Killergurke
Mitglied
Wo ist Werner?
Wir haben Ende Februar und das Wetter ist dementsprechend. Draußen ist es kalt und ungemütlich. Aber zum Glück sitze ich im warmen Büro. Da kommt mein Chef Peter zu mir.
„Du Klaus, hast du mal wieder was von Werner gehört“, fragt er mich.
Ich antworte: „Nein. Seit der Sache mit Britta und seinem Trauma habe ich keinen Kontakt mehr zu Ihm. Er hat sich sehr zurückgezogen.“
„Er war nicht bei seinen Terminen mit dem Psychiater. Schon seit 3 Wochen. Kannst du mal versuchen Ihn zu erreichen und fragen was da los ist?“ fragt Peter.
„Ok. Ich versuche Ihn zu erwischen“, erwider ich.
Also versuche ich Werner anzurufen. Das war schon ein Ding Anfang des Jahres. Der ganze Fall hat ihn sehr mitgenommen. Die Serienmörderin, Melanie Müller, die ihn fast umgebracht hätte und dann verschwunden war, und dann noch der Unfalltod seiner Kollegin Britta, den er nicht wahrhaben wollte, und stattdessen felsenfest behauptete, dass sie von der Killerin umgebracht wurde.
Zuerst versuchte ich seine Festnetznummer. Ich lasse es eine gefühlte Ewigkeit klingeln, aber nichts. Ok. Also seine Mobile Nummer. „Die Nummer, die sie gewählt haben, ist aktuell nicht erreichbar.“ höre ich die Ansage.
Hmm. Das ist komisch. Werner hat sein Handy doch immer an. Plötzlich habe ich ein komisches Gefühl in der Magengegend. Ich sage Peter Bescheid und mache mich auf den Weg zu Werners Haus. Ich gehe zur Haustür und klingel. Erst nur einmal, aber als sich nichts rührt mehrfach. Zusätzlich klopfe ich noch und rufe seinen Namen. Nichts.
„Den Herrn Kalb habe ich schon seit fast drei Wochen nicht mehr gesehen“, höre ich jemanden sagen. Ich drehe mich um und sehe eine ältere Frau. Sie sagt, dass sie die Nachbarin sei. Jetzt bin ich wirklich beunruhigt. Wo ist Werner?
Ich fahre zurück ins Präsidium und unterrichte meinen Chef. Ich frage ihn, ob ich mir nochmal den Fall Melanie Müller ansehen darf. Peter gibt sein Okay und sagt, dass ich mir Sven zur Unterstützung dazu nehmen soll.
Der Fall ist echt der Wahnsinn. In sieben Fällen ist es bestätigt, dass die Frau die Opfer getötet hat, und in 19 weiteren Fällen besteht ein dringender Verdacht. Und das bei einer Frau. Das ist sehr selten. Das ertrinken von Britta passt tatsächlich in ihre Vorgehensweise. Deswegen rufe ich nochmal bei der Telefongesellschaft an, um es mir noch einmal bestätigen zu lassen, dass es, zu dem von Werner angegeben Zeitpunkt, keinen Telefonverkehr auf seinem Handy gab. Und dann kommt der Hammer. Kleinlaut gibt der Mitarbeiter der Gesellschaft an, dass es bei ihnen einen Hackerangriff gab, und einige Gesprächsdaten, im angegeben Zeitraum, scheinbar gelöscht wurden.
Das ändert alles. Vielleicht hatte Werner recht. Das würde dann bedeuten, dass Melanie Müller für den Tod von Britta verantwortlich ist. Eine Obduktion gibt es leider nicht, da es als Unfall deklariert wurde. Und die Leiche war mittlerweile auch schon eingeäschert. Aber die Wohnung von Britta war noch unverändert.
Sofort besorge ich mir einen Durchsuchungsbefehl und schicke unsere Forensiker in die Wohnung, um da nochmal alles gründlich zu untersuchen.
Am nächsten Tag kriege ich den Bericht der Kollegen. Im Esszimmer der Wohnung wurden Blutspritzer gefunden. Außerdem befand sich im Müll ein großer Ballen zusammengeknülltes Klebeband. Die DNA Analyse, von beiden Funden, wurde angefordert. Aber zusätzlich wurden auch verschiedene Fingerabdrücke gefunden. Die einen gehören, wie erwarte, Britta, aber die anderen konnten Melanie Müller zugeordnet werden.
Mir fällt die Kinnlade runter. Werner hatte Recht. Britta war ein Opfer der Serienkillerin. Aber das bedeutete auch, dass diese nicht in Kolumbien ist, sondern sich weiterhin hier aufhält. Schnell gehe ich zu Peter und zeige ihm, was ich herausgefunden habe.Er ist entsetzt und meint, dass ich mir mit Sven nochmal das Haus von der Killerin ansehen soll. Das ist noch immer versiegelt. Vielleicht finden wir dort noch neue Spuren.
Also fahre ich mit Sven zu dem Haus. Wir brechen das Sigel an der Haustür auf und gehen hinein.
Sven sagt: „Guckst du dich oben um? Dann sehe ich hier unten mal nach den Rechten.“ Ich nicke und gehe die Treppe hinauf. Ich bin gerade im ersten Raum, da höre ich plötzlich Sven rufen: „Halt stehenbleiben. Wer ist da. Polizei. Bleiben sie stehen!“
Kurz darauf höre ich ein lautes Poltern gefolgt von einem Schmerzensschrei meines Kollegen, und kurz darauf noch einen dumpfen Schlag, gefolgt von einem weiteren lauter Schrei.
„Sven alles Ok“, rufe ich und laufe die Treppe runter. Ich höre ein Stöhnen vom hinteren Teil des Hauses und gehe vorsichtig in die Richtung. Da sehe ich Sven. Er liegt zwischen großen Steinen am Boden und auf seiner linken Schulter liegt eine große Metallkugel.
Mit schmerzverzerrtem Gesicht murmelt er: „Vorsicht Fallen.“
Dann sehe ich die Angel-Sehne, die zwischen den Türrahmen gespannt wurde. Mein Kollege ist über diese gestolpert und dann auf die Steine gefallen, die dort scheinbar jemand extra platziert hat. Außerdem wurde durch die Sehne noch ein Mechanismus ausgelöst, der die Kugel in Gang brachte, die dann herunter gefallen ist. Fast hätte diese den Kopf von Sven getroffen. Das möchte ich mir gar nicht vorstellen. Langsam gehe ich, mit gezogener Waffe, an Sven vorbei nach hinten. Aber hier ist niemand mehr. Sven stöhnt vor Schmerz und sagt: „Da war jemand. Ich konnte nicht erkennen wer es war. Nichtmal ob es ein Mann oder eine Frau war. Ich sah nur einen Schatten und dann bin ich auch schon gestürzt. Ich habe meine Waffe dabei verloren. Sie muss bei der Tür da hinten liegen.“
Ich gehe zur Tür, aber die Waffe ist verschwunden. Nichts. Ich suche die ganze Gegend ab, aber da ist keine Waffe. Der Eindringling muss sie mitgenommen haben.
