Arno Abendschön
Mitglied
Was tun bei extremer Hitze? Man fühlt sich unproduktiv, hat Zeit übrig und sehnt sich nach Veränderung, irgendeiner neuen Perspektive oder Entdeckung. Ich fing an, mich mit Ahnenforschung abzugeben und stieß dabei auf ein umfangreiches Dokument - es wird mich länger beschäftigen, dieses "Adreßbuch für die Westpfalz" von 1911, zur Verfügung gestellt vom Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz. Das ist bei weitem mehr als nur ein trockenes Verzeichnis von Personen und Institutionen samt deren Anschriften. Es ist vielmehr ein Kompendium des Alltagslebens in deutscher (hier: bayerischer) Provinz vor dem Ersten Weltkrieg. Worüber will man etwas wissen: die Städte und Dörfer und ihre Menschen, Industrie und Gewerbe, Ämter, Geschichte, Kultur, Natur? Es ist alles ausgebreitet und lädt zu näherem Studium ein. Dabei ist es nicht für die Nachwelt verfasst worden, sondern für die Zeitgenossen damals, zu deren unmittelbarem Gebrauch. Wir folgen ihren Spuren, identifizieren uns zum Teil mit ihnen und wandeln in jener untergegangenen Welt, als wäre es unsere eigene: Verlebendigung mit Hilfe eines Nachschlagwerks, ein Abenteuer.
Ich will in loser Folge festhalten, was mir gerade aufgefallen ist. Zunächst das: Auf dem Titelblatt verrät ein Stempelabdruck den ursprünglichen Verwahrort des Adreßbuchs: Königl. Verwaltung der Gefangenanstalt (sic!) Zweibrücken. (Hier und da finden sich im Innern Korrekturen von Hand.)
Statistik spielt eine große Rolle. Die Einwohnerzahlen werden nach Frauen und Männern aufgegliedert und nach Konfessionen: protestantisch oder katholisch. Addiere ich bei einzelnen Dörfern die Zahlen für diese beiden Glaubensrichtungen, erhalte ich regelmäßig 100% der Einwohnerschaft. Gab es dort keine anderen Bekenntnisse, keine Konfessionslosen?
Das Militär, so es Standorte in der Westpfalz hat, wird äußerst akkurat - um nicht zu sagen, liebevoll - dargestellt mit allen seinen Gliederungen und Instanzen. Und großen Wert wird auf die Orden und Auszeichnungen des Personals gelegt. Ein Oberstabsarzt ist z.B. Ritter des preuß. Roten Adler-Ordens 4. Kl. Weniger hoch angesiedelte Chargen müssen sich mit Abkürzungen begnügen: J.M. für Jubiläumsmedaille; sehr häufig verliehen. Passend dazwischen die Reklame einer Handlung am Ort: Unterhält eine grosse Auswahl an Knall-Bonbons. Oder: Frische Pumpernickel das ganze Jahr vorrätig.
Bedenkenswert finde ich auch die ortspolizeilichen Vorschriften in Zweibrücken, etwa dies hier: Das Radfahren ist nur solchen Personen gestattet, die sich eine Legitimationskarte gelöst haben, welche jederzeit mitzuführen und auf Verlangen vorzuzeigen ist.
Ich will in loser Folge festhalten, was mir gerade aufgefallen ist. Zunächst das: Auf dem Titelblatt verrät ein Stempelabdruck den ursprünglichen Verwahrort des Adreßbuchs: Königl. Verwaltung der Gefangenanstalt (sic!) Zweibrücken. (Hier und da finden sich im Innern Korrekturen von Hand.)
Statistik spielt eine große Rolle. Die Einwohnerzahlen werden nach Frauen und Männern aufgegliedert und nach Konfessionen: protestantisch oder katholisch. Addiere ich bei einzelnen Dörfern die Zahlen für diese beiden Glaubensrichtungen, erhalte ich regelmäßig 100% der Einwohnerschaft. Gab es dort keine anderen Bekenntnisse, keine Konfessionslosen?
Das Militär, so es Standorte in der Westpfalz hat, wird äußerst akkurat - um nicht zu sagen, liebevoll - dargestellt mit allen seinen Gliederungen und Instanzen. Und großen Wert wird auf die Orden und Auszeichnungen des Personals gelegt. Ein Oberstabsarzt ist z.B. Ritter des preuß. Roten Adler-Ordens 4. Kl. Weniger hoch angesiedelte Chargen müssen sich mit Abkürzungen begnügen: J.M. für Jubiläumsmedaille; sehr häufig verliehen. Passend dazwischen die Reklame einer Handlung am Ort: Unterhält eine grosse Auswahl an Knall-Bonbons. Oder: Frische Pumpernickel das ganze Jahr vorrätig.
Bedenkenswert finde ich auch die ortspolizeilichen Vorschriften in Zweibrücken, etwa dies hier: Das Radfahren ist nur solchen Personen gestattet, die sich eine Legitimationskarte gelöst haben, welche jederzeit mitzuführen und auf Verlangen vorzuzeigen ist.
Zuletzt bearbeitet: