L
Lothar
Gast
Der Autor und sein Ego
Hi Supernova!
Du irrst, wenn Du meinst, dass das Geschriebene irgend etwas mit dem Autor, insb. seinen Neigungen zu tun haben muss. Es kann natürlich sein, muss aber nicht. So gesehen kann die Gleichsetzung des Ichs in einer Geschichte mit dem Autor schon verletzend sein. Ich schreibe jetzt eine Art Anti-Vergewaltigungsbuch. (Schon wieder Leiden). Ich habe mich immer dem Realismus verpflichtet gefühlt. Das bedeutet, dass ich sowohl auf der Seite der Opfer als auch auf der der Täter "tief" hinab steigen muss. Das heißt aber noch lange nicht, dass ich mich daran ergötze. Dass ich dieses Buch schreibe, ist mir seit Langem ein bedrückendes Anliegen. Ich war mit unserem Umgang mit der Gewalt, mit deren Negierung und Tabuisierung nie einverstanden. Es kann nicht gut gehen, wenn ich die Gewalt gewaltlos den Tätern überlasse und versuche, sie irgend wie und irgend wo zu monopolisieren. Richter sind auch nur (schwache) Menschen. Heute sind wir schon so hilflos, dass es für immer mehr Menschen zum Weinen ist. Wir sind in unserem System gefangen und suchen verzweifelt nach Argumenten, um unsere falsche, aber mit allen Mitteln aufrechterhaltene, seit langem allgemein akzeptierte Sichtweise zu rechtfertigen. Schließlich bringt sie den Siegern im Leben viele Vorteile.
Wenn ich dagegen angeschrieben habe, kam man mir auch immer mit diesen Vorwürfen, ich würde mich begeilen usw. Das ist ja so einfach, einen anders als die Maße Denkenden, der diese Maße vielleicht auch noch kritisch beurteilt, auf diese Weise "abzuwürgen". Viele Autoren, denen dieser Spießrutenlauf zuwider war, haben deshalb auch aufgehört, sich dafür einzusetzen. Ich habe einige kennen gelernt, die jetzt 08/15-Literatur schreiben oder sich an den Mainstream der ewigen Vergangenheitsbewältigung angehängt haben. Schließlich wollen sie ja leben. In diesem Sinne hat Mact recht, wenn er im Allg. Diskussionsforum zu Kunst Heute meint, ein Autor muss auch für die Leser schreiben, damit er seine Familie ernähren kann. Viele, denen ich nach Anhörung des Erstlingswerkes eine Chance gegeben hätte, haben überhaupt aufgehört, weil sie von etwas leben mussten und sich in der herrschenden, scheinästhetischen Sprachlandschaft keine Zukunft gesehen haben. Im dt. holocaust-traumatisierten Sprachraum der Intellektuellen ist doch nur die langweilige Herumsülzerei ala sog. Hochkultur gefragt. Dabei übersehen wir ganz, dass wir keine weltbewegende Kultur mehr haben. Die Hochkultur ist tot, weil schon alt und Neues ist weit und breit nicht in Sicht, weil sie seit 30 Jahren von der die Kultur bestimmenden (Möchtegern-)Linken verhindert wurde. Und mit den "verhinderten Künstlern" meine ich jetzt nicht Rechte Kunst. Das vergiss mal, dieses Argument. Ich meine die ganz normale Kunst, die dem Leben realistisch gegenüber steht und nicht auf die Schiene vom Vorbeiträumen am Leben der Nachkriegsgeneration aufspringen wollte. Für die hatte man den Spruch "Net amoi ignoriern" auf Lager. Sieh Dir doch an, wer sich in den jeweiligen städtischen Kulturszenen die Hand gibt: ein langweiliger Einheitsbrei von Typen, die reinste Inzucht. Genau so schaut auch unsere dt. Kultur heute aus. Unsere Kultur wird heute von den reinen Klexern dominiert. Kunst ohne Aussage und Hinwendung ans Leben oder eben mit der akzeptierten, die schon lange niemandem mehr "weh" tut. Ich aber liebe Kunst, die mir "weh" tut, die mich zum Denken anregt, zum weiter denken. Was interessiert mich eine Diskussion, in der es nur um Details geht, die noch dazu schon 1000 mal durchgekaut wurden. Aus diesem Grund stehe ich auf die Amerikaner, wie den Brutalrealisten Ellis, den Sarkastiker und Ironisten Boyle, usw.