Ich rufe einen Krankenwagen und meine Kollegen. Kurz darauf sind alle vor Ort. Sven wird untersucht und dann in den Krankenwagen gebracht. Wie es aussieht hat er ein gebrochenes Bein, drei gebrochene Rippen und eine zertrümmerte linke Schulter. Wow. Die Falle hatte es in sich. Aber er hat sogar noch Glück gehabt. Wäre die Kugel 20 cm weiter recht gelandet …...
Die Kollegen durchsuchen vorsichtig das ganze Haus und finden noch 3 weitere Fallen. Hier hat jemand ganze Arbeit geleistet. Und dann zu unser aller Entsetzen finden wir Werner. Er liegt in dem gleichen Zimmer wie bei dem ersten Mordversuch an ihm. Aber diesmal hat der oder die Täterin es geschafft. Werner ist Tod. Er ist immer noch ans Bett gefesselt und über seinem Kopf ist eine Tüte gestülpt worden, welche am Hals mit Tape verschlossen wurde. Neben dem Kopf liegt noch ein weiteres Kissen. Jeder weiß sofort, was hier passiert ist. Werner wurde erstickt. Und die einzige Verdächtige ist Melanie Müller. Es passt einfach alles zu gut. Bedrückt fahren wir alle, nach Abschluss der Beweisaufnahme, zurück ins Büro. Wir besprechen das weitere Vorgehen und dann ist Schluss für heute.
Ich beschließe noch im Krankenhaus vorbei zu fahren und Sven zu besuchen. Er wurde schon operiert und müsste jetzt wieder auf seinem Zimmer liegen.
Ich komme im Krankenhaus an und frage an der Info nach seiner Zimmernummer. Oh. Er liegt im Privatpatienten Bereich. Nobel Nobel. Ich gehe zu seinem Zimmer, klopfe leise an und trete ein. Immer noch von der Betäubung benebelt sieht er mich an und fragt, ob wir sie erwischt haben. Ich verneine dieses und gebe ihm die neusten Infos. Auch das mit Werner. Er ist entsetzt. Kurz darauf kommt auch schon die Nachtschwester ins Zimmer und sagt, dass ich jetzt gehe müsste. Sven braucht seine Ruhe. Ich verabschiede mich und gehe Richtung Ausgang. Auf dem Weg dorthin kommt mir eine junge Frau in Schwesternkleidung entgegen. Mein Blick wandert zu ihr und ich bin entzückt. Sie hat ein schönes leicht geschminktes Gesicht. Ihre langen blonden Haare sind zu einem Zopf gebunden, der bei jedem Schritt ein wenig hin und her wippt. Mein Blick gleitet an ihr herunter. Wow. Ein perfekter Körper, mit den richtigen Proportionen. Einfach ein Traum. Sie lächelt mich an und ich schmelze dahin. Was macht so eine Traumfrau hier? Ich lächel schüchtern zurück und gehe weiter Richtung Ausgang. Ich denke noch so bei mir, ob diese langen, blau lackierten Fingernägel eigentlich erlaubt sind als Krankenschwester? Verwerfe den Gedanken aber schnell wieder. Das habe nicht ich zu entscheiden.
Ich fahre nach Hause und falle todmüde ins Bett.
Ich werde vom klingeln meines Handys geweckt. Schlaftrunken werfe ich einen Blick auf die Uhr. 5.30 Uhr. Mein Gott. Wer ruft denn jetzt schon an? Es ist Peter, mein Chef. „Komm schnell ins Krankenhaus. Es ist etwas furchtbares passiert.“ Sagt er mit bedrückter Stimme.
Ich bin sofort hellwach und frage: „Was ist passiert, Chef. Ist mit Sven alles Ok?“
„Wir haben sieben Leichen. Und Sven ist eine von Ihnen.“ erwidert er mit trauriger Stimme.
„Ich bin gleich da.“ antworte ich.
Die Gedanken schießen mir durch den Kopf. Das kann nicht sein. Das ist unmöglich. Wie kann jemand sieben Menschen in einem Krankenhaus umbringen. Da gibt es Personal und ein Überwachungssystem. Ich springe in meine Klamotten und düse so schnell ich kann zum Krankenhaus.
Mein Chef erwartet mich schon und sagt: „Mach dich auf was gefasst. Es ist grausam.“ Dann gehe wir zu der Abteilung in der auch Sven liegt. Vor und in dem Schwesternzimmer ist eine große Wasserpfütze. Was ist da passiert? Als ich einen Blick hinein werfe, kann ich nicht glauben was ich da sehe. Die Nachtschwester, die mich gestern aufgefordert hat zu gehen, ist dort mit Mullbinden an einen Stuhl gefesselt worden. Jemand hat ihr dann einen Schlafapnoe Vollmaske aufgesetzt, den Schlauch aber nicht mit einem CPAP Gerät verbunden, sondern diesen an den Wasserhahn gesteckt. Mein Chef sagt mir, dass das Wasser noch lief, als sie gefunden wurde. Die Arme wurde also auf grausame Weise ertränkt. Ich bin entsetzt. Wer kann so etwas grausames tun? Dann sagt mir mein Chef weiter, dass alle fünf Patienten der Abteilung, darunter auch Sven, erstickt wurden. Sie wurden alle mit einer Tüte über dem Kopf und Tod in ihren Zimmern gefunden. Ich werde Kreidebleich.
„Was ist mit den Überwachungskameras? Das muss dem Wachdienst doch aufgefallen sein“, sage ich.
Mein Chef erwidert: „Der Wachmann ist Nummer Sieben.“
Wir gehen zum Wachdienstbüro und dort sehen wir den Wachmann. Er ist an seinen Stuhl gefesselt und hat ebenfalls eine Tüte über seinem Kopf. Am Hals sind deutliche Brandspuren eines Elektroschockers zu sehen. So wurde er also ausgeschaltet.
„Wurden die Aufnahmen der Kameras gelöscht?“ frage ich.
„Das überprüfen wir gerade“, antwortet Peter. „Ich hoffe nicht, aber das sieht schon alles ziemlich geplant aus.“
„Kann es sein, dass es wieder Melanie Müller war?“, frage ich in die Runde.
Alle zucken mit den Achseln. Wir können es nicht beweisen und so auch nicht sicher sein, aber wir denken doch alle das Selbe. Ja. Sie muss es gewesen sein. Die ganze Vorgehensweise passt. Nur die große Anzahl an Opfer ist außergewöhnlich. So wie das große Finale. Wir müssen diese Frau erwischen. Sie wird niemals aufhören, wenn sie auf freien Fuß bleibt. Da bin ich mir sicher.
