Zur Damenumkleide des Krankenhauses

GerRey

Mitglied
Nachdem ich es doch noch geschafft hatte, das Fahrrad “ordnungsgemäß” auf der Tischplatte abzustellen, griff ich zum Abschied in die Speichen des Vorderrads, das nun mit dem Hinterrad zugleich freistehend in der Gabelachse und im Rahmen auf Lenker und Sattel ruhte, und bewegte es mit Schwung, damit es sich im Freilauf drehte. Die junge Frau, die mich zu meinem verunglückten Bruder führen sollte, lobte meine Stärke im Umgang mit ihrem Fahrrad. “Einen solchen Mann” wünschte sich eine jede Frau, meinte sie; einen Mann, der “tüchtig zupacken” könne, sobald “Not daran” wäre. “Aber ich bin schon etwas zu alt für bestimmte Eskapaden”, entgegnete ich, nicht ohne verschmitzt zu grinsen. Das sehe sie anders. Sie möge es, “wenn reife Männer” ihr den Hof machten.
“Können wir jetzt zu meinem Bruder?” fragte ich, das Thema wechselnd.
“Sobald ich mich eingestempelt und umgezogen habe. Sie können ruhig mitkommen, damit sie nicht weiter hier warten müssen. Wir kommen danach auch schneller zu ihrem Bruder.”
Ich entschied, mit ihr zu kommen. Das Argument, damit Wartezeit zu verkürzen, schien mir einleuchtend. Wir verließen den Raum, ohne dass es den vielen Leuten darin sonderlich aufgefallen wäre, und gingen einen Gang hinunter.
“Am Telefon sagte man mir lediglich, dass mein Bruder einen Unfall gehabt hätte. Wissen Sie Genaueres?”
Sie schüttelte den Kopf. Der Franz, der sie beauftragt habe, ihn zu seinem Bruder zu bringen, habe lediglich erwähnt, “dass Ihr Bruder vom Dach gestürzt ist”.
“Vom Dach gestürzt!” wiederholte ich überrascht und folgte ihr nach links in einen Gang hinein.
“Ja, von sechs Meter Höhe”, verdeutlichte sie, dabei habe er Glück gehabt, mit den Füßen auf der weichen Erde aufzukommen. “Beide Fersenbeine hat er sich gebrochen.”
“Jössas!” entfuhr es mir bei der Vorstellung und machte dazu ein schmerzverzerrtes Gesicht, wobei ich ebenfalls rätselte, was er auf einem Dach gemacht haben könnte, um von dort abzustürzen.
Gleich darauf war sie “eingestempelt”, nachdem sie ihren Mitarbeiterausweis an ein elektronisches Zeiterfassungsgerät, das am Gang an der Wand vor den Mitarbeiter-Umkleideräumen hing.
“Ich warte hier”, sagte ich und blickte zu Boden, als sie auf die Tür zusteuerte, auf der ein weibliches Piktogramm aus Metall angebracht war. Die Türklinke in der Hand wandte sie sich nach mir um.
“Seien Sie nicht albern, kommen Sie! Ich muss mir lediglich einen Arbeitsmantel überstreifen. Dabei können wir uns ja noch weiter unterhalten.”
 



 
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