebend noch berührend ist?
 

PinkInTheBlue

Mitglied
Die von Deinem lyrischen Ich hingeworfene abstrakte These fordert eine wirklich poetische heraus, an der das Gedicht selbstbezüglich teilhätte, wenn die poetische Gedichtthese darin formuliert wäre.
Lieber Hansz,
Ich liebe Deine Ausführungen!! Genau das ist es!
Zum Zitat oben - hätte und wäre - also hat es nicht? Also nicht poetisch? Nur um es sicher zu verstehen ... .
Grüße Pink
 

PinkInTheBlue

Mitglied
Vom Inhalt her ein sehr wichtiges Thema, wie ich finde.
In respektvoller Rücksicht gegenüber der anderen, gleichwertigen Wirklichkeit des Gegenüber zu leben braucht - so meine Ansicht - Weisheit und Selbstbeherrschung, die manch einem noch nicht ganz so gegeben ist.. Als man das DU noch groß geschrieben hat, war der Andere in seiner wertvollen, großen Bedeutung für mein ICH noch deutlicher genannt. Ich halte sehr viel vom großen Wert des großen Du..

Meine Empfehlung: Habe Freude an deinen Worten und an deinem Schreiben.
Was nützt ein Gedicht in der besten aller literaturwissenschaftlichen Techniken, wenn doch der Inhalt weder erhebend noch berührend ist?
Danke Daniel. Ja das habe ich auch!! Normalerweise nur für mich und ausgewählte Zuhörer .
Das DU hier kleingeschrieben wird habe ich jetzt gelernt und wollte es schon längst angepasst haben!
Und es freut mich sehr, dass es ja doch irgendwie berührt und kontroverse Kommentare auslöst. Schön! Bin gespannt auf mehr. Und ganz ehrlich, bei literaturwissenschaftlichen Techniken kann ich nicht mitreden. Aber ob es berührt schon!
LG Pink
 



 
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