Unsere Forensiker arbeiten mit Hochdruck an der Spurenanalyse. Sieben Tatorte auf einmal. Da gibt es sehr viel zu tun. Akribisch wird alles aufgenommen und dokumentiert.
Auch die Rechtsmediziner haben sehr viel zu tun. Schließlich müssen alle sieben Leichen obduziert werden. Aber alle sind mit Hochdruck dabei. Wir jagen nicht nur eine Serienkillerin, sondern auch jemanden der drei von unseren Kollegen umgebracht hat. In so einem Fall muss man niemanden mehr motivieren. Alle tun ihr möglichstes.
Die Kameraaufnahmen wurden alle gelöscht. Hier gibt es leider nichts, was wir nutzen können.
Nach drei Tagen sind die Rechtsmediziner durch. Alle Leichen wurden obduziert und die Berichte wurden ins System gestellt. Wie schon vermutet, wurde der Wachmann mit einem Elektroschocker außer Gefecht gesetzt und dann mit einer Tüte erstickt. Das hatten wir alle schon vermutet.
Bei der Krankenschwester wurden Rückstände von Chloroform im Blut gefunden. Sie wurde also auch betäubt und dann, wie schon vermutet, ertränkt.
Bei allen weiteren Opfern, einschließlich Sven, war es das Gleiche. In ihrem Blut wurde ein starkes Betäubungsmittel gefunden und dann wurden sie erstickt.
Die Ermittlungen werden stark erweitert. Alle wollen diese Frau erwischen. Auch wenn es noch nicht bestätigt ist, denken es doch alle, dass kann nur Melanie Müller gewesen sein. Wozu diese Frau fähig ist, hat sie durch ihr Taten schon bewiesen.
Eine Woche später wird mir plötzlich ein Video per Mail zugeschickt. Als Text steht in der Mail nur:
Schöne Grüße aus Kolumbien.
Viel Spaß beim ansehen. Mir hat es sehr viel Spaß gemacht das Video zu drehen.
Liebe Grüße
Melanie
Ich erwarte das Schlimmste. Bevor ich das Video öffne, rufe ich meinen Chef und meine Kollegen. Als wir alle, versammelt hinter meinem Bildschirm, sitzen, starte ich das Video.
In dem Video ist Britta zu sehen, wie sie gefesselt in ihrer Badewanne liegt und das Wasser einläuft. Als das Wasser hoch genug ist, sieht man plötzlich Melanie Müller neben ihr. Diese legt ihre perfekt manikürte Hand mit den langen roten Fingernägeln auf ihren Kopf und drückt diesen unter Wasser. Britta wehrt sich so gut sie kann, aber durch die Art der Fesselung, kann sie sich nur sehr wenig bewegen. Lachend drückt diese Teufelin ihren Kopf unter Wasser, bis sie sich nicht mehr rührt. Dann endet das Video.
Wir sind alle geschockt. Ja. Das ist der endgültige Beweis, dass sie Britta getötet hat. Aber diese kaltblütige Art, und dass sie uns das Video schickt, entsetzt uns alle.
Wir versuchen die Mail zurück zu verfolgen, aber nach drei Standorten verliert sich die Spur. Niemand kann sagen, ob die Mail wirklich aus Kolumbien gekommen ist, oder aus dem Haus nebenan. Es ist frustrierend. Diese Frau scheint sich leider auch noch mit Computern, und alles was damit zusammenhängt, auszukennen.
Am nächsten Tag bekomme ich wieder eine Mail mit einem Video. Diesmal steht als Text nur:
Weil es gestern so schön war, hier nun die Fortsetzung.
Liebe Grüße
Melanie
Ängstlich rufe ich wieder meine Kollegen zusammen. Wie kann diese Frau nur so eiskalt sein.
Das Video zeigt diesmal den Mord an Werner. Da liegt er. Ans Bett gefesselt und geknebelt. Dann sieht man Melanie am Kopfende stehen. Sie zieht ihm langsam eine Tüte über den Kopf und verschließt diese mit Tape am Hals. Dann nehmen ihre schönen Hände ein Kissen und drücken es gnadenlos auf sein Gesicht. Sie achtet scheinbar penibel darauf, dass ihre Hände immer perfekt aussehen. Die langen, diesmal Lila lackierten Fingernägel, leuchten im Licht der Lampe, als Werner verzweifelt um sein Leben kämpft. Aber diese Frau kennt keine Gnade. Eiskalt drücken ihre zarten Hände das Kissen auf sein eingetütetes Gesicht, bis er sich nicht mehr rührt.
Ein entsetztes Schweigen hat den Raum ergriffen. So was lässt selbst den härtesten Bullen nicht kalt. Jeder hier kannte Werner und zu sehen, wie er ermordet wird trifft uns alle tief ins Herz.
Wir alle wollen diese Frau erwischen. Sie ist so dreist, und schickt uns die Videos, wie sie unsere Kollegen umbringt. Das muss bestraft werden. Sie darf nicht davon kommen. Das schwören wir alle. Das Problem ist nur, dass wir keinerlei Spur zur ihrem derzeitigen Aufenthaltsort haben. Alle Ermittlungen, dies betreffend, verlaufen im Sande.
Als ich am nächsten Tag ins Büro komme, habe ich Angst den Computer hoch zu fahren. Habe ich wieder ein Video bekommen? Vielleicht diesmal von dem Mord an Sven? Der PC fährt hoch und natürlich habe ich Mails bekommen. Das Schlimmste erwartend öffne ich den Posteingang. Nur das normale Büro blabla. Ich atme durch. Kein Video. Ich weiß nicht, ob ich das heute verkraftet hätte.
Also öffne ich wieder die Akte Melanie Müller. Ich muss einfach was finden. Wir müssen was übersehen haben. Es gibt immer eine Spur. Niemand kann einfach so verschwinden.
Ich bin so in meine Arbeit vertieft, dass ich erst spät bemerke, dass ich neue Mails bekommen habe. Automatisch öffne ich den Posteingang und überfliege die Überschriften der neuen Mails. Und da ist sie. Mir bleibt fast das Herz stehen. Eine Mail mit großem Anhang.
Ich öffne diese und lese den Text:
Hallo lieber Kommissar.
Haben Ihnen die letzten beiden Videos gefallen? Dann werden sie dieses Lieben. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht es zu drehen. Setzen sie sich bequem hin und genießen sie die Show.
Liebe Grüße
Melanie
Jetzt schlägt mir das Herz bis zum Hals hinauf. Ich rufe meine Kollegen und zusammen starren wir gebannt auf meinen Bildschirm, als ich das Video öffne.
