Zita die Zecke an der ScheinBAR II

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Hagen

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Zita die Zecke an der ScheinBAR

„Heute möchte ich mal“, die Wunderbare Ulrike stieg geschmeidig auf ihren Stammhocker an der ScheinBAR und warf einen Blick in die Cocktailkarte, „einen ‘Heart-Shaped Woman‘. – Du ich habe eben den Ökonomen vom Ende der Straße gesehen, wie er auf einem Einhorn zu seiner Weide geritten ist, auf der er seine Pferde immer grasen lässt. – Egal, aber ich möchte nun wissen, wie weit du mit deinem Märchen von der Zecke bist.“
„Nun ja“, meinte ich, begann die Cocktails zuzubereiten, für mich natürlich auch einen ‘Heart-Shaped Woman‘ und klopfte an meinen Schädel, „im Kopf habe ich das Ding schon. Ich brauche es nur noch aufzuschreiben. – Also, es war einmal eine Zecke, Zita mit Namen, die sich von anderen Zecken und vielen Menschen insoweit unterschied, dass sie selbständig denken konnte. Als sie soweit war, sich ein Wirtstier zu suchen, erklomm sie einen Busch und suchte sich ein Blatt unter dem sie auf ein Wirtstier warten konnte. Als sie ein Blatt erreichte, dass ihr gefiel, war da schon eine andere Zecke.
„Guten Morgen“, sagte Zita die Zecke, „was machst Du denn hier?“
„Ich hänge hier ein bisschen rum“, sagte die andere Zecke, „sozusagen abhängen“, und ließ sich flugs auf einen Hasen fallen, der wie von Ungefähr des Wegs entlang gehoppelt kam. ‚Einen Hasen‘, dachte Zita die Zecke, ‚möchte ich nicht haben, die hoppeln zu sehr.‘ – So, Wunderbare Ulrike, dein ‘Heart-Shaped Woman‘. – So blieb die Zecke weiterhin hängen und wartete. Sie dachte viel nach während sie hing, über den Sinn des Lebens und den Ursprung der Welt. Das Blatt, unter dem sie hing, bezeichnete sie als ihre Welt und sie fragte sich, ob es auf anderen Welten auch intelligentes Leben gibt.“
Wir nahmen jeder einen Schluck von dem ‘Heart-Shaped Woman‘.
„Zwischendurch“, fuhr ich fort, „sah Zita die Zecke den Feen und Elfen zu, die sich des Abends auf der nahen Lichtung trafen, tanzten, Joints rauchten und sich darüber unterhielten, wie Fliegenpilze am besten zuzubereiten wären, damit sie auch gut reinziehen. – Nein, auf eine Elfe wollte sie sich auch nicht fallen lassen. Sie kam zu der Überzeugung, dass es andere Lebewesen nur gibt, damit sie den Zecken als Wirtstiere dienen können.“
„Das erinnert mich“, sprach die Wunderbare Ulrike und nahm einen Schluck ‘Heart-Shaped Woman‘ „an unsere Katze Klytaimnestra, die auch der Ansicht ist, dass der Schöpfer die Menschen nur erschaffen hat, um den Katzen die Dosen aufzumachen. – Aber fahre bitte fort!“
„Nun“, ich tat wie von der Wunderbaren Ulrike geheißen, „Zita die Zecke hing also weiter unter dem Blatt und wartete. Sie überstand sogar einen Sturm, der in der Nähe einen Baum umfallen ließ. Als am nächsten Tag Waldarbeiter kamen, den umgestürzten Baum mit einer Motorsäge kleinzusägten und zu beseitigten, fand sie die Antwort auf die Frage nach dem Ursprung der Welt!“
Wir nahmen jeder einen Schluck von dem ‘Heart-Shaped Woman‘.
„Das, was Welten vernichtet‘, so folgerte Zita, ,muss auch Welten erschaffen können! Erschaffer und Vernichter von Welten sind Götter. Ich habe einen Gott gesehen! Ich werde mich auf ihm niederlassen‘! Und sie warf noch einen Blick auf die Motorsäge, die ein Arbeiter auf seiner Schulter nach getaner Arbeit fort trug und ließ sich in einem günstigen Moment auf das Schwert der Motorsäge fallen. Doch weil die Säge gut gefettet war, glitt Zita ab und fiel zu Boden.“
Wir nahmen jeder einen Schluck von dem ‘Heart-Shaped Woman‘.
Ich fuhr mit meinem Märchen fort: „Unerreichbar sind die Götter“, seufzte Zita, erklomm ihren Busch erneut und betete um ein Tier für sie. So hing Zita lange Zeit unter ihrem Blatt. Viele Tiere kamen entlang, aber keines war Zita gut genug. Die Füchse waren ihr zu dusselig, die Mäuse zu klein, die Rehe zu arrogant und die Wildschweine, die sich an dem Stamm des nahen Baumes scheuerten, zu dumm, weil sie so was Blödsinniges taten. – Doch eines Tages kam ein kurzsichtiges Einhorn angetrabt und verhedderte sich gar fürchterlich mit seinem Horn in dem Geäst des Busches unter dessen einem Blatt Zita hing. „Guten Abend“, sprach Zita zu dem Einhorn, „würden Sie mir eventuell gestatten, auf Ihnen Platz zu nehmen, wertes Einhorn?“ – „Aber nur, wenn Sie mir helfen, aus diesem Scheißbusch zu kommen“, antwortete das Einhorn, „dann verspreche ich Ihnen, Sie mit mir zu tragen.“ „Nun denn, es wird sich machen lassen“, sagte Zita, ließ sich auf das Einhorn fallen und dirigierte es aus dem Dickicht des Busches.“
