Hallo, Orlando,
danke für die interessanten Argumente.
Ich halte allerdings Tradiertes nicht für überflüssig.
Und ich bin ebenfalls für klare Formen.
Im Tradierten gibt es viele Formen, wenn sich eine Form verfestigt hat, wird sie oft immer mehr verfestigt.
Sehr interessant ist das bei Übertragungen aus anderen Sprachen.
Eigentlich ist sie oft nicht 1:1 möglich. Deshalb entstehen verschiedene Formen.
Sonette wurden zunächst oft als Alexandriner übertragen, später als fünfhebige Verse, meist Jamben. Daraus schlossen einige, es müssten Jamben sein.
Die Reimschemata wurden verändert, bis hin zum Reimlosen.
Auf Grundlage von Übersetzungen entwickelten sich die Sonette in verschiedenen Sprachen weiter, zum Teil unterschiedlich.
Was meist erhalten blieb, sind die 14 Zeilen, Abweichungen wie Schweifsonette sind selten. Am Anfang, zu Petrakas Zeiten war das noch anders.
Das Sonett entwickelte sich in einer Zielsprache nun weiter, dabei wurden zum Teil die Übersetzungen, zum Teil die Formen der Originalsprache beachtet.
Der Inhalt änderte sich je nachdem, was wichtig war.
Ich habe gerade beim Sonett viele Foremen gefunden.
Als Kriterium sehe ich heute an, dass die Form in sich selbst schlüssig ist.
Shakespeare-Sonette haben das Grundschema abab cdcd efef gg
Dabei gibt es aber Varianten.
Geschrieben hat er es in einer Strophe, dabei sind in den meisten Ausgaben, die ich kenne, die beiden letzten Verse eingerückt.
Im Deutschen Bereich gibt es viel weniger Reime als im Italienischen, deshalb ist auch hier die Form mehrmals geändert worden. Bei Übersetzungen gab es sogar mal die Meinung, Reime dürfe man nicht übersetzen, sondern der Inhalt müsse erhalten bleiben.
Über die formale Gestalt habe ich ein Sonettkochbuc geschrieben. Es zeigt die Foremn, wie ich sie verstehe.
http://www.leselupe.de/lw/titel-Hutschis-Sonettkochbuch-107558.htm
Noch ein Wort zur Rhythmik: Entscheidend ist heute die übereinstimmung von Sinn und Rhythmik.
Abweichungen sind aber oft möglich, wenn sie dem Gedicht dienen und nicht "hearusfallen".
Deutsche Gedichte sind meist taktzählend, nicht silbenzählend.
Es kommt darauf an, dass es in die Taktung passt.
Ein Auftakt kann in den meisten deutschen Gedichtformen eine oder zwei unbetonte Silben enthalten.
Andere Stellen müssen streng stimmen, insbesondere Endreime, sofern gereimt wird.
Auch "freier" Rhythmus unterliegt Rhythmikgesetzen.