Am Anfang sieht man einen Wachmann vor seinen Monitoren sitzen. Dann erscheint plötzlich eine junge, blonde Frau hinter ihm. Er scheint sie nicht zu bemerken, als sie sich langsam von hinter nährt. Dann sieht man, wie sie etwas in ihrer rechten Hand hält und an seinen Hals drückt. Der Mann zuckt einmal heftig und sackt dann in sich zusammen. Die Krankenschwester beginnt jetzt, den Wächter mit Tape an seinen Stuhl zu fesseln. Da fällt mir plötzlich ein Detail auf. Lange, blaue Fingernägel. Moment. Blonde Haare, Blaue Nägel, tolle Figur und Schwesternkleidung. Das ist die Frau, die mir entgegen kam, als ich das Krankenhaus verlassen habe an den Abend, vor den Morden. Das ist Melanie Müller. Sie ist einen Meter an mir vorbei gelaufen und ich habe sie nicht erkannt. Ich habe einen großen Kloß im Hals. Wie konnte ich das nicht bemerken.
Auf dem Video ist jetzt zu sehen, wie sie dem Wachmann eine Tüte über den Kopf zieht und am Hals mit Tape verschließt.
Dann springt das Video in eine andere Szene. Hier sieht man die Stationsschwester an ihren Stuhl gefesselt. Sie trägt auch schon die CPAP Maske. Jetzt sieht man, wie Melanie den Schlauch mit der Maske und den Wasserhahn verbindet. Dann drehen ihre schönen Hände den Wasserhahn auf. Die Schwester windet sich wie verrückt, das Wasser spritzt aus der Schalldämpfer Öffnung der Maske. Die Arme hat keine Chance. Nach ca. 3 Minuten sackt sie zusammen. Es ist grausam. Wir alle dachten, dass die Schwester betäubt war als sie ertränkt wurde. Aber das Video zeigt, dass die Killerin gewartet hat, bis ihr Opfer wieder zu Bewusstsein gekommen ist.
Als nächstes sieht man wie Melanie eine Rolle Mülltüten und Fixierpflaster nimmt. Die Kamera wechselt erneut und man sieht den Flur des Krankenhauses und wie sie nacheinander in die fünf Zimmer der weiteren Opfer, einschließlich unseres Kollegen, geht. Am Ende lächelt sie in die Kamera und winkt. Dann endet das Video.
Es ist sehr ruhig im Raum. Jeder von uns ist entsetzt. Noch einmal gehen wir zusammen alle Fakten durch. Haben wir vielleicht eine Möglichkeit übersehen, wie wir sie finden können. Aber es ist deprimierend. Wir finden einfach nichts, wo wir ansetzen können. Ein Kollege fragt, was denn mit den Handys von Britta und Werner sei. Die wurden ja bisher nicht gefunden. Vielleicht benutzt die Killerin ja diese. Wir machen uns keine Hoffnungen, aber da dieses das Einzige ist, was wir haben, lassen wir die Handys überwachen.
Die nächsten zwei Tage passiert gar nichts. Egal was wir versuchen, alles verläuft im Sande. Diese Frau hat uns so viele Spuren hinterlassen, aber keine davon hilft, sie zu finden. Es fühlt sich an, als jagt man einen Geist.
Dann am dritten Tag kriegen wir eine Meldung von der Telefongesellschaft. Werners Handy hat sich im Netz angemeldet. Und es ist auch immer noch aktiv. Alle Kollegen sind sofort hellwach. Kann es wirklich sein, dass wir sie so erwischen? Wo sie bisher alles so perfekt geplant hat. Wir können es nicht glauben. Sofort wird das Signal zurück verfolgt und es endet in einem Haus am Stadtrand von Lübeck. Diesmal gehen wir kein Risiko ein. Wir rufen das SEK und überlassen es den Spezialisten das Haus zu stürmen. Die ganze Aktion dauert keine 10 Minuten. Dann kommen sie wieder aus dem Haus und sagen alles sauber. Eine tote Person im Wohnzimmer. Scheinbar Selbstmord. Jetzt gehen die Forensiker an ihre Arbeit. Akribisch sichern sie alle Spuren und erst dann dürfen auch wir in das Haus. Im Wohnzimmer ist die Leiche einer jungen Frau. Diese hat sich scheinbar selbst erhängt. Sie hat lange braune Haare, eine gute Figur und ja, auch lange lackierte Fingernägel. Ist das unsere Serienkillerin? Hat Melanie Müller sich selbst umgebracht?
Auf dem Tisch liegt ein Abschiedsbrief. Darin steht:
Ich bin am Ende. Ich weiß nicht mehr wie ich aus der Sache noch raus kommen kann. Ja. Ich habe alle diese Menschen umgebracht und es hat mir sehr viel Spaß gemacht. Dieses Gefühl der Macht wenn sie ihr Leben aushauchen. Darauf kann ich einfach nicht mehr verzichten. Ich komme nicht mehr weg und ins Gefängnis gehe ich nicht. Daher gibt es für mich nur noch einen Ausweg.
Liebe Grüße
Melanie
Im Haus finden wir die Handys von Werner und Britta und auch die Dienstwaffe von Sven. Aber ist das wirklich Melanie Müller, die sich hier umgebracht hat? Naja. Das wird die DNA Überprüfung feststellen.
Die nächsten Tage gibt es nichts neues. Die DNA Proben wurden bei der toten Frau entnommen und ans Labor geschickt, aber wir warten noch auf die Ergebnisse. Gelangweilt schaue ich mir die Akten der neuen Fälle an. Wenn wir keinen Mord zu bearbeiten haben, unterstützen wir die anderen Abteilungen. Aber keiner der Fälle kann mich aus meinen Gedanken reißen. Ich warte einfach nur auf die DNA Ergebnisse. Was interessiert es mich da, dass es eine Schlägerei in der Stadt gab, oder das ein Auto gestohlen wurde. Ach ja. Und im Labor hat jemand eingebrochen und ein Mikroskop gestohlen. Was will man damit? Die Menschen werden immer komischer. Naja. Nicht mein Problem.
Am nächsten Tag sind sie endlich da. Die Testergebnisse. Es ist Melanie Müller. Die DNA stimmt überein. Es ist zu Ende. Die vielleicht schlimmste Serienkillerin der Welt ist Tod.
Jetzt geht alles schnell. Die Leiche wird zur Einäscherung frei gegeben und die Akte M. Müller geschlossen. So endet also dieser aufregende Fall. Wir alle sind etwas enttäuscht. Ja die Killerin ist Tod, aber wir hätten sie lieber ins Gefängnis gebracht. So ein Abschluss lässt immer viele Fragen offen. Aber das können wir nicht mehr ändern. Einer Toten kann man keine Fragen mehr stellen. Also beginnt jetzt wieder der normale Alltag.
