Zerrissenheit (Sonett)

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anbas

Mitglied
Zerrissenheit

Mein Gott, ich sollte mal Sonette schreiben,
nur um zu zeigen, dass ich's wirklich kann.
Bis alle überzeugt sind, irgendwann.
Dann lasse ich es aber wieder bleiben.

Auch einen Thriller hab ich nie geschrieben,
ach was, geschweige denn einen Roman.
Es gab zwar 'ne Idee und einen Plan,
doch ist es dann bei der Idee geblieben.

So lass' ich die Gedanken ständig kreisen
und frage mich: Wem will ich was beweisen,
wohin lass ich von wem mich grade treiben?

Oh Herr im Himmel, kannst du Hilfe bringen?
Gib mir die Kraft, die Zweifel zu bezwingen
- um dann gleich hundert Limericks zu schreiben.
 

NewDawnK

Mitglied
@ anbas
wohin lass ich von wem mich grade treiben?
Tja, das kann ich Deinem LyrI leider auch nicht beantworten. ;)

Andererseits ist Dein Gedicht eine gute Gelegenheit, einmal nachzufragen, wie man die Dinger am besten konstruiert. Mir ist das noch nie richtig gelungen, denn im Gegensatz zu kürzeren Formen wie Limericks habe ich große Probleme, den Rhythmus intuitiv zu erfassen. Mit der Silbenzählerei bin ich auch nicht weit gekommen ...

Gibt's diesbezüglich irgendeinen Insider-Tipp? Wenn ja, verrätst Du ihn? Oder braucht man dafür ein besonderes Talent?
 

anbas

Mitglied
Hallo NewDawnK,

ich sehe mich noch lange nicht als Insider. Dies ist insgesamt erst das zweite Sonett, dass ich überhaupt geschrieben und das erste, das ich hier bei den Festen Formen gepostet habe.

Ich habe mir zum einen die Seite auf Wikipedia angesehen. Vor allem die Form am Ende des Sonetts war mir unklar. Dann habe ich auch noch mal hingeschaut, wie Walther, unser lupianischer Sonett-Experte, es macht.

Was den Rhythmus betrifft, so werden es diejenigen, die ihn im Blut haben, einfacher haben. Aber auch wir Normalsterblichen können es lernen :D. Ich zum Beispiel lese mir einen neuen Text laut vor und klopfe dabei im Takt mit. Jedes mehrsilbige Wort hat eine oder - je nach Länge des Wortes - mehrere Silben, die betont werden. Da kann es aber durch aus regionale oder auch individuelle Unterschiede geben (in meiner Familie war es irgendwann ein Running Gag, wie "Trompeter" richtig betont wird. Einige Familienmitglieder betonten die erste Silbe und die beiden anderen nicht, andere nur die zweite). Also, ich schlage den Takt und jeder Schlag muss eine betonte Silbe treffen. Manchmal merke ich, dass irgendwas nicht stimmt. Dann marker ich mir die betonten Silben fett, um zu sehen, wo mein Denk- oder Betonungsfehler liegt. Walther benutzt oft große und kleine "X", um die Betonung zu verdeutlichen. Das irritiert mich eher. Probier es aus. Vielleicht findest Du ja auch eine ganz andere Art, um ein Gefühl für den Rhythmus zu finden. Obwohl ich selber Musik mache, ist mein Takt- und Rhythumsgefühl eher unterentwickelt. Doch in den letzten Jahren habe ich viel gelernt, und hin und wieder meldet sich inzwischen auch mal die Intuition.

Ich hoffe, dass meien Antwort jetzt in die Richtung ging, die Du meintest ;).


Liebe Grüße

Andreas
 

NewDawnK

Mitglied
Danke Dir, anbas, für die ausführliche Antwort.

Lyrik hat dann offenbar doch mehr mit Musik zu tun, als es auf den ersten Blick scheint ... na ja, dann bleibt einem das Ausprobieren und Üben wohl doch nicht erspart.
Wäre halt schön gewesen, wenn es einen etwas weniger steinigen Weg geben würde. ;)

Ein schönen Sonntag wünsche ich Dir.

NDK
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Sonett - das Klingende (früher auch in deutsch oft "KKlanggedicht" genannt, hat tatsächlich als wesentliches Formelement den Klang.

Ich habe in einem "Sonettkochbuch" mal verschiedene Sonettarten mit Beispielen vorgestellt.

http://www.leselupe.de/lw/titel-Hutschis-Sonettkochbuch-107558.htm

An einem Artikel arbeite ich seit zwei Jahren. Das ist nicht so einfach, weil es sehr viele Formen und Ansichten gibt, wobei diejenigen sich oft heftig bekämpfen, was mich traurig stimmt.
 



 
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