zeitzeichen

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anbas

Mitglied
zeitzeichen

mir stinkt der strom der zeit
in dem facebook-follower
den wert eines lebens
bestimmen können
und nicht nur idioten
gefällt das

habe mir schnürsenkel besorgt
um mark zuckerberg
an seinen eiern aufzuhängen
wieviele likes das wohl geben wird

dokusoaps und castingshows
zerrspiegel einer kranken realität
die keiner haben wollen sollte
doch in jedem siebten überraschungsei
sitzt ein messias der uns spaß bringt
und so die welt retten wird


wollte nie den moralischen
zeigefinger schwingen
doch tue es immer wieder
aus notwehr gegen verblödung
und gequirlter einheitspampe

warum kaufen shopping-queens
eigentlich nie in 3.-welt-shopps ein
und innovative modemanager
sollten mal ihre frauen tauschen
gegen näherinen aus bangladesch


verliere bequeme ausgewogene ideale
gewinne stattdessen zornige energie
aus den quellen fortschrittlichen lebens
und meiner eigenen unzulänglichkeit

europas regierungs eliten
empfehle ich mehrmonatige praktika
in griechischen flüchtlingslagern
und pegida erkrankte
sollten zur kur nach aleppo fahren


doch ich moralisiere wieder
polemisch unausweichliches
und denunziere den etikettenschwindel
des zu dumpingpreisen
angebotenen mainstreams

drum lege mich wieder zurück
in meine hängematte
geknüpft aus ungenutzten schnürsenkeln
 

revilo

Mitglied
Hallo anbas......ich habe das Gedicht mehrmals gelesen....das Kalkül,dass Du nicht moralisieren willst, aber es dennoch - offensichtlich zu Deinem Verdruss - tust, ist nicht aufgegangen...in den kursiv geschriebenen Stellen hast du Fundamentalkritiken mit Binsenweisheiten verbunden, um dann wieder zum Gedicht zurückzukehren.. dieser innere Dialog des Autors funzt alledigs nicht so richtig......gut ist allerdings die Stelle mit the boss of Gesichtsbuch, den du an den Klunkern festzurren willst.....das solltest du ausbauen.....

LG von revilo, der hofft nicht wieder wegen gut gemeinten Kritik eine gekränkte und wütende Replik zu erhalten..........
 

Walther

Mitglied
Hi,

für mich ist das ein wort des zorns, das noch roh ist - aber vllt. will der autor das so. mit schliff (und kürzung?) ginge da noch was, aber gelungen ist der text auch so.

lg W.
 

juttavon

Mitglied
Der Text hat eine Dynamik, die Deine Wut einigermaßen und kultiviert zum Ausdruck bringt. Mit tut der Text einfach gut, trotz aller auch darin enthaltenden Banalitäten! - Dein Dich Selbst-Ausbremsen zwischendurch klingt für mich wie ein Ringen um eine angemessene Ausdrucks-Form: Irgendwo zwischen wirkungslosen schönen Worten und einer gezielten Bombe. Wer findet da schon immer den richtigen Ton? - Dank an Dich, - an Wut und Mut! HG, Jutta
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo anbas,

die dir hier vorgeworfenen Binsenweisheiten sind, sofern überhaupt vorhanden, ein Kernstück dieses Gedichtes. Sind es doch gerade die Gleichmacher und Vereinfacher, die das Problem im Internet sind.
Ja, es ist ein Wutgedicht und ich hätte es so nicht geschrieben.
Umso besser, dass du es getan hast.

Liebe Grüße
Manfred
 

molly

Mitglied
Lieber Andreas,

es ist eine ohnmächtige Wut, die Du beschreibst. Dein Held legt sich in die Hängematte zurück, weil er weiß, dass der Zeigefinger gar nichts nützt.
Zu Zuckerberg:
Ich mag Deine Geschichte von "Axel" so gern. Der Mensch braucht echte Freunde, kein facebook kann sie ersetzen.

Viele Grüße

Monika
 

anbas

Mitglied
Ihr Lieben,

habt herzlichen Dank für Eure Rückmeldungen!

Ich erlaube mir mal, alle - also auch die verdeckten - Kommentare in "einem Abwasch" zu beantworten.