Wir haben Ende Februar und das Wetter ist dementsprechend. Draußen ist es kalt und ungemütlich. Aber zum Glück sitze ich im warmen Büro. Da kommt mein Chef Peter zu mir.
„Du Klaus, hast du mal wieder was von Werner gehört“, fragt er mich.
Ich antworte: „Nein. Seit der Sache mit Britta und seinem Trauma habe ich keinen Kontakt mehr zu Ihm. Er hat sich sehr zurückgezogen.“
„Er war nicht bei seinen Terminen mit dem Psychiater. Schon seit 3 Wochen. Kannst du mal versuchen Ihn zu erreichen und fragen was da los ist?“ fragt Peter.
„Ok. Ich versuche Ihn zu erwischen“, erwider ich.
Also versuche ich Werner anzurufen. Das war schon ein Ding Anfang des Jahres. Der ganze Fall hat ihn sehr mitgenommen. Die Serienmörderin, Melanie Müller, die ihn fast umgebracht hätte und dann verschwunden war, und dann noch der Unfalltod seiner Kollegin Britta, den er nicht wahrhaben wollte, und stattdessen felsenfest behauptete, dass sie von der Killerin umgebracht wurde.
Zuerst versuchte ich seine Festnetznummer. Ich lasse es eine gefühlte Ewigkeit klingeln, aber nichts. Ok. Also seine Mobile Nummer. „Die Nummer, die sie gewählt haben, ist aktuell nicht erreichbar.“ höre ich die Ansage.
Hmm. Das ist komisch. Werner hat sein Handy doch immer an. Plötzlich habe ich ein komisches Gefühl in der Magengegend. Ich sage Peter Bescheid und mache mich auf den Weg zu Werners Haus. Ich gehe zur Haustür und klingel. Erst nur einmal, aber als sich nichts rührt mehrfach. Zusätzlich klopfe ich noch und rufe seinen Namen. Nichts.
„Den Herrn Kalb habe ich schon seit fast drei Wochen nicht mehr gesehen“, höre ich jemanden sagen. Ich drehe mich um und sehe eine ältere Frau. Sie sagt, dass sie die Nachbarin sei. Jetzt bin ich wirklich beunruhigt. Wo ist Werner?
Ich fahre zurück ins Präsidium und unterrichte meinen Chef. Ich frage ihn, ob ich mir nochmal den Fall Melanie Müller ansehen darf. Peter gibt sein Okay und sagt, dass ich mir Sven zur Unterstützung dazu nehmen soll.
Der Fall ist echt der Wahnsinn. In sieben Fällen ist es bestätigt, dass die Frau die Opfer getötet hat, und in 19 weiteren Fällen besteht ein dringender Verdacht. Und das bei einer Frau. Das ist sehr selten. Das ertrinken von Britta passt tatsächlich in ihre Vorgehensweise. Deswegen rufe ich nochmal bei der Telefongesellschaft an, um es mir noch einmal bestätigen zu lassen, dass es, zu dem von Werner angegeben Zeitpunkt, keinen Telefonverkehr auf seinem Handy gab. Und dann kommt der Hammer. Kleinlaut gibt der Mitarbeiter der Gesellschaft an, dass es bei ihnen einen Hackerangriff gab, und einige Gesprächsdaten, im angegeben Zeitraum, scheinbar gelöscht wurden.
Das ändert alles. Vielleicht hatte Werner recht. Das würde dann bedeuten, dass Melanie Müller für den Tod von Britta verantwortlich ist. Eine Obduktion gibt es leider nicht, da es als Unfall deklariert wurde. Und die Leiche war mittlerweile auch schon eingeäschert. Aber die Wohnung von Britta war noch unverändert.
Sofort besorge ich mir einen Durchsuchungsbefehl und schicke unsere Forensiker in die Wohnung, um da nochmal alles gründlich zu untersuchen.
Am nächsten Tag kriege ich den Bericht der Kollegen. Im Esszimmer der Wohnung wurden Blutspritzer gefunden. Außerdem befand sich im Müll ein großer Ballen zusammengeknülltes Klebeband. Die DNA Analyse, von beiden Funden, wurde angefordert. Aber zusätzlich wurden auch verschiedene Fingerabdrücke gefunden. Die einen gehören, wie erwarte, Britta, aber die anderen konnten Melanie Müller zugeordnet werden.
Mir fällt die Kinnlade runter. Werner hatte Recht. Britta war ein Opfer der Serienkillerin. Aber das bedeutete auch, dass diese nicht in Kolumbien ist, sondern sich weiterhin hier aufhält. Schnell gehe ich zu Peter und zeige ihm, was ich herausgefunden habe.Er ist entsetzt und meint, dass ich mir mit Sven nochmal das Haus von der Killerin ansehen soll. Das ist noch immer versiegelt. Vielleicht finden wir dort noch neue Spuren.
Also fahre ich mit Sven zu dem Haus. Wir brechen das Sigel an der Haustür auf und gehen hinein.
Sven sagt: „Guckst du dich oben um? Dann sehe ich hier unten mal nach den Rechten.“ Ich nicke und gehe die Treppe hinauf. Ich bin gerade im ersten Raum, da höre ich plötzlich Sven rufen: „Halt stehenbleiben. Wer ist da. Polizei. Bleiben sie stehen!“
Kurz darauf höre ich ein lautes Poltern gefolgt von einem Schmerzensschrei meines Kollegen, und kurz darauf noch einen dumpfen Schlag, gefolgt von einem weiteren lauter Schrei.
„Sven alles Ok“, rufe ich und laufe die Treppe runter. Ich höre ein Stöhnen vom hinteren Teil des Hauses und gehe vorsichtig in die Richtung. Da sehe ich Sven. Er liegt zwischen großen Steinen am Boden und auf seiner linken Schulter liegt eine große Metallkugel.
Mit schmerzverzerrtem Gesicht murmelt er: „Vorsicht Fallen.“
Dann sehe ich die Angel-Sehne, die zwischen den Türrahmen gespannt wurde. Mein Kollege ist über diese gestolpert und dann auf die Steine gefallen, die dort scheinbar jemand extra platziert hat. Außerdem wurde durch die Sehne noch ein Mechanismus ausgelöst, der die Kugel in Gang brachte, die dann herunter gefallen ist. Fast hätte diese den Kopf von Sven getroffen. Das möchte ich mir gar nicht vorstellen. Langsam gehe ich, mit gezogener Waffe, an Sven vorbei nach hinten. Aber hier ist niemand mehr. Sven stöhnt vor Schmerz und sagt: „Da war jemand. Ich konnte nicht erkennen wer es war. Nichtmal ob es ein Mann oder eine Frau war. Ich sah nur einen Schatten und dann bin ich auch schon gestürzt. Ich habe meine Waffe dabei verloren. Sie muss bei der Tür da hinten liegen.“
Ich gehe zur Tür, aber die Waffe ist verschwunden. Nichts. Ich suche die ganze Gegend ab, aber da ist keine Waffe. Der Eindringling muss sie mitgenommen haben.