Warum immer gleich so starke, abwürgende Argumente, wenn einem eine Ansicht nicht in die eigene Gedankenwelt passt? Warum nicht offen ausdiskutieren, ohne das Gegenüber in die Enge zu treiben? In diesem Sinne haben wir die Weiterentwicklung unserer Philosophie, des Sozialismus, des Humanismus in die Inzucht getrieben. Unsere gesellschaftl. Entwicklung liegt deshalb, was diese Ismen betrifft, heute schon wieder weit hinter jenen der 70er Jahre zurück. Es ist nichts übrig geblieben außer dem Egoismus, den wir Streben nach Freiheit nennen, um ihn zu rechtfertigen. Die Revolutionäre der 68-Generation sind heute an der Macht, sie sitzen in allen wichtigen Positionen und sie haben ihre eigene Revolution "ermordet". Sie haben sogar Angst vor einem Wiederaufleben, sie müssten dann ja ihre Macht abgeben und vielleicht sogar den einzementierten Nonsens einer in sich selbst verworrenen Philosophie aus ihren Hirnwindungen kratzen.
Und liebe Supernova, Du irrst auch, wenn Du meinst, dass die willentliche Aufhebung zwischen Außen und Innen der nächste Schritt in der Evolution ist und Gewalt nur etwas für die Menschen von Heute. Schon möglich, dass ersteres Zukunft ist, aber auch dann wird die Gewalt auf dem Trittbrett stehen, denn die Gewalt ist unser Leben. Ohne Gewalt, kein Leben. Überdenke mal das Wort Leben! Leben bedeutet sich bewegen von der Geburt zum Tod. Alles ist vergänglich, und jeder kleine Schritt geschieht unter Gewalt. Meist zwar einer Gewalt, die wir nicht direkt sehen. Aber manchmal genügt ein Blick in den Spiegel - eine Falte mehr am Auge = Gewalt, Leben. Gewalt wird uns immer erst bewusst, wenn wir sie in überschießender Dimension wahrnehmen. Aber das ist nur ein Teilbereich. Unser ganzes Leben ist Gewalt. Das sollten wir endlich lernen zu akzeptieren. Dann werden wir auch mit der überschießenden Gewalt besser zurecht kommen.
Du schreibst auch, dass ich fast ausschließlich auf das Leiden fokussiere. Ja, warum nicht? Wie ich oben schon schrieb, ich möchte nicht nur klexen. Ich habe auch meine Werklein, in denen ich nach einer Veränderung des Ist-Zustandes unserer Gesellschaft zum Guten hin suche.
Das Alles meint
Lothar, der heute mit dem kühleren Wetter leidlich zufrieden ist. Ab und tschüss!
Hi Supernova!
Du irrst, wenn Du meinst, dass das Geschriebene irgend etwas mit dem Autor, insb. seinen Neigungen zu tun haben muss. Es kann natürlich sein, muss aber nicht. So gesehen kann die Gleichsetzung des Ichs in einer Geschichte mit dem Autor schon verletzend sein. Ich schreibe jetzt eine Art Anti-Vergewaltigungsbuch. (Schon wieder Leiden). Ich habe mich immer dem Realismus verpflichtet gefühlt. Das bedeutet, dass ich sowohl auf der Seite der Opfer als auch auf der der Täter "tief" hinab steigen muss. Das heißt aber noch lange nicht, dass ich mich daran ergötze. Dass ich dieses Buch schreibe, ist mir seit Langem ein bedrückendes Anliegen. Ich war mit unserem Umgang mit der Gewalt, mit deren Negierung und Tabuisierung nie einverstanden. Es kann nicht gut gehen, wenn ich die Gewalt gewaltlos den Tätern überlasse und versuche, sie irgend wie und irgend wo zu monopolisieren. Richter sind auch nur (schwache) Menschen. Heute sind wir schon so hilflos, dass es für immer mehr Menschen zum Weinen ist. Wir sind in unserem System gefangen und suchen verzweifelt nach Argumenten, um unsere falsche, aber mit allen Mitteln aufrechterhaltene, seit langem allgemein akzeptierte Sichtweise zu rechtfertigen. Schließlich bringt sie den Siegern im Leben viele Vorteile.