Ja, es ist ein Wutgedicht, und ich freue mich sehr, dass es - bisher wenigstens - weitgehend gut angekommt (an dieser Stelle schon mal herzlichen Dank für die Wertungen!). Ich war mir aus unterschiedlichen Gründen unsicher, ob ich es einstellen soll. Die inhaltlichen Aspekte sind das eine, die zumindest an einer Stelle - für mich jedenfalls - eher selten verwendete drastische Ausdrucksweise das andere. Hinzu kommt, dass einige meiner letzten Texte, in denen ich aktuelle Themen bearbeitet habe, teilweise, u.a. auch als zu "unlyrisch", durchgefallen sind.

Was die kursiv gesetzten Stellen betrifft, so sind sie einerseits innere Monolge. Gleichzeitig spiegeln sie genau diese Plattheiten wieder, wie sie Manfred beschreibt. Und letztendlich machen sie deutlich, dass auch das LyrIch nicht frei davon ist.

So legt sich LyrIch sicherlich auch in seine Hängematte zurück, weil er ohnmächtig vor Wut ist. Doch auch hier gibt es noch mehr Aspekte, die möglich sind (z.B. Angst davor, sich weiter für die eigenen Ideale einzusetzen / Frust über die Erkenntnis, selber nicht besser zu sein als jene, die beschimpft werden ;) / usw.).

Ich denke, dass es hier noch mehr Sichtweisen gibt. Doch die hervorzuholen ist - wenigstens aus meiner Sicht - nicht der "Job" des Autors ;).


Liebe Grüße

Andreas
 

revilo

Mitglied
Moin Erhabener...genauso habe ich Dein Gedicht auch verstanden...
allerdings lege ich Wert auf die Feststellung, dass ich Dir nichts "vorgeworfen" habe, wie mir unterstellt wird......das wäre auch - mit Verlaub gesagt - kapitaler Blödsinn und Anmaßung zugleich....

und mit "Binsenweisheiten" habe ich wohl nicht so sehr danebengelegen... wie gesagt, dieses Gedicht trifft nicht unbedingt meinen Geschmack...aber darauf kommt es ja auch nicht an.....

LG revilo
 

Perry

Mitglied
Hallo anbas,

ich glaube, den "guten Willen" auf etwas hinzuweisen, was in unserer Gesellschaft nicht richtig läuft, in deinem Text zu erkennen.

Die verwendete Bildsprache, seien es nun innere bzw. äußere Monologe oder realitätsferne Vorschläge halte ich nicht für geeignet eine Verbesserung zu erreichen. Dummheit lässt sich z.B. nicht mit dummen Sprüchen wie in der "Zuckerbergstrophe" lösen, selbst wenn sie satirisch gemeint ist.

Das andere Problem, das ich in deiner Argumentation sehe ist, technische Entwicklungen als Sündenbock hinzustellen, denn nicht das soziale Medium ist das Problem, sondern das Nutzerverhalten.
Warum fragen wir uns nicht, worin der Grund liegt, dass soviele Menschen den virtuellen Kontakt einem realen vorziehen. Eine Ursache ist für mich die fehlende Zeit zwischenmenschliche Kontakte in der Familie, Schule/Beruf und Freizeit ausreichend aufzubauen.
Ein reales Beispiel wie es gut funktionieren kann, ist z.B. die WhatsApp-Gruppe unseres Vereins, in der wir uns zeitnah und aktuell zum Training verabreden. Sie hat die Motivation und Effektivität unsrer Freizeitaktivität enorm verbessert.

Mein Fazit ist, weniger Zeit mit Anprangern verschwenden, stattdessen mit gutem Beispiel vorangehen.
Vielleicht übersteht unsere Gesellschaft dann auch das digitale Zeitalter. :)

LG
Manfred
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
1. Ich mag den Zuckerberg, ich liebe ihn!, allein des Filmes über ihn wegen (dessen Titel ich immer vergesse).

2. Ich bin nicht im Fatzenbuch, schon lange nicht mehr. Hatte zu viele "Freunde" dort, die ich nicht liebte. Bin auch handylos, whatsapplos, smartphonelos und auch sonst ziemlich los.

12koerbe.de genügt mir vollauf.

grusz, hansz
 

klaatu

Mitglied
Guter Text, gern gelesen. Das Bild vom aufgehängten Zuckerberg wird wohl noch ein paar Tage in meinem Kopf bleiben!

