Zukommnis

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Vera-Lena

Mitglied
Zukommnis

liebgeredet habe ich dich unter dem Torbogen
auf dem Marktplatz habe ich dich liebgeredet
in der Buchhandlung habe ich dich erwähnt
in die Wolken habe ich dich erhoben
durch das Brückengeländer
ließ ich meine Beine baumeln und
habe dich den Fluten liebgeredet
dem Wind habe ich dich gepriesen
den spiegelnden Sonnenstrahlen habe ich dich liebgeredet
und als du plötzlich vor mir standest
bin ich liebverstummt
 

Perry

Mitglied
Hallo Vera-Lena,

doch der Text gefällt mir, vielleicht gerade wegen der eigenartigen Wortkompositionen „liebgeredet, liebverstummt und der häufigen Wiederholungen.
LG
Manfred
PS: „in die Wolken habe ich dich erhoben“ sollte das nicht „gehoben“ heißen oder „zu den Wolken habe ich dich erhoben?“
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Manfred,

freut mich, dass Dir dieses luftigere Etwas gefällt.:)
Bei den Wolken wollte ich so einen kleinen "Widerspruch in sich" drin haben.

Eigentlich erhebt man jemanden auf einen Thron, wenn man die Macht dazu hat. Aber das Lyri, das ja vor lauter Liebe nun doch ein bißchen das klare Denkvermögen eingebüßt hat,
konnte sich eben nur vorstellen "den Einen" so hoch wie möglich zu erhöhen und da blieben dann die Wolken übrig.
Andere Leute "erheben" ihre Angebeteten in "die Himmel".


"bis in die höchsten Himmel habe ich dich erhoben" war mir ein bißchen zu landläufig.

Außerdem finde ich das eigentlich ganz witzig, wenn man den Angebeteten in den Himmel erhebt, und dann ist der Himmel aber bewölkt... Naja, in dem Text steckt eine gewisse Portion Selbstironie.

Und dann finde ich es auch ganz witzig, wie es erst in die Höhe geht und danach direkt in die Tiefe. Nach den Wolken ist der Fluss tief unter der Brücke dran, der gefälligst auch mitanzuhören hat, von wem hier geredet wird....

Naja, Du merkst schon, dass ich nach dem ganzen tiefsinnigen Zeugs in der letzten Zeit voller Freude bin, wieder etwas Leichtfüßiges zustande gebracht zu haben, obgleich es sich immer noch um dasselbe Thema handelt.

Ich freue mich immer über Deine Antworten.
Liebe Grüße :) von Vera-Lena
 

Sonnenkreis

Mitglied
Liebe Vera-Lena,

Deine Zeilen lese ich heute, wie so oft, mit
einem fröhlichen Lächeln. Ja, dieses Gedicht
paßt unter Liebe, würde aber auch unter Humor
nicht verloren gehen. Ist ja auch schön, wenn
beides zu verbinden ist.

Liebreden, ja so soll das sein; wenn es mal nicht
für einen Kuß reicht;)).

Die Eigenschaft lieb zu verstummen kann wichtig
sein. Denn so eine kleine Pause gibt dann viel-
leicht den Raum zum in sich Hören, den das lieb-
reden nicht erreicht hat. Das ist dann eine wahre
Zukommnis (schönes Wort!).

Und dann, dann kann noch viel mehr dazu kommen...
...mit ein wenig Glück und vor allem mit Gefühl!

Ich wünsche Dir eine gute Zeit und schicke Dir

Liebe Grüße
Sonnenkreis
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Sonnenkreis,

das denke ich auch, das in dem Verstummen dann eine Menge passieren kann, nicht nur weil einem endlich die Worte ausgehen, sondern weil das Unaussprechliche sich irgendwie einen Weg bahnen muss.

Danke für Deine Interpretation!
Schön, dass Du Freude hattest beim Lesen. :)

Liebe Grüße von Vera-Lena
 
S

Stoffel

Gast
Hallo,
also es klingt so wie geschrieben anfangs so, als würde man etwas lob preisen, was dann aber nicht ist. DAS solls ja nicht sin.
Drum unten mal meine Gedanken dazu.
Nachvollziehen alle male..aber..

Und der Titel?

lG
Sanne

liebgeredet habe ich
unter dem Torbogen
auf dem Marktplatz
und in die Fluten
in der Buchhandlung dich erwähnt
auch in die Wolken dich erhoben

Und durch das Brückengeländer
ließ ich meine Beine baumeln
habe dem Wind dich gepriesen
auch den spiegelnden Sonnenstrahlen

Doch als du vor mir standest
bin ich liebverstummt.
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe stoffel,

die verkürzte Version hat durchaus etwas für sich, und ich bevorzuge meistens Verkürzungen.

Hier aber habe ich versucht auch mithilfe der Form deutlich zu machen, wie das Lyri einfach nicht aufhören kann an diesen Gegenstand seiner Liebe zu denken und von ihm zu sprechen, also da ging es dann tagaus, tagein die Länge und die Breite.