Wir nahmen jeder einen Schluck von dem ‘Heart-Shaped Woman‘. Die Wunderbare Ulrike lauschte angespannt und ich fuhr mit dem Märchen fort:
„Danke“, sagte das Einhorn, „und nun hiev Deinen verdammten Arsch von meinem Rücken und verpiss Dich!“ – „Hey“, sagte Zita, „Sie haben mir etwas versprochen!“ Das Einhorn konnte sich plötzlich an nichts mehr erinnern, aber es konnte Zita die Zecke nicht mehr abschütteln. Zita indes, steckte ihren Kopf in das Einhorn und begann Blut zu saugen.“
Wir nahmen jeder einen Schluck von dem ‘Heart-Shaped Woman‘.
„Als Zita nach drei Tagen mal kurz den Kopf aus dem Einhorn nahm“ fuhr ich fort, „um zu gucken, wo es denn inzwischen hingelaufen war, stellte sie fest, dass sie inzwischen vom selbständigen Denken einen goldenen Hintern bekommen hatte. Das wiederum war dem Einhorn gar nicht recht, denn es hätte auch gerne einen goldenen Hintern. Es flüchtete sich sodann in den Schoß einer Prinzessin, die seit langem vergeblich auf einen Prinzen gewartet hatte.“
Wir nahmen jeder einen Schluck von dem ‘Heart-Shaped Woman‘.
„Seltsam“, meinte die Wunderbare Ulrike und nahm einen Schluck ‘Heart-Shaped Woman‘, „Prinzessinnen warten immer auf Prinzen. Lass‘ dir doch mal was anderes einfallen!“
„Kein Problem. – Die Prinzessin arbeitet als Sprengmeisterin im Königlichen Steinbruch, in dem auch Gold freigesprengt wird, was aber keiner wissen sollte, weil der König mit diesem Gold seine Finanzen aufbesserte um rauschende Schlossfeste zu feiern. Weil der König dieses Gold am Finanzamt vorbeischmuggelte und so Steuern sparte, wurde es von Schicksal, wenn dem Märchenerzähler nichts anderes einfällt, wie mir auf die Schnelle, nicht sonderlich gerne gesehen. So sprengte die Prinzessin als Warnung des Schicksals auch mal einen Frosch frei, der mehrere Jahrhunderte von dem Steinbruch gefangen worden war“.
Schluck ‘Heart-Shaped Woman‘.
„Die Prinzessin fragt natürlich: „Frosch, wirst du ein Prinz wenn ich dich küsse?“
„Nein, antwortet der Frosch. Das ist mein bescheuerter Bruder aus dem Märchen ‘Der Froschkönig‘! Das Ding ist damals auch schief gegangen! Mit mir musst du schon richtigen Geschlechtsverkehr …“
„Hagen!“, die Wunderbare Ulrike war etwas erbost, „keine dreckigen Witze! Wir wollen doch Moralisch einwandfrei bleiben! – Ich bin aber total gespannt, wie es mit der Zecke weitergeht!“
„Ach ja! Die Zecke auf dem Einhorn ist ja nun bei der Prinzessin.“
Wir nahmen jeder einen Schluck von dem ‘Heart-Shaped Woman‘ ich dachte kurz nach und fuhr fort: „Weil die Prinzessin schön aber farbenblind war, konnte sie nicht erkennen, dass Zita einen goldenen Hintern hatte. Sie ergriff ihre Pinzette zum Auszupfen der Augenbrauen, drehte Zita die Zecke aus dem Einhorn und warf sie in den Kamin. Zita die Zecke knackte noch einmal und hatte es überstanden.“
Wir nahmen jeder einen Schluck von dem ‘Heart-Shaped Woman‘.
„Das Einhorn verkaufte die Prinzessin an einen Bauern, denn das Horn des Einhorns ist nur von dem zu sehen, der stets von reiner Seele und immer schön fröhlich, gesund und munter, guten Willens, moralisch einwandfrei, positiv motiviert, niemals betrunken, stets heiteren Gemütes ist, und der niemals lügt, dummes Zeug oder dreckige Witze erzählt.“
Wir nahmen jeder einen Schluck von dem ‘Heart-Shaped Woman‘.
„Das war weder bei der Prinzessin noch bei dem Bauern der Fall“, fuhr ich fort, „und der Bauer spannte das Einhorn, welches für ihn nur ein Ackergaul war, vor den Pflug. Wenn er den Mund auftat, schimpfte er lästerhaft nur darüber, dass ihn die EWG zu wenig subventioniere oder erzählte seiner Frau dreckige Witze.“
Wir nahmen jeder einen Schluck von dem ‘Heart-Shaped Woman‘.
„Am Wochenende, wenn der Bauer besoffen ist“, endete ich meine Geschichte, „steht das Einhorn auf der Weide und freut sich, dass es keinen Pflug ziehen muss. Hin und wieder kommen Realschullehrerinnen entlang und glauben, da steht ein Pferd, das sich freut, wenn sie ihm gammelige Äpfel vor die Hufe werfen. Denn Realschullehrerinnen erzählen nur dummes Zeug, sind weder von reiner Seele noch moralisch einwandfrei und niemals heiteren Gemütes!“
„Hm“, sprach die Wunderbare Ulrike und trank ihren ‘Heart-Shaped Woman‘ aus, „ich glaube, wir machen mal eben einen kleinen Spaziergang zu der Weide auf welcher der Ökonom seine Einhorne pardon Pferde immer grasen lässt …“