Ich rufe einen Krankenwagen und meine Kollegen. Kurz darauf sind alle vor Ort. Sven wird untersucht und dann in den Krankenwagen gebracht. Wie es aussieht hat er ein gebrochenes Bein, drei gebrochene Rippen und eine zertrümmerte linke Schulter. Wow. Die Falle hatte es in sich. Aber er hat sogar noch Glück gehabt. Wäre die Kugel 20 cm weiter recht gelandet …...
Die Kollegen durchsuchen vorsichtig das ganze Haus und finden noch 3 weitere Fallen. Hier hat jemand ganze Arbeit geleistet. Und dann zu unser aller Entsetzen finden wir Werner. Er liegt in dem gleichen Zimmer wie bei dem ersten Mordversuch an ihm. Aber diesmal hat der oder die Täterin es geschafft. Werner ist Tod. Er ist immer noch ans Bett gefesselt und über seinem Kopf ist eine Tüte gestülpt worden, welche am Hals mit Tape verschlossen wurde. Neben dem Kopf liegt noch ein weiteres Kissen. Jeder weiß sofort, was hier passiert ist. Werner wurde erstickt. Und die einzige Verdächtige ist Melanie Müller. Es passt einfach alles zu gut. Bedrückt fahren wir alle, nach Abschluss der Beweisaufnahme, zurück ins Büro. Wir besprechen das weitere Vorgehen und dann ist Schluss für heute.
Ich beschließe noch im Krankenhaus vorbei zu fahren und Sven zu besuchen. Er wurde schon operiert und müsste jetzt wieder auf seinem Zimmer liegen.
Ich komme im Krankenhaus an und frage an der Info nach seiner Zimmernummer. Oh. Er liegt im Privatpatienten Bereich. Nobel Nobel. Ich gehe zu seinem Zimmer, klopfe leise an und trete ein. Immer noch von der Betäubung benebelt sieht er mich an und fragt, ob wir sie erwischt haben. Ich verneine dieses und gebe ihm die neusten Infos. Auch das mit Werner. Er ist entsetzt. Kurz darauf kommt auch schon die Nachtschwester ins Zimmer und sagt, dass ich jetzt gehe müsste. Sven braucht seine Ruhe. Ich verabschiede mich und gehe Richtung Ausgang. Auf dem Weg dorthin kommt mir eine junge Frau in Schwesternkleidung entgegen. Mein Blick wandert zu ihr und ich bin entzückt. Sie hat ein schönes leicht geschminktes Gesicht. Ihre langen blonden Haare sind zu einem Zopf gebunden, der bei jedem Schritt ein wenig hin und her wippt. Mein Blick gleitet an ihr herunter. Wow. Ein perfekter Körper, mit den richtigen Proportionen. Einfach ein Traum. Sie lächelt mich an und ich schmelze dahin. Was macht so eine Traumfrau hier? Ich lächel schüchtern zurück und gehe weiter Richtung Ausgang. Ich denke noch so bei mir, ob diese langen, blau lackierten Fingernägel eigentlich erlaubt sind als Krankenschwester? Verwerfe den Gedanken aber schnell wieder. Das habe nicht ich zu entscheiden.
Ich fahre nach Hause und falle todmüde ins Bett.
Ich werde vom klingeln meines Handys geweckt. Schlaftrunken werfe ich einen Blick auf die Uhr. 5.30 Uhr. Mein Gott. Wer ruft denn jetzt schon an? Es ist Peter, mein Chef. „Komm schnell ins Krankenhaus. Es ist etwas furchtbares passiert.“ Sagt er mit bedrückter Stimme.
Ich bin sofort hellwach und frage: „Was ist passiert, Chef. Ist mit Sven alles Ok?“
„Wir haben sieben Leichen. Und Sven ist eine von Ihnen.“ erwidert er mit trauriger Stimme.
„Ich bin gleich da.“ antworte ich.
Die Gedanken schießen mir durch den Kopf. Das kann nicht sein. Das ist unmöglich. Wie kann jemand sieben Menschen in einem Krankenhaus umbringen. Da gibt es Personal und ein Überwachungssystem. Ich springe in meine Klamotten und düse so schnell ich kann zum Krankenhaus.
Mein Chef erwartet mich schon und sagt: „Mach dich auf was gefasst. Es ist grausam.“ Dann gehe wir zu der Abteilung in der auch Sven liegt. Vor und in dem Schwesternzimmer ist eine große Wasserpfütze. Was ist da passiert? Als ich einen Blick hinein werfe, kann ich nicht glauben was ich da sehe. Die Nachtschwester, die mich gestern aufgefordert hat zu gehen, ist dort mit Mullbinden an einen Stuhl gefesselt worden. Jemand hat ihr dann einen Schlafapnoe Vollmaske aufgesetzt, den Schlauch aber nicht mit einem CPAP Gerät verbunden, sondern diesen an den Wasserhahn gesteckt. Mein Chef sagt mir, dass das Wasser noch lief, als sie gefunden wurde. Die Arme wurde also auf grausame Weise ertränkt. Ich bin entsetzt. Wer kann so etwas grausames tun? Dann sagt mir mein Chef weiter, dass alle fünf Patienten der Abteilung, darunter auch Sven, erstickt wurden. Sie wurden alle mit einer Tüte über dem Kopf und Tod in ihren Zimmern gefunden. Ich werde Kreidebleich.
„Was ist mit den Überwachungskameras? Das muss dem Wachdienst doch aufgefallen sein“, sage ich.
Mein Chef erwidert: „Der Wachmann ist Nummer Sieben.“
Wir gehen zum Wachdienstbüro und dort sehen wir den Wachmann. Er ist an seinen Stuhl gefesselt und hat ebenfalls eine Tüte über seinem Kopf. Am Hals sind deutliche Brandspuren eines Elektroschockers zu sehen. So wurde er also ausgeschaltet.
„Wurden die Aufnahmen der Kameras gelöscht?“ frage ich.
„Das überprüfen wir gerade“, antwortet Peter. „Ich hoffe nicht, aber das sieht schon alles ziemlich geplant aus.“
„Kann es sein, dass es wieder Melanie Müller war?“, frage ich in die Runde.
Alle zucken mit den Achseln. Wir können es nicht beweisen und so auch nicht sicher sein, aber wir denken doch alle das Selbe. Ja. Sie muss es gewesen sein. Die ganze Vorgehensweise passt. Nur die große Anzahl an Opfer ist außergewöhnlich. So wie das große Finale. Wir müssen diese Frau erwischen. Sie wird niemals aufhören, wenn sie auf freien Fuß bleibt. Da bin ich mir sicher.