Ich verstehe aber gut, dass der Text in Deiner Version für Dich auch genau dasselbe aussagt.


Der Titel: "Zukommnis"

etwas ist mir zugekommen. Du kennst das Wort wie wir alle sicher eher im negativen Sinne von: "Ich finde, das kommt dem aber nicht zu".
Hier ist jemandem etwas "zugekommen" wie von ungefähr.

Wunderbare Erlebnisse kommen manchmal auf einen zu.

Dir ein wunderschönes Wochenende! :)
Liebe Grüße von Vera-Lena
 
S

Stoffel

Gast
Liebe Vera-Lena,

natürlich habe ich es auch so gelesen. Und wusste auch, was diese Wiederholungen zu bedeuten haben. Sie solltem dem Ganzen noch mehr Ausdruck verleihen.
Und wenn man es hinter einander als Aufzählungs setzt?
Also alles in einem "Block" mit dem "liebgeredet"...dazuwischen,oder am Anfang...?Dann klingt es vielleicht auch ein wenig "atemlos"?

Ok, ist ja nur eine Formsache. und meine Interpretation entspricht halt meine eigene Schreibe,klaro. *smile*

Und was Du aussagen willst, kommt ja rüber:)

So..raus wieder, den Garten liebreden..
schönes Wochenende
lG
Sanne
 

Agapo

Mitglied
Grüsse Dich Vera-Lena

Ein sehr schöner Text, geprägt von der Erfahrung der Hoffnung.

Diese kann oft in Erfüllung gehen und führt dann leider zu einer Sprachlosigkeit und wird somit zu einer vertanen Gelegenheit.

Wem ist es wohl nicht schon so ergangen ?



Schöne Grüsse

Agapo
 

Vera-Lena

Mitglied
Hallo Agapo,

so kann man diesen Text natürlich sehen, dass da jemandem vor der eigenen Empfindungstiefe die Worte wegbleiben, und dann ist eben Feierabend. ;)

Hier kommt es darauf an, ob der Leser, sich auch das "Du" vorstellen möchte, denn über diese Person wird ja überhaupt nichts gesagt. Insofern ist der Text völlig offen.

Ich denke,da wird jeder eine andersartige Assoziation haben.

Aber eines könnte eigentlich doch deutlich werden. Das Lyri wird ja deswegen nicht aufhören, den "Angebeteten" weiter
zu lieben, und eine nimmermüde Liebe muss eigentlich irgenwann einmal dann doch das andere Herz erreichen. Und dann komt es so, wie Du es sagst, dass doch eine Hoffnung in diesem Text zu finden ist.

Ich danke Dir herzlich für Deinen Kommentar.
Liebe Grüße von Vera-Lena
 
B

bonanza

Gast
den schluß fand ich schwach. sollte wohl originell sein
"liebverstummt". aber trifft es das gefühl?
und der titel? hm - grübel.
das liebreden gefiel mir. das ist schön geschrieben.
du hättest es noch ein weilchen fortsetzten können.
und als er dann vor dir stand ... keine ahnung.
für manche zukommnisse fehlen einem die worte.
oder man muß sie sich weiter liebreden.

bon.
 

Vera-Lena

Mitglied
Hallo bonanza,

so etwas passiert nun wirklich, wenn sich die Beiden vorher noch nie gesehen haben und dieses plötzliche einander Gegenüberstehen so unerwartet geschieht, da bleibt einem einfach das Herz stehen, weil man im ganzen Leben niemals damit gerechnet hatte.
Vielleicht hatte man es sich ausgemalt in dem Gedanken, dass es nie eintreten würde, und dann plötzlich....ich denke, da würde auch Dir die Luft wegbleiben.

Ich habe es einmal im Zug erlebt mit einem bekannten Schweizer Autor, der mich wahrscheinlich verwechselt hat, denn da er stumm blieb, habe ich darüber nichts erfahren; und ich hatte keine Veranlassung ihn anzusprechen, aber seine Blicke sprachen Bände.

Über meine eigenen Erlebnisse auf diesem Sektor möchte ich allerdings nichts beisteuern. Du ewiger Zweifler!!!! Ich sauge mir keineswegs die Dinge aus den Fingern, oder aus der Tastatur mithilfe eines Strohalms.

Schön, dass Dir der Anfang gefällt! :)

Liebe Grüße von Vera-Lena
 
B

bonanza

Gast
das herz blieb mir noch nie stehen. im gegenteil: meist
erhöhte sich seine schlagfrequenz.
sogenannte blinddates hat ja heutezutage jeder mal.
sie sind besser als ihr ruf.

ich dachte mir schon, dass dieses gedicht einen relativ
authentischen hintergrund hat, vera.
ich finde, du hättest dieses gefühl des verstummens bei
der begegnung nach dem träumerischen liebreden irgendwie
plastischer herausarbeiten können.

bon.
 



 
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