Für den geneigten Leser, den der Cocktail interessiert,
den wir an diesem Abend an der ScheinBAR hatten:

Heart-Shaped Woman
(Martini etwas anders)
1 Tropfen Granatapfelsirup
4 cl Gin
4 cl LILLET BLANC
Eis
Deco Olive
 

Klaus K.

Mitglied
Hagen,

so, das hatte ich noch nicht "richtig" gelesen, da ich zuerst an deinem letzen Beitrag hängengeblieben war, und danach gab's hier dann eine private Unterbrechung. Die "Seitenhiebe" gegen Ende, präzise beobachtet!
Ja, das Lehramt, fürwahr ein schwieriges Amt, da braucht es zwischendurch halt immer wieder laaange Erholungspausen.
Aber die Jammerarien sind opernreif. - Mit Gruß wie immer, Klaus
 

Hagen

Mitglied
Hallo Klaus,
vielen Dank für die Beschäftigung mit meinem Text, das dicke Lob und den Sternenregen.
Das ging mir runter wie Heidehonig. Mein Tag ist gerettet nachdem ich Deine positive Meinung gelesen habe.
Wieso 'Opernreif'?
Zur Zeit arbeiten die Wunderbare Ulrike und ich lediglich an einem Musial über dieses Thema. Wir haben allerdings Probleme ein Einhorn und eine Zecke (mit Nachnamen sollte sie 'Delle' heißen), auf die Bühne zu bringen.

Nun denn, in diesem Sinne, wir sehen uns in der ScheinBAR!
Zudem lesen wir uns weiterhin!
... und bleibt schön fröhlich, guter Dinge, gesund und munter, weiterhin positiv motiviert, negativ getestet und stets heiteren Gemütes!
Herzlichst
Yours Hagen
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Bedenke: Stimme niemals ein Klavier in nassem Zustand!
 

Klaus K.

Mitglied
Hallo, mit Dank zurück Hagen,

wie bereits schon irgendwo mal erwähnt, haben wir mehrere verbeamtete Lehrkörper (m/w ) in der erweiterten Familie. Bei irgendwelchen Zusammenkünften bin ich da natürlich kein gerne gesehener Gast.- Meine Schwägerin ist übrigens in diesem Metier "voll berufstätig" (Grundschule in RP) und jeden Mittag spätestens um 13.00 Uhr zu Hause. Na, jetzt gibt es ja zur Erholung erst einmal sechs Wochen sun and fun. Die "Pension" dann? Eine Frechheit für jeden normalen Arbeitnehmer.-

Wir haben freie Berufswahl, also Ruhe jetzt, Klaus! Aber diese Berufsgruppe jammert ständig. Und damit gehören sie auf eine Opernbühne. Der Eingangstext für die Arie könnte dann von mir sein. "Harte Arbeit, karger Lohn, was macht das schon?". Mit Gruß, Klaus
 

Hagen

Mitglied
Hallo Kaus,
ja, ja, der Lehrkörper!
Einer aus meiner Literatugruppe ist der Sohn eines ganz hochgestochenen Sonderschullehrers. Er stottert furchtbar und besucht auf Geheiss sieines Vaters ein 'Creativ writing' - Semiar nach dem Nächsten. Ihm ist, nicht nur in lit(t)erarischer Sicht, nicht mehr zu helfen, er fühlt sich nämlich 'wie einer Vasektomie unterzogen und hat schon mehrere Pychiather verschlissen.

Nun denn, in diesem Sinne, wir sehen uns, in der ScheinBAR!
Zudem lesen wir uns weiterhin!
... und bleib' schön fröhlich, gesund und munter, gute Dinge sowie guten Willens, moralisch einwandfrei, weiterhin positiv motiviert und stets heiteren Gemütes! Sei stets von reiner Seele, Lüge niemals oder erzähle dreckige Witze!
Herzlichst
Yours Hagen
_________________________________
Merke:
Du sollst die dicke Frau nicht auf den kaputten Stuhl setzen!!
 



 
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