Woman In Love

Vitelli

Mitglied
1)
Eva betrat den Red-Light-District aufrecht und ohne Scham.
Zielgerichtet schritt sie die Schaufensterscheiben ab, bis sie genau den Typ Frau gefunden hatte, nachdem sie Ausschau hielt.

2)
Jan stand vorm Spiegel und stylte sich die Haare.
Eva, seine Mutter, beobachtete ihn. “Was hast du dich denn so schick gemacht – triffst du dich noch mit Marie?”
“Nein. Ich treff mich mit Freunden. In der Stadt.”
“Ah so”, sagte Eva süffisant. “Und mit wem?”
Jan, leicht irritiert, sagte: “Arno und Marten.”

3)
Eva klopfte wiederholt an die Tür. „Darf ich reinkommen, mein Junge? B-i-t-t-e.“
Jan, der trinkend vorm Fenster saß, sagte: „Ich hab dich nicht reingebeten.“
Was denn los wäre, wollte Eva wissen.
„Marie hat mich verlassen.“ Jan brach in Tränen aus. „Und es ist alles meine Schuld!“
Eva nahm Jans Kopf sanft in die Hände, küsste ihm die Stirn und wiegte seine Wange an ihre Brust. „Vielleicht sollte wieder alles so sein.“
Jan, schluchzend: „Wie meinst du das?“
„Marie war nicht die Richtige für dich.“
Jan zog seinen Kopf zurück, wischte sich die Tränen aus den Augen und sagte forsch: „Was redest du da?“
„Ich hab dir das nie erzählt, aber –“
„Aber was?“
„Dein Vater –“, Eva seufzte, „dein Vater war damals in einer Beziehung, als wir uns kennenlernten.“
„Ja und?“
Eva schüttelte ihren Kopf. „Ach ihr Männer – ihr wisst einfach nicht, was gut für euch ist.“
Was das denn nun schon wieder heißen solle, wollte Jan wissen.
Eva strich Jan über die Wange. „Eines Abends kam dein Vater zu mir“, Eva zögerte, „und, naja, ihr seid euch halt sehr ähnlich.“ Eva sah demonstrativ zur Whiskeyflasche. „Und dann ist es eben passiert.“
„Du meinst …“
„So bist du entstanden. In dieser Nacht.“
Jan lehnte sich zurück. „Und kanntest du diese Frau, mit der Papa zusammen war?“
Eva winkte ab. „Wir gingen gemeinsam zur Schule, und ich konnte sie nicht ausstehen. Hab nie verstanden, was die Männer an ihr so faszinierend fanden. Dein Vater kann froh sein, dass ich ihn vor diesem Fehler bewahrt habe – er wäre seines Lebens nicht mehr froh geworden.“
„A-aber Papa hat sich doch umgebracht.“
Eva nahm Jans Kopf wieder sanft in beide Hände. „Aber mein Junge, was erzählst du denn da? Es war ein Unfall.“
 
Zuletzt bearbeitet:

Mimi

Mitglied
Hallo Vitelli,
also ich mag ja Stories, die einem als Leser nicht gleich alles schluckfertig vorkauen, aber hier musste ich wirklich mehrmals lesen, um die Bilder zu verstehen, die Du hier beschreibst...

Vorweg, ich finde das Sequenzenhafte in Deiner Prosa eigentlich sehr interessant.

Aber allein schon der Einstieg

Eva betrat den Red-Light-District aufrecht und ohne Scham.
Zielgerichtet schritt sie die Schaufensterscheiben ab, bis sie genau den Typ Frau gefunden hatte, nachdem sie Ausschau hielt.

passt auf den ersten Blick irgendwie nicht so richtig zum Rest der Story, zumindest wirkt er erstmal so.

Ich interpretiere es so, dass die Mutter (Eva) jemanden engagiert, (Frau aus dem Red-Light-District) damit diese sozusagen ihren Sohn zum Fremdgehen verführt um damit die Beziehung zu Marie zu sabotieren.
Die Beweggründe der Mutter scheinen teilweise in der Vergangenheit zu liegen und stehen im Zusammenhang mit dem verstorbenen Vater. Zumindest sehe ich da Andeutungen im Text.