Unsere Forensiker arbeiten mit Hochdruck an der Spurenanalyse. Sieben Tatorte auf einmal. Da gibt es sehr viel zu tun. Akribisch wird alles aufgenommen und dokumentiert.
Auch die Rechtsmediziner haben sehr viel zu tun. Schließlich müssen alle sieben Leichen obduziert werden. Aber alle sind mit Hochdruck dabei. Wir jagen nicht nur eine Serienkillerin, sondern auch jemanden der drei von unseren Kollegen umgebracht hat. In so einem Fall muss man niemanden mehr motivieren. Alle tun ihr möglichstes.
Die Kameraaufnahmen wurden alle gelöscht. Hier gibt es leider nichts, was wir nutzen können.
Nach drei Tagen sind die Rechtsmediziner durch. Alle Leichen wurden obduziert und die Berichte wurden ins System gestellt. Wie schon vermutet, wurde der Wachmann mit einem Elektroschocker außer Gefecht gesetzt und dann mit einer Tüte erstickt. Das hatten wir alle schon vermutet.
Bei der Krankenschwester wurden Rückstände von Chloroform im Blut gefunden. Sie wurde also auch betäubt und dann, wie schon vermutet, ertränkt.
Bei allen weiteren Opfern, einschließlich Sven, war es das Gleiche. In ihrem Blut wurde ein starkes Betäubungsmittel gefunden und dann wurden sie erstickt.
Die Ermittlungen werden stark erweitert. Alle wollen diese Frau erwischen. Auch wenn es noch nicht bestätigt ist, denken es doch alle, dass kann nur Melanie Müller gewesen sein. Wozu diese Frau fähig ist, hat sie durch ihr Taten schon bewiesen.
Eine Woche später wird mir plötzlich ein Video per Mail zugeschickt. Als Text steht in der Mail nur:
Schöne Grüße aus Kolumbien.
Viel Spaß beim ansehen. Mir hat es sehr viel Spaß gemacht das Video zu drehen.
Liebe Grüße
Melanie
Ich erwarte das Schlimmste. Bevor ich das Video öffne, rufe ich meinen Chef und meine Kollegen. Als wir alle, versammelt hinter meinem Bildschirm, sitzen, starte ich das Video.
In dem Video ist Britta zu sehen, wie sie gefesselt in ihrer Badewanne liegt und das Wasser einläuft. Als das Wasser hoch genug ist, sieht man plötzlich Melanie Müller neben ihr. Diese legt ihre perfekt manikürte Hand mit den langen roten Fingernägeln auf ihren Kopf und drückt diesen unter Wasser. Britta wehrt sich so gut sie kann, aber durch die Art der Fesselung, kann sie sich nur sehr wenig bewegen. Lachend drückt diese Teufelin ihren Kopf unter Wasser, bis sie sich nicht mehr rührt. Dann endet das Video.
Wir sind alle geschockt. Ja. Das ist der endgültige Beweis, dass sie Britta getötet hat. Aber diese kaltblütige Art, und dass sie uns das Video schickt, entsetzt uns alle.
Wir versuchen die Mail zurück zu verfolgen, aber nach drei Standorten verliert sich die Spur. Niemand kann sagen, ob die Mail wirklich aus Kolumbien gekommen ist, oder aus dem Haus nebenan. Es ist frustrierend. Diese Frau scheint sich leider auch noch mit Computern, und alles was damit zusammenhängt, auszukennen.
Am nächsten Tag bekomme ich wieder eine Mail mit einem Video. Diesmal steht als Text nur:
Weil es gestern so schön war, hier nun die Fortsetzung.
Liebe Grüße
Melanie
Ängstlich rufe ich wieder meine Kollegen zusammen. Wie kann diese Frau nur so eiskalt sein.
Das Video zeigt diesmal den Mord an Werner. Da liegt er. Ans Bett gefesselt und geknebelt. Dann sieht man Melanie am Kopfende stehen. Sie zieht ihm langsam eine Tüte über den Kopf und verschließt diese mit Tape am Hals. Dann nehmen ihre schönen Hände ein Kissen und drücken es gnadenlos auf sein Gesicht. Sie achtet scheinbar penibel darauf, dass ihre Hände immer perfekt aussehen. Die langen, diesmal Lila lackierten Fingernägel, leuchten im Licht der Lampe, als Werner verzweifelt um sein Leben kämpft. Aber diese Frau kennt keine Gnade. Eiskalt drücken ihre zarten Hände das Kissen auf sein eingetütetes Gesicht, bis er sich nicht mehr rührt.
Ein entsetztes Schweigen hat den Raum ergriffen. So was lässt selbst den härtesten Bullen nicht kalt. Jeder hier kannte Werner und zu sehen, wie er ermordet wird trifft uns alle tief ins Herz.
Wir alle wollen diese Frau erwischen. Sie ist so dreist, und schickt uns die Videos, wie sie unsere Kollegen umbringt. Das muss bestraft werden. Sie darf nicht davon kommen. Das schwören wir alle. Das Problem ist nur, dass wir keinerlei Spur zur ihrem derzeitigen Aufenthaltsort haben. Alle Ermittlungen, dies betreffend, verlaufen im Sande.
Als ich am nächsten Tag ins Büro komme, habe ich Angst den Computer hoch zu fahren. Habe ich wieder ein Video bekommen? Vielleicht diesmal von dem Mord an Sven? Der PC fährt hoch und natürlich habe ich Mails bekommen. Das Schlimmste erwartend öffne ich den Posteingang. Nur das normale Büro blabla. Ich atme durch. Kein Video. Ich weiß nicht, ob ich das heute verkraftet hätte.
Also öffne ich wieder die Akte Melanie Müller. Ich muss einfach was finden. Wir müssen was übersehen haben. Es gibt immer eine Spur. Niemand kann einfach so verschwinden.
Ich bin so in meine Arbeit vertieft, dass ich erst spät bemerke, dass ich neue Mails bekommen habe. Automatisch öffne ich den Posteingang und überfliege die Überschriften der neuen Mails. Und da ist sie. Mir bleibt fast das Herz stehen. Eine Mail mit großem Anhang.
Ich öffne diese und lese den Text:
Hallo lieber Kommissar.
Haben Ihnen die letzten beiden Videos gefallen? Dann werden sie dieses Lieben. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht es zu drehen. Setzen sie sich bequem hin und genießen sie die Show.
Liebe Grüße
Melanie
Jetzt schlägt mir das Herz bis zum Hals hinauf. Ich rufe meine Kollegen und zusammen starren wir gebannt auf meinen Bildschirm, als ich das Video öffne.
