anbas
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Zahlenspiele
Ich mühe mich die Treppe hinauf. Langsam, Schritt für Schritt. Mein Büro befindet sich im vierten Stock. Seit über fünfzehn Jahren mache ich das und verzichte weitgehend auf den Fahrstuhl. Meine Quote müsste bei über 90% liegen. 90 % aller Wege in andere Stockwerke zu Fuß – treppauf, treppab. Mein selbstgesetztes Ziel liegt bei einer Quote von nur 80%, was immerhin auch noch eine stattliche Zahl ist.
Bei meinen deutlich jüngeren Kollegen ist das Verhältnis zwischen Fahrstuhlnutzung und zu Fuß gehen genau andersherum. Sie nehmen immer den Fahrstuhl, und nur wenn dieser kaputt ist, gehen sie notgedrungen zu Fuß. Während die jungen gesunden Schlanken beim Treppensteigen schon im zweiten Stock anfangen, vor Überanstrengung um ihr Leben zu bangen, zeigt der alte, übergewichtige Asthmatiker deutlich mehr Durchhaltevermögen.
Wie viele Stufen es wohl sein mögen? Ich habe sie noch nie gezählt. In meiner Kindheit hätten meine Geschwister und ich dies längst getan. Vielleicht sollte ich mal meine jungen Kollegen fragen. Aber diese Art von Zahlenspielerei ist inzwischen sicherlich aus der Mode gekommen. Wahrscheinlich kann man irgendwo auch die Anzahl von Treppenstufen googeln – und wenn nicht, wird das sicherlich in naher Zukunft möglich sein.
Irgendjemand wird schon auf die Idee kommen, eine Datenbank über alle Treppenstufen Deutschlands zu erstellen. Sehr schnell wird diese Idee dann andere begeistern, man gründet einen Verein der Treppenstufenfans und schon gibt es einen neuen Freizeittrend. Und selbstverständlich wird man schon bald Experten haben, die ganz wichtig sind und irgendwelchen Möchtegernreportern irgendwelcher unwichtigen Käseblätter höchst wichtige Interviews zu dem Thema "Treppenstufen in Deutschland" geben. Dass das Interview nur deshalb geführt und gedruckt wurde, weil der Neuanstrich des Klohäuschens am Marktplatz verschoben wurde und somit auch die darüber geplante Reportage, interessiert dann niemanden. Denn das Dokumentieren sämtlicher Treppenstufen in Deutschland ist irre wichtig und auch interessant. So können sich zum Beispiel die Paketboten von DHL, UPS, Hermes und wie sie alle heißen bereits im Vorfeld ihrer Tour darauf einstellen, dass sie 27 Stufen steigen müssen, um Frau Müller-Klöppelstein das mörderschwere Paket in die Querulantengasse 5 zu liefern. – Doch ich schweife ab …
Als Kinder haben wir jedenfalls viel gezählt. Treppenstufen von Kirchtürmen und anderen Gebäuden, die von uns erklommen wurden, oder Güterwagen, wenn wir an einem geschlossenen Bahnübergang standen und der Zug an uns vorbeirauschte. Im Urlaub zählte ich manchmal die Anzahl der Autos, die unser heimisches Nummernschild hatten. Und ich bin mir sicher, dass ich damals noch viele andere Dinge gezählt habe.
Sowas mache ich natürlich heute nicht mehr. Diesen Kinderkram habe ich hinter mir gelassen. – OK, Kalorien zähle ich manchmal; und die Urlaubstage sowie die Überstunden, die ich noch habe; und inzwischen auch die Zahl der Jahre, bis ich in Rente gehen kann (irgendwann werde ich dann nur noch Monate und Tage zählen). Wenn ich also etwas zähle, dann nur noch relevante Dinge. Zum Beispiel hat im letzten Monat mein Nachbar siebzehnmal nachts herumkrakeelt. Das scheint erst mal nicht so wichtig zu sein, doch ist dieser Krach für meine Gesundheit nicht gut – ich nehme doch jetzt schon täglich sechs verschiedene Tabletten. Wenn das nicht aufhört, gibt es eine Beschwerde beim Vermieter. Und dann zähle ich seit kurzem auch noch, wie oft sich die Bahn verspätet, wenn ich unterwegs bin. Die Zeitungen schreiben ja viel zu diesem Thema, doch ich vertraue lieber meinen eigenen Erfahrungen.
Aber das alles ist etwas völlig anderes, als diese kindliche Zählerei von Güterwagen.
So, und ich gehe jetzt gleich einkaufen. Vorher schaue ich noch nach, wie viele Mülltüten auf der Abreißrolle sind. Vielleicht muss ich ja neue besorgen. – Ach ja, was ich dir schon immer mal sagen wollte: Ich mag es nicht, dass du mich ständig unterbrichst, wenn ich rede. Vorhin hast du das genau neunmal getan.