LG
k
 

anbas

Mitglied
Hallo Manfred,

vielen Dank für Deine Rückmeldung und Deine Gedanken.

Wie schon an anderer Stelle gesagt wurde, handelt es sich hier um ein Wut-Gedicht. Aus meiner Sicht darf ein Wutgedicht durchaus einseitig, nicht objektiv und drastisch formuliert sein.

Ich finde es interesant, dass bei kritischen, satirischen oder eben wütenden Gedichten häufiger mal mehr Objektivität und Ausgewogenheit "verlangt" wird - ich schließe mich da übrigens nicht aus ;). Bei anderen "emotionalen Themen" ist das anders. Liebesgedichte z.B. dürfen einseitig, komplett unausgewogen und teilweise auch in einer Sprache geschrieben werden, die nicht immer unbeding alltagstauglich ist :D. Ich habe jedenfalls noch nie einen Kommentar unter einem Liebesgedicht gefunden, in dem der Autor ermahnt wird, doch nicht alles so rosig zu sehen, sondern z.B. auch auf die Nachteile und Konsequenzen einer Beziehung sollte.

Natürlich kenne ich die Vorteile von Facebook. Ich weiß, dass über soziale Netzwerke z.T. geniale Hilfen in Notsituationen organisiert wurden. Das ändert nichts an der Schattenseite dieser Medien - von den Möglichkeiten des Datenmissbrauchs, der durch Facebook, WhatsApp & Co möglich ist und zum Teil ja auch vollzogen wird ganz zu schweigen.

Mir ist durchaus klar, dass durch solch ein Gedicht - wie aber auch durch jedes andere - nicht die Welt verändert wird. Aber es eignet sich zum "Dampf ablassen" und vielleicht doch bei dem einen oder anderen für ein kurzes Innehalten.


Liebe Grüße

Andreas
 

anbas

Mitglied
Hallo Hansz,

auch, wenn ich nicht ganz dahinterkomme, was Du uns mit Deinem Kommentar mitteilen möchtest, danke ich Dir fürs Lesen.

Liebe Grüße

Andreas


... ich habe übrigens ein Handy und werde vielleicht in Kürze in mein persönliches Smartphone-Zeitalter einsteigen - noch wehre ich mich aber dagegen ;).
 

anbas

Mitglied
Hallo Klatuu,

schön, dass Dir der Text gefällt. Hätte nicht damit gerechnet, ein solch nachhaltiges Bild geschaffen zu haben ;).

Danke für die Rückmeldung.

Liebe Grüße

Andreas
 

anbas

Mitglied
Hab mich noch nicht für die anonyme 8 bedankt, was ich hiermit nachhole: Vielen Dank! :)

Liebe Grüße

Andreas
 

Perry

Mitglied
Hallo Andreas,

ich bin mir der Berechtigung übertreibender Satire durchaus bewusst (Jan Böhmermann und Co lassen grüßen), habe aber meine Zweifel, ob diese Sprache immer auch als Satire erkannt wird und nicht zur weiteren Verrohung oder Verdummung der Gesellschaft beiträgt.
LG
Manfred
PS: Der Vergleich mit Liebesromatik passt nicht, denn wer nimmt diese schon ernst.
 

anbas

Mitglied
Hallo Manfred,

Satiere, Polemiken usw. sind oft "Grenzgänger zwischen den verschiedenen individuellen Geschmacksnerven" ;) (spontan gefällt mir diese Formulierung :D) - aber das ist in anderen Bereichen nicht anders. Sicher, drastische Formulierungen können in die Effekthascherei abrutschen und Verdummung/Verrohung fördern. Andererseits können sie aber auch eine Ventilfunktion haben.

Nochmal: Dies ist ein Wutgedicht mit einigen polemischen Elementen. Hier in einer salonfähige Sprache zu schreiben, wäre aus meiner Sicht nicht passend. Für mich würde das aussehen, als ob ein Gefühl intellektualisert werden soll.

Möglich, dass solch ein Text noch mal anders wirkt, wenn er in einem bestimmten Kontext (z.B. während einer Satiereveranstaltung) vorgetragen wird.

Was den Vergelich mit Liebeslyrik betrifft, so denke ich schon, dass es passt. Mir jedenfalls geht es in diesem Vergleich nicht um das Ernstnehmen, sondern die lyrische Umsetzung von Gefühlen.

Liebe Grüße

Andreas
 



 
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