Zwei Liebende

texxxter

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"Ich muss es ihnen sagen, ich muss einfach!", murmelte Anita vor sich hin, während sie im Schlafzimmer auf und abging. "Es ist der Wahnsinn, dass ich nicht schon früher damit rausgerückt bin. Aber irgendwann war der passende Moment einfach überschritten und jetzt ist es eigentlich schon zu spät."


Sie trat ans Fenster und nahm ein eingerahmtes Bild ihres Sohnes Paul in die Hände. "Er war nie ein glückliches Kind", dachte sie traurig. "Man sieht es auf den alten Fotos. Irgendwas hat ihn immer belastet. Ich wusste, dass er es schwer haben wird, einen Partner zu finden. Er sieht zwar nicht schlecht aus und ist intelligent, aber er ist einfach zu kompliziert, zu schüchtern".

Und nun hatte Paul im Alter von 33 Jahren tatsächlich zum ersten Mal die Liebe entdeckt. Der Mann hieß Patrick und war neun Jahre älter als er.

Sie hatten sich in der Stadtbibliothek kennengerlernt und kamen schnell ins Gespräch. Sie beide interessierten sich für die Bücher von Thomas Mann.
Der Funken sei sofort übergesprungen, das hatte Paul ihr später erzählt. Und jetzt war Paul endlich glücklich, wahrscheinlich zum ersten Mal in seinem Leben. Früher war er ernst und introvertiert gewesen, jetzt kam er richtig aus sich raus, lachte viel und ausgelassen und wirkte rundum zufrieden. Er hatte nie viele Freunde gehabt. Patrick dagegen war Teil einer riesige Clique und Paul war von ihnen bereitwillig aufgenommen worden.

Und nun sollte ausgerechnet sie, seine Mutter, ihm alles verderben? Aber was blieb ihr für eine Wahl?



Zeit ihres Lebens hatte Anita vor ihrer Familie ein Geheimnis bewahrt. Warum sie nie mit ihnen darüber reden wollte, verstand sie selbst nicht so genau. Im Alter von 14 Jahren war sie von einem älteren Typen betrunken gemacht und vergewaltigt worden. Drei Wochen später hatte sie erfahren, dass sie schwanger sei. Da sie zu diesem Zeitpunkt eine streng gläubige Christin war, kam es für sie nicht in Frage, das Kind abzutreiben. Aber aufziehen wollte sie es auch nicht. Wie hätte sie mit dem Sohn ihres Vergewaltigers auch umgehen sollen? Das Ganze wäre immer zwischen ihnen gestanden. Außerdem war sie viel zu jung, um eine gute Mutter zu sein. So hatte sie das Kind also an eine Pflegefamilie abgegeben.



Und jetzt hatte Paul also seinen ersten Freund. Es war fast ein kleines Wunder.

Als sie dann Patrick zum ersten Mal vorgestellt wurde, musste sie ihre ganze Kraft aufbringen, einen normalen Gesichtsausdruck zustande zu bringen. Es gab keinen Zweifel. Patrick war das Kind, das sie damals wegegeben hatte. Er war Pauls Bruder.



Anitas Handy klingelte. Es war Paul.

"Hallo Mama, wie geht`s?", fragte er fröhlich.

"Sehr gut, danke", antwortete Anita schnell.

"Kann ich mir morgen den Fiat ausleihen? Patrick, ein paar Freunde von ihm und ich wollen an den Bodensee fahren"

Pauls Stimme wirkte aufgeregt und glücklich. Fast konnte sie sein breites Lächeln durchs Telefon sehen.

"Natürlich, gar kein Problem", willigte sie schnell ein. Sie sprachen noch ein paar Minuten über Alltägliches, dann legten sie auf.



Anita hockte sich aufs Bett und stöhnte. "Es ist doch eigentlich nichts dabei", dachte sie jetzt. "Die beiden können keine Kinder bekommen. Das Inzesttabu besteht doch nur deshalb, um kranken Nachwuchs zu verhindern. Aber bei zwei Männern?". Plötzlich sah Anita völlig klar.

Nie würde sie Paul diese Beziehung kaputt machen. Niemals.
Sie würde schweigen wie ein Grab. Darin war sie schon immer gut gewesen.
 
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ahorn

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Hallo texxxter,

Zeit ihres Lebens hatte Anita vor ihrer Familie ein Geheimnis bewahrt. Warum sie nie mit ihnen darüber reden wollte, verstand sie selbst nicht so genau. Im Alter von 14 Jahren war sie von einem älteren Typen betrunken gemacht und vergewaltigt worden. Drei Wochen später hatte sie erfahren, dass sie schwanger sei. Da sie zu diesem Zeitpunkt eine streng gläubige Christin war, kam es für sie nicht infrage, das Kind abzutreiben. Aber aufziehen wollte sie es auch nicht. Wie hätte sie mit dem Sohn ihres Vergewaltigers auch umgehen sollen? Das Ganze wäre immer zwischen ihnen gestanden. Außerdem war sie viel zu jung, um eine gute Mutter zu sein. So hatte sie das Kind also an eine Pflegefamilie abgegeben.
Es gibt Themen, die kann niemand ernsthaft in einen Absatz zwängen. Es fällen die Emotionen, die Tiefe, sonst wird es, na ja ...

Wer mit einem leiblichen Verwandten aufsteigender Linie den Beischlaf vollzieht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft; dies gilt auch dann, wenn das Verwandtschaftsverhältnis erloschen ist. Ebenso werden leibliche Geschwister bestraft, die miteinander den Beischlaf vollziehen.
§173 (2) StGB
Das geht nicht bei Männern mit Männern oder Frauen mit Frauen.
Beischlaf: Penetration der Vulva mit einem Penis. ;)
Und §175 ist gestrichen. Somit ist es je nach Sichtweise unmoralisch, allerdings nicht strafbar.

Gruß
Ahorn
 

texxxter

Mitglied
Hallo ahorn

das ist ja interessant, das wusste ich nicht. Ich dachte das ist auch zwischen zwei Männern strafbar. Ja du hast Recht, mit der zitierten Stelle hätte ich mir vielleicht mehr Mühe geben müssen
 



 
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