Am Anfang sieht man einen Wachmann vor seinen Monitoren sitzen. Dann erscheint plötzlich eine junge, blonde Frau hinter ihm. Er scheint sie nicht zu bemerken, als sie sich langsam von hinter nährt. Dann sieht man, wie sie etwas in ihrer rechten Hand hält und an seinen Hals drückt. Der Mann zuckt einmal heftig und sackt dann in sich zusammen. Die Krankenschwester beginnt jetzt, den Wächter mit Tape an seinen Stuhl zu fesseln. Da fällt mir plötzlich ein Detail auf. Lange, blaue Fingernägel. Moment. Blonde Haare, Blaue Nägel, tolle Figur und Schwesternkleidung. Das ist die Frau, die mir entgegen kam, als ich das Krankenhaus verlassen habe an den Abend, vor den Morden. Das ist Melanie Müller. Sie ist einen Meter an mir vorbei gelaufen und ich habe sie nicht erkannt. Ich habe einen großen Kloß im Hals. Wie konnte ich das nicht bemerken.
Auf dem Video ist jetzt zu sehen, wie sie dem Wachmann eine Tüte über den Kopf zieht und am Hals mit Tape verschließt.
Dann springt das Video in eine andere Szene. Hier sieht man die Stationsschwester an ihren Stuhl gefesselt. Sie trägt auch schon die CPAP Maske. Jetzt sieht man, wie Melanie den Schlauch mit der Maske und den Wasserhahn verbindet. Dann drehen ihre schönen Hände den Wasserhahn auf. Die Schwester windet sich wie verrückt, das Wasser spritzt aus der Schalldämpfer Öffnung der Maske. Die Arme hat keine Chance. Nach ca. 3 Minuten sackt sie zusammen. Es ist grausam. Wir alle dachten, dass die Schwester betäubt war als sie ertränkt wurde. Aber das Video zeigt, dass die Killerin gewartet hat, bis ihr Opfer wieder zu Bewusstsein gekommen ist.
Als nächstes sieht man wie Melanie eine Rolle Mülltüten und Fixierpflaster nimmt. Die Kamera wechselt erneut und man sieht den Flur des Krankenhauses und wie sie nacheinander in die fünf Zimmer der weiteren Opfer, einschließlich unseres Kollegen, geht. Am Ende lächelt sie in die Kamera und winkt. Dann endet das Video.
Es ist sehr ruhig im Raum. Jeder von uns ist entsetzt. Noch einmal gehen wir zusammen alle Fakten durch. Haben wir vielleicht eine Möglichkeit übersehen, wie wir sie finden können. Aber es ist deprimierend. Wir finden einfach nichts, wo wir ansetzen können. Ein Kollege fragt, was denn mit den Handys von Britta und Werner sei. Die wurden ja bisher nicht gefunden. Vielleicht benutzt die Killerin ja diese. Wir machen uns keine Hoffnungen, aber da dieses das Einzige ist, was wir haben, lassen wir die Handys überwachen.
Die nächsten zwei Tage passiert gar nichts. Egal was wir versuchen, alles verläuft im Sande. Diese Frau hat uns so viele Spuren hinterlassen, aber keine davon hilft, sie zu finden. Es fühlt sich an, als jagt man einen Geist.
Dann am dritten Tag kriegen wir eine Meldung von der Telefongesellschaft. Werners Handy hat sich im Netz angemeldet. Und es ist auch immer noch aktiv. Alle Kollegen sind sofort hellwach. Kann es wirklich sein, dass wir sie so erwischen? Wo sie bisher alles so perfekt geplant hat. Wir können es nicht glauben. Sofort wird das Signal zurück verfolgt und es endet in einem Haus am Stadtrand von Lübeck. Diesmal gehen wir kein Risiko ein. Wir rufen das SEK und überlassen es den Spezialisten das Haus zu stürmen. Die ganze Aktion dauert keine 10 Minuten. Dann kommen sie wieder aus dem Haus und sagen alles sauber. Eine tote Person im Wohnzimmer. Scheinbar Selbstmord. Jetzt gehen die Forensiker an ihre Arbeit. Akribisch sichern sie alle Spuren und erst dann dürfen auch wir in das Haus. Im Wohnzimmer ist die Leiche einer jungen Frau. Diese hat sich scheinbar selbst erhängt. Sie hat lange braune Haare, eine gute Figur und ja, auch lange lackierte Fingernägel. Ist das unsere Serienkillerin? Hat Melanie Müller sich selbst umgebracht?
Auf dem Tisch liegt ein Abschiedsbrief. Darin steht:
Ich bin am Ende. Ich weiß nicht mehr wie ich aus der Sache noch raus kommen kann. Ja. Ich habe alle diese Menschen umgebracht und es hat mir sehr viel Spaß gemacht. Dieses Gefühl der Macht wenn sie ihr Leben aushauchen. Darauf kann ich einfach nicht mehr verzichten. Ich komme nicht mehr weg und ins Gefängnis gehe ich nicht. Daher gibt es für mich nur noch einen Ausweg.
Liebe Grüße
Melanie
Im Haus finden wir die Handys von Werner und Britta und auch die Dienstwaffe von Sven. Aber ist das wirklich Melanie Müller, die sich hier umgebracht hat? Naja. Das wird die DNA Überprüfung feststellen.
Die nächsten Tage gibt es nichts neues. Die DNA Proben wurden bei der toten Frau entnommen und ans Labor geschickt, aber wir warten noch auf die Ergebnisse. Gelangweilt schaue ich mir die Akten der neuen Fälle an. Wenn wir keinen Mord zu bearbeiten haben, unterstützen wir die anderen Abteilungen. Aber keiner der Fälle kann mich aus meinen Gedanken reißen. Ich warte einfach nur auf die DNA Ergebnisse. Was interessiert es mich da, dass es eine Schlägerei in der Stadt gab, oder das ein Auto gestohlen wurde. Ach ja. Und im Labor hat jemand eingebrochen und ein Mikroskop gestohlen. Was will man damit? Die Menschen werden immer komischer. Naja. Nicht mein Problem.
Am nächsten Tag sind sie endlich da. Die Testergebnisse. Es ist Melanie Müller. Die DNA stimmt überein. Es ist zu Ende. Die vielleicht schlimmste Serienkillerin der Welt ist Tod.
Jetzt geht alles schnell. Die Leiche wird zur Einäscherung frei gegeben und die Akte M. Müller geschlossen. So endet also dieser aufregende Fall. Wir alle sind etwas enttäuscht. Ja die Killerin ist Tod, aber wir hätten sie lieber ins Gefängnis gebracht. So ein Abschluss lässt immer viele Fragen offen. Aber das können wir nicht mehr ändern. Einer Toten kann man keine Fragen mehr stellen. Also beginnt jetzt wieder der normale Alltag.