Wolfsbraut

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Alina

Mitglied
Ich war nicht mehr so jung,
Und auch nicht mehr naiv.
Und doch vertraute ich dem Wolf,
Der dort im Walde lief.

Er warb um mich sehr lange,
Sprach zu mir lieb und sacht.
Hat mich trotz aller Warnung
Vom rechten Weg gebracht.

Dann zeigte er mir Dinge,
Wie ich sie nie gesehn.
Auch wunderschöne Blumen,
Die tief im Dickicht stehn.

Fürcht nicht mehr seine Zähne,
Nicht seiner Augen Gier.
Das Fell so glatt und seidig.
Darunter war das Tier.

Mein Atem ging nicht schneller,
Mein Herz, es schlug nicht bang,
Als er in einer finstren Nacht
Die Seele mir verschlang.

Sobald das Werk vollendet,
Ging er zum Wald zurück.
Ein neues Opfer suchen,
Denn darin liegt sein Glück.
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Alina,

ein flüssig zu lesendes Gedicht.
Nur frage ich mich, was nun mit der Wolfsbraut geschah?
Schleicht sie nun als seelenloser Zombie durch den Wald?
Warum war sie eine Braut?
Man könnte es als eine Parabel auf einen Mann lesen, der sich einer Frau nur bedient, und sie dann fallen lässt.
Aber irgendwie fehlt mir am Schluss aber noch eine Aussage über die Braut.

cu
lap
 

Alina

Mitglied
Ursprünglich veröffentlicht von lapismont
Hallo Alina,

Man könnte es als eine Parabel auf einen Mann lesen, der sich einer Frau nur bedient, und sie dann fallen lässt.
Aber irgendwie fehlt mir am Schluss aber noch eine Aussage über die Braut.

cu
lap

Liebe lapismont, wie Du richtig erkannt hast, ist das Gedicht als Parabel angelegt.
Aber es hat hat zwei Parabeln.
Erstens ist es als andere Darstellung des Märchens von "Rotkäppchen" gedacht. Nur, dass der Wolf eben nicht sein Ende durch den Jäger fand. Das ist eine Zugabe für die kleinen Kinder, damit sie an das Gute glauben. Ich denke mir, dass das ursprüngliche Märchen auch so, als Warnung an die Mädchen gedacht war. Als Warnung vor Männern, die sich, wie Du richtig schreibst, nur einer Frau bedienen.
Und das ist die zweite Parabel.
Du hast Recht, wenn Du meinst, dass am Ende zu wenig über die "Braut", die Frau gesagt wird.
Natürlich läuft sie nicht als seelenloser Zombi durch die Welt. Aber nach dieser Erfahrung fehlt ihr einfach ein Stück der Seele. Und darum ging es mir. Wer einmal einem "Wolf" begegnet ist, kann nie wieder das Herz ganz offen halten.Es bleibt immer ein Stück Misstrauen zurück. Und es braucht lange Zeit, dieses Misstrauen zu überwinden.
Dem Mann mit einem solchem Charakter, wie hier als "Wolf" dargestellt, ist das egal. Er geht zur nächsten Eroberung weiter.
"Ein neues Opfer suchen,
Denn darin liegt sein Glück".
 



 
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