Ich mühe mich die Treppe hinauf. Langsam, Schritt für Schritt. Mein Büro befindet sich im vierten Stock. Seit über fünfzehn Jahren mache ich das und verzichte weitgehend auf den Fahrstuhl. Meine Quote müsste bei über 90% liegen. 90 % aller Wege in andere Stockwerke zu Fuß – treppauf, treppab. Mein selbstgesetztes Ziel liegt bei einer Quote von nur 80%, was immerhin auch noch eine stattliche Zahl ist.
Bei meinen deutlich jüngeren Kollegen ist das Verhältnis zwischen Fahrstuhlnutzung und zu Fuß gehen genau andersherum. Sie nehmen immer den Fahrstuhl, und nur wenn dieser kaputt ist, gehen sie notgedrungen zu Fuß. Während die jungen gesunden Schlanken beim Treppensteigen schon im zweiten Stock anfangen, vor Überanstrengung um ihr Leben zu bangen, zeigt der alte, übergewichtige Asthmatiker deutlich mehr Durchhaltevermögen.
Wie viele Stufen es wohl sein mögen? Ich habe sie noch nie gezählt. In meiner Kindheit hätten meine Geschwister und ich dies längst getan. Vielleicht sollte ich mal meine jungen Kollegen fragen. Aber diese Art von Zahlenspielerei ist inzwischen sicherlich aus der Mode gekommen. Wahrscheinlich kann man irgendwo auch die Anzahl von Treppenstufen googeln – und wenn nicht, wird das sicherlich in naher Zukunft möglich sein.
Irgendjemand wird schon auf die Idee kommen, eine Datenbank über alle Treppenstufen Deutschlands zu erstellen. Sehr schnell wird diese Idee dann andere begeistern, man gründet einen Verein der Treppenstufenfans und schon gibt es einen neuen Freizeittrend. Und selbstverständlich wird man schon bald Experten haben, die ganz wichtig sind und irgendwelchen Möchtegernreportern irgendwelcher unwichtigen Käseblätter höchst wichtige Interviews zu dem Thema "Treppenstufen in Deutschland" geben. Dass das Interview nur deshalb geführt und gedruckt wurde, weil der Neuanstrich des Klohäuschens am Marktplatz verschoben wurde und somit auch die darüber geplante Reportage, interessiert dann niemanden. Denn das Dokumentieren sämtlicher Treppenstufen in Deutschland ist irre wichtig und auch interessant. So können sich zum Beispiel die Paketboten von DHL, UPS, Hermes und wie sie alle heißen bereits im Vorfeld ihrer Tour darauf einstellen, dass sie 27 Stufen steigen müssen, um Frau Müller-Klöppelstein das mörderschwere Paket in die Querulantengasse 5 zu liefern. – Doch ich schweife ab …
Als Kinder haben wir jedenfalls viel gezählt. Treppenstufen von Kirchtürmen und anderen Gebäuden, die von uns erklommen wurden, oder Güterwagen, wenn wir an einem geschlossenen Bahnübergang standen und der Zug an uns vorbeirauschte. Im Urlaub zählte ich manchmal die Anzahl der Autos, die unser heimisches Nummernschild hatten. Und ich bin mir sicher, dass ich damals noch viele andere Dinge gezählt habe.
Sowas mache ich natürlich heute nicht mehr. Diesen Kinderkram habe ich hinter mir gelassen. – OK, Kalorien zähle ich manchmal; und die Urlaubstage sowie die Überstunden, die ich noch habe; und inzwischen auch die Zahl der Jahre, bis ich in Rente gehen kann (irgendwann werde ich dann nur noch Monate und Tage zählen). Wenn ich also etwas zähle, dann nur noch relevante Dinge. Zum Beispiel hat im letzten Monat mein Nachbar siebzehnmal nachts herumkrakeelt. Das scheint erst mal nicht so wichtig zu sein, doch ist dieser Krach für meine Gesundheit nicht gut – ich nehme doch jetzt schon täglich sechs verschiedene Tabletten. Wenn das nicht aufhört, gibt es eine Beschwerde beim Vermieter. Und dann zähle ich seit kurzem auch noch, wie oft sich die Bahn verspätet, wenn ich unterwegs bin. Die Zeitungen schreiben ja viel zu diesem Thema, doch ich vertraue lieber meinen eigenen Erfahrungen.
Aber das alles ist etwas völlig anderes, als diese kindliche Zählerei von Güterwagen.
So, und ich gehe jetzt gleich einkaufen. Vorher schaue ich noch nach, wie viele Mülltüten auf der Abreißrolle sind. Vielleicht muss ich ja neue besorgen. – Ach ja, was ich dir schon immer mal sagen wollte: Ich mag es nicht, dass du mich ständig unterbrichst, wenn ich rede. Vorhin hast du das genau neunmal getan.
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