Weiter vertieft, wird das Ganze nicht, aber wie ich Deinen Schreibstil einschätze, ist das auch Absicht und so gewollt ;)...
Der Leser soll sich seine Gedanken bitteschön selbst machen.
Nun gut, ich hoffe Du überforderst Deine Leser nicht allzu sehr damit :p.

Zusammengefasst:
Ich weiß nicht, ob es für diese Geschichte so vorteilhaft ist, mit einem Rückblick zu beginnen.
(Du könntest ja mal darüber nachdenken)
Aber das ist nur meine persönliche Meinung dazu...

Gruß
Mimi
 

Vitelli

Mitglied
Hallo Mimi,

vielen Dank fürs mehrmalige Lesen und deinen Kommentar. Und ja, ich glaube, du hast mit allem recht was du schreibst. Denn
passt auf den ersten Blick irgendwie nicht so richtig zum Rest der Story, zumindest wirkt er erstmal so.

Ich interpretiere es so, dass die Mutter (Eva) jemanden engagiert, (Frau aus dem Red-Light-District) damit diese sozusagen ihren Sohn zum Fremdgehen verführt um damit die Beziehung zu Marie zu sabotieren.
das hast du völlig richtig interpretiert.

Die Beweggründe der Mutter scheinen teilweise in der Vergangenheit zu liegen und stehen im Zusammenhang mit dem verstorbenen Vater. Zumindest sehe ich da Andeutungen im Text.
Auch richtig. Der Text ist über eine sehr manipulative Frau, die sowohl die Beziehung ihres Sohnes zu Marie als auch die vorherige Beziehung ihres Mannes manipuliert hat (ich will nicht sagen zerstört, denn zum Tangotanzen gehören immer noch 2). Sie hat also Jans Vater zu sich eingeladen, ihn betrunken gemacht (seine Schwäche) und ihn verführt, besser gesagt ihm ein Kind angedreht. Und das Perfide ist, dass sie sagt/glaubt, das selbstlos bzw. zum Wohle ihre Männer getan zu haben. Und, nun ja, einer ist mittlerweile tot. ;-)

Weiter vertieft, wird das Ganze nicht, aber wie ich Deinen Schreibstil einschätze, ist das auch Absicht und so gewollt ;)...
Der Leser soll sich seine Gedanken bitteschön selbst machen.
Nun gut, ich hoffe Du überforderst Deine Leser nicht allzu sehr damit :p.
Das stimmt. Aber ja, vermutlich gebe ich zu wenige Informationen an die Hand. Aber ich kann ja auch nicht aus meiner Haut ;-).

Zusammengefasst:
Ich weiß nicht, ob es für diese Geschichte so vorteilhaft ist, mit einem Rückblick zu beginnen.
(Du könntest ja mal darüber nachdenken)
Aber das ist nur meine persönliche Meinung dazu...
Hm. Denke schon. Denn das ist ja das Fundament, auf dem diese Geschichte steht.

Viele Grüße,
Vitelli
 
Hallo @Vitelli

bevor ich deinen Text ein zweites Mal gelesen habe (um den ersten Absatz zu verstehen), habe ich den Kommentar von Mimi gelesen, und da wurde es mir klar.
Weiß nicht, ob ich da auch so schnell hintergestiegen wäre.

Nur so macht auch das "süffisant" Sinn.

Zum Layout/Format:
Die beiden letzten Absätze machen m.E. keinen Sinn. Es gibt weder Zeit-/Personal- oder sonstigen Perspektivwechsel. Beim Lesen stelle ich mich dabei immer darauf ein, dass es eine o.g. Veränderung gibt.

Ich weiß nicht, ob es für diese Geschichte so vorteilhaft ist, mit einem Rückblick zu beginnen.
Ja, stimme ich in Teilen zu, denn ...
Hm. Denke schon. Denn das ist ja das Fundament, auf dem diese Geschichte steht.
... ich schlage vor, den "Rückblick" (die beiden ersten Zeilen) in der Vergangenheitsform zu belassen und den Rest ins Präsens zu ändern.

Die Kurzprosa gefällt mir. Ich mag auch die indirekte Rede zwischendurch.

Schönen Tag noch und
LG, Franklyn
 

Vitelli

Mitglied
Hallo Franklyn,

danke für deinen Kommentar.

bevor ich deinen Text ein zweites Mal gelesen habe (um den ersten Absatz zu verstehen), habe ich den Kommentar von Mimi gelesen, und da wurde es mir klar.
Weiß nicht, ob ich da auch so schnell hintergestiegen wäre.
Ah, okay. Wie ich schon Mimi schrieb, gebe ich dem Leser gerne so wenig Informationen wie möglich. Aber nun gut, vielleicht überspanne den Bogen mehr als mir lieb ist. Denke mal darüber nach.

Nur so macht auch das "süffisant" Sinn.
Eben. :)

Zum Layout/Format:
Die beiden letzten Absätze machen m.E. keinen Sinn. Es gibt weder Zeit-/Personal- oder sonstigen Perspektivwechsel. Beim Lesen stelle ich mich dabei immer darauf ein, dass es eine o.g. Veränderung gibt.
*Am-Kopf-kratz-Smiley'* Was meinst du damit genau?

Ja, stimme ich in Teilen zu, denn ...

... ich schlage vor, den "Rückblick" (die beiden ersten Zeilen) in der Vergangenheitsform zu belassen und den Rest ins Präsens zu ändern.
Hm. Das ist in der Tat eine Option - bin ich gar nicht drauf gekommen. Danke!

Die Kurzprosa gefällt mir. Ich mag auch die indirekte Rede zwischendurch.
Dankeschön - das höre ich natürlich gerne. Und ja, ich verwende gerne die indirekte Rede um den Dialog aufzulockern. Bin halt schon immer ein riesen Hammett-Fan gewesen, und der beherrschte das vorzüglich. Und der gibt dem Leser auch sehr wenig Informationen (über die Beweggründe des Protagonisten). Hach ja, der konnte es halt. ;-)

Schönen Tag noch
Dito!

VG,
Vitelli
 
Hi Vitelli,

zu:
Zum Layout/Format:
Die beiden letzten Absätze machen m.E. keinen Sinn. Es gibt weder Zeit-/Personal- oder sonstigen Perspektivwechsel. Beim Lesen stelle ich mich dabei immer darauf ein, dass es eine o.g. Veränderung gibt.
*Am-Kopf-kratz-Smiley'* Was meinst du damit genau?
Zum Beispiel hast du oben einen Absatz gesetzt zwischen dem "Rückblick" bzw. dem Geschehen in der Vergangenheit und dem aktuellen Geschehen.
Hier findet ein zeitlicher und örtlicher Perspektivwechsel statt. Von daher okay.

Auch hier zwischen hast du einen Absatz gesetzt:
Jan, leicht irritiert, sagte: “Arno und Marten.”

Eva klopfte wiederholt an die Tür. „Darf ich reinkommen, mein Junge? B-i-t-t-e.“

Okay, da zwischen diesen beiden Szenen Zeit vergangen ist.

Hier aber
„Marie war nicht die Richtige für dich.“

Jan zog seinen Kopf zurück, wischte sich die Tränen aus den Augen und sagte forsch: „Was redest du da?“

macht der Absatz keinen Sinn, da das Geschehen übergangslos ist.

Das gleiche gilt für hier:
Was das denn nun schon wieder heißen solle, wollte Jan wissen.

Eva strich Jan über die Wange.


Wenn ich nun die (überflüssige) Absätze sehe und sie so deute, wie sie eigentlich gedacht sein sollten, gehe ich zuerst davon aus, dass dazwischen Zeit vergangen ist und merke erst beim Lesen, dass dem nicht so ist.
Andersherum merke ich durch den korrekten, ersten Absatz direkt dass sich die Perspektive geändert hat.

Schönen Tag noch und
LG, Franklyn
 

Vitelli

Mitglied
Hey Franklyn,

got it. Und ja, du hast recht - wenn ich schon so wenig Informationen liefere, sollte zumindest die Form klar strukturiert sein. Danke! Werde ich anpassen.

VG,
Vitelli
 



 
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