Wenn ich dagegen angeschrieben habe, kam man mir auch immer mit diesen Vorwürfen, ich würde mich begeilen usw. Das ist ja so einfach, einen anders als die Maße Denkenden, der diese Maße vielleicht auch noch kritisch beurteilt, auf diese Weise "abzuwürgen". Viele Autoren, denen dieser Spießrutenlauf zuwider war, haben deshalb auch aufgehört, sich dafür einzusetzen. Ich habe einige kennen gelernt, die jetzt 08/15-Literatur schreiben oder sich an den Mainstream der ewigen Vergangenheitsbewältigung angehängt haben. Schließlich wollen sie ja leben. In diesem Sinne hat Mact recht, wenn er im Allg. Diskussionsforum zu Kunst Heute meint, ein Autor muss auch für die Leser schreiben, damit er seine Familie ernähren kann. Viele, denen ich nach Anhörung des Erstlingswerkes eine Chance gegeben hätte, haben überhaupt aufgehört, weil sie von etwas leben mussten und sich in der herrschenden, scheinästhetischen Sprachlandschaft keine Zukunft gesehen haben. Im dt. holocaust-traumatisierten Sprachraum der Intellektuellen ist doch nur die langweilige Herumsülzerei ala sog. Hochkultur gefragt. Dabei übersehen wir ganz, dass wir keine weltbewegende Kultur mehr haben. Die Hochkultur ist tot, weil schon alt und Neues ist weit und breit nicht in Sicht, weil sie seit 30 Jahren von der die Kultur bestimmenden (Möchtegern-)Linken verhindert wurde. Und mit den "verhinderten Künstlern" meine ich jetzt nicht Rechte Kunst. Das vergiss mal, dieses Argument. Ich meine die ganz normale Kunst, die dem Leben realistisch gegenüber steht und nicht auf die Schiene vom Vorbeiträumen am Leben der Nachkriegsgeneration aufspringen wollte. Für die hatte man den Spruch "Net amoi ignoriern" auf Lager. Sieh Dir doch an, wer sich in den jeweiligen städtischen Kulturszenen die Hand gibt: ein langweiliger Einheitsbrei von Typen, die reinste Inzucht. Genau so schaut auch unsere dt. Kultur heute aus. Unsere Kultur wird heute von den reinen Klexern dominiert. Kunst ohne Aussage und Hinwendung ans Leben oder eben mit der akzeptierten, die schon lange niemandem mehr "weh" tut. Ich aber liebe Kunst, die mir "weh" tut, die mich zum Denken anregt, zum weiter denken. Was interessiert mich eine Diskussion, in der es nur um Details geht, die noch dazu schon 1000 mal durchgekaut wurden. Aus diesem Grund stehe ich auf die Amerikaner, wie den Brutalrealisten Ellis, den Sarkastiker und Ironisten Boyle, usw.
Warum immer gleich so starke, abwürgende Argumente, wenn einem eine Ansicht nicht in die eigene Gedankenwelt passt? Warum nicht offen ausdiskutieren, ohne das Gegenüber in die Enge zu treiben? In diesem Sinne haben wir die Weiterentwicklung unserer Philosophie, des Sozialismus, des Humanismus in die Inzucht getrieben. Unsere gesellschaftl. Entwicklung liegt deshalb, was diese Ismen betrifft, heute schon wieder weit hinter jenen der 70er Jahre zurück. Es ist nichts übrig geblieben außer dem Egoismus, den wir Streben nach Freiheit nennen, um ihn zu rechtfertigen. Die Revolutionäre der 68-Generation sind heute an der Macht, sie sitzen in allen wichtigen Positionen und sie haben ihre eigene Revolution "ermordet". Sie haben sogar Angst vor einem Wiederaufleben, sie müssten dann ja ihre Macht abgeben und vielleicht sogar den einzementierten Nonsens einer in sich selbst verworrenen Philosophie aus ihren Hirnwindungen kratzen.
Und liebe Supernova, Du irrst auch, wenn Du meinst, dass die willentliche Aufhebung zwischen Außen und Innen der nächste Schritt in der Evolution ist und Gewalt nur etwas für die Menschen von Heute. Schon möglich, dass ersteres Zukunft ist, aber auch dann wird die Gewalt auf dem Trittbrett stehen, denn die Gewalt ist unser Leben. Ohne Gewalt, kein Leben. Überdenke mal das Wort Leben! Leben bedeutet sich bewegen von der Geburt zum Tod. Alles ist vergänglich, und jeder kleine Schritt geschieht unter Gewalt. Meist zwar einer Gewalt, die wir nicht direkt sehen. Aber manchmal genügt ein Blick in den Spiegel - eine Falte mehr am Auge = Gewalt, Leben. Gewalt wird uns immer erst bewusst, wenn wir sie in überschießender Dimension wahrnehmen. Aber das ist nur ein Teilbereich. Unser ganzes Leben ist Gewalt. Das sollten wir endlich lernen zu akzeptieren. Dann werden wir auch mit der überschießenden Gewalt besser zurecht kommen.
Du schreibst auch, dass ich fast ausschließlich auf das Leiden fokussiere. Ja, warum nicht? Wie ich oben schon schrieb, ich möchte nicht nur klexen. Ich habe auch meine Werklein, in denen ich nach einer Veränderung des Ist-Zustandes unserer Gesellschaft zum Guten hin suche.
Das Alles meint
Lothar, der heute mit dem kühleren Wetter leidlich zufrieden ist. Ab und tschüss!