Wo sich Herz noch auf Schmerz reimen darf

Dimpfelmoser

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Wo sich Herz noch auf Schmerz reimen darf

Leicht vergilbt liegt es vor mir,
das Zeugnis meiner Schmerzen,
verfasst mit heißem Herzen
und jugenfrischer Lebensgier.

Harter Leim und sprödes Blatt,
kaum aufzuschlagen wag ich
das alte Buch und frag mich,
was es mir noch zu sagen hat.

Vorsichtig horch ich hinein,
gespannt, was ich vergessen,
wovon ich einst besessen.
Wie mag die Zeit gewesen sein,

in der liebende engel​
die rosenbedufteten​
lettern tief in mir erspürn​
und wo schüchterne schatten​
die untoten ratten​
durch schwitzige albträume führn​
ganz zu schweigen von geigen​
die droben am himmel​
der ganzen welt zeigen​
welch lyrische flausen​
in mir und dem … prügel​
gleich unter der decke​
erwachen und hausen​
beim blick auf die hügel​
der sauscharfen schnecke​
die dort in der ecke​
gänzlich unzensiert​
im starschnitt posiert​

Schlicht schöne Naivität
erklingt in alten Zeilen.
Wo Reime sich verkeilen,
fehlt dichterische Qualität.

Dennoch feiert jedes Wort
den träumerischen Schwärmer.
Ich fühl mich alt und ärmer,
denn er ist wohl für immer fort.

Still leg ich den Band zurück.
Vielleicht kommt sie nie wieder,
die Zeit für solche Lieder
und unbeschwerter Jugend Glück